"Eine allgemeine Impfpflicht ist die Brücke, über die wir gehen müssen"
REDAKTION, 29. Januar 2022, 9 Kommentare, PDFDagmar Schmidt (SPD, Historikerin, Mitglied des Parteivorstands): „Die Impfstoffe, die wir haben, zählen mit zu den besten überhaupt. Bei inzwischen weltweit knapp 5 Milliarden Geimpften wissen wir das sehr gut. Nach dem Stand der Wissenschaft bieten drei Impfungen einen guten Schutz gegen schwere Verläufe und Tod – auch bei Varianten.“
Tino Sorge (CDU, Rechtsanwalt, Mitglied des Gesundheitsausschusses): „Die Mediziner sagen uns: Impfen schützt bei Corona. (…) Wir sollten immer darauf hinweisen, dass Impfen der Weg aus der Krise ist.“
Dr. Kirsten Kappert-Gonther (Grüne, Psychotherapeutin, Stellvertretende Vorsitzendes des Gesundheitsausschusses): „Impfen ist der Schlüssel dafür, die Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden. (…) Eine durchgemachte Infektion birgt nicht nur für alle Altersgruppen hohe Risiken, sie schützt auch nicht so effektiv vor weiteren Infektionen wie eine Impfung. (…) Je mehr Menschen im persönlichen Umfeld geimpft sind, desto höher ist auch die eigene Impfbereitschaft. Es muss die Regel werden, geimpft zu sein, und das erreichen wir durch eine allgemeine Impfpflicht.“
Tino Chrupalla (AfD, Malermeister, Fraktionsvorsitzender): „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem Impfstoffe schon fast eine religiöse Stellung erhalten. Sie sollen das verbindende Element für alle Bürger sein, damit diese ein Teil der Gesellschaft sein dürfen. Wer nicht glaubt und von seinem Grundrecht auf Selbstbestimmung Gebrauch macht, ist automatisch ausgeschlossen. (…) Werte Bundesregierung, geben Sie den Bürgern endlich Antworten zu den Wirkungen und auch Nebenwirkungen der Impfung. Deren Wirksamkeit und Sicherheit werfen viele Fragen auf.“
Kathrin Vogler (Linke, Soziologin, Obfrau ihrer Partei im Gesundheitsausschuss): „Was wir in der Gesellschaft erleben, ist eine zum Teil völlig verzerrte Risikowahrnehmung. Die Gefahr durch Covid-19 schwer zu erkranken, dauerhafte Gesundheitsschäden zu erleiden oder sogar zu sterben, wird massiv unterschätzt. Stattdessen fürchten sich noch viel zu viele vor den sehr sicheren und inzwischen milliardenfach erprobten Impfstoffen, die einen schweren Verlauf mit großer Wahrscheinlichkeit verhindern können. (…) Bis heute hat es die Bundesregierung nicht geschafft, die Bevölkerung über den Nutzen der Impfung so aufzuklären, dass die Coronaleugner, die das Internet mit Desinformationen fluten, gegen eine Wand der Solidarität laufen – ja, Solidarität.“
Heike Baehrens (SPD, Religionspädagogin, Obfrau ihrer Partei im Gesundheitsausschuss):„Ich plädiere heute für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. (…) Keiner gibt uns die Sicherheit, nicht von weiteren Virusvarianten überrascht zu werden. (…) Lassen Sie uns gemeinsam den Gegner bezwingen, der unser aller Gesundheit bedroht. Lassen Sie uns dem Virus geschlossen die Stirn bieten.“
Alice Weidel (AfD, Volkswirtin, Fraktionsvorsitzende): „Die Impfpflicht ist ein autoritärer Amoklauf gegen die Grundfesten unserer demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung. Wenn der Staat sich anmaßt, über die Körper seiner Bürger zu entscheiden, ist das ein elementarer Zivilisationsbruch. (…) Eine Impfpflicht gegen eine Krankheit, die für mehr als 99 Prozent der Menschen keine lebensgefährliche Bedrohung darstellt, mit einem Impfstoff, der weder vor Ansteckung noch vor der Weitergabe des Erregers zuverlässig schützt, ist absurd. (…) Sie klammern sich an die Impfpflicht, weil Sie sich komplett verrannt haben, verrannt in eine Politik der Bevormundung und Entrechtung.“
Wolfgang Kubicki (FDP, Rechtsanwalt, Bundestagsvizepräsident): „Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine persönlichen Freedom Days waren die Tage meiner Coronaimpfungen. Ich habe mich bewusst für die Impfung und fürs Boostern entschieden, weil ich der festen Überzeugung war und bin, dass sie mich mit großer Wahrscheinlichkeit vor einem schweren Krankheitsverlauf und vor dem Tod durch Corona bewahren. Es war für mich persönlich ein enorm befreiendes Gefühl. (…) Setzt die Mehrheit des Hohen Hauses nun aber trotz aller anders lautenden Beteuerungen zuvor die allgemeine Impfpflicht um, hat das Auswirkungen auf das Menschenbild, das dieses Gemeinwesen aussendet. So mag der Tag der Impfung für all jene, die sich freiwillig hierzu entscheiden, der Freedom Day gewesen sein. Wie aber werden diejenigen den Tag nennen, an dem sie gegen ihren erklärten Willen geimpft wurden? (…) Ich teile ausdrücklich die Auffassung, dass eine Impfung vernünftig ist. Trotzdem halte ich die Idee, der Staat lege für alle Bürgerinnen und Bürger fest, was vernünftig ist, zumindest für problematisch. (…) Wir müssen respektieren, dass es durchaus bedenkenswerte psychologische oder religiöse Gründe gibt, eine Impfung für sich persönlich abzulehnen. (…) Einen massiven Grundrechtseingriff mit einer möglichen Mutante im Herbst, die wir noch nicht kennen, und einem Impfstoff, den wir noch nicht haben, zu begründen, sozusagen eine Impfpflicht auf Vorrat, halte ich auch aus rechtlicher Sicht für nicht vertretbar.“
Matthias W. Birkwald (Linke, Sozialwissenschaftler, Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion): „Seit 25 Jahren lasse ich mich jedes Jahr gegen Grippe impfen. Ich habe nahezu alle von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen erhalten; das sind weit über 20. Und ich bin selbstverständlich vollständig geimpft, und ich habe mich bewusst boostern lassen, obwohl ich seit sieben Monaten Schmerzen an der Einstichstelle nach der zweiten Impfung verspüre und obwohl mein Vater einen Tag nach seiner Impfung gegen Covid-19 verstorben ist – was offiziell keinen Zusammenhang mit der Impfung hatte, sich aber nach wie vor völlig anders anfühlt. (…) Ich werbe dafür, die individuellen demokratischen Grundrechte der freien Persönlichkeitsentfaltung und der körperlichen Unversehrtheit der Bürgerinnen und Bürger unseres demokratischen und sozialen Rechtsstaates keinesfalls durch eine Impfpflicht gegen Covid-19 einzuschränken. (…) Diese Impfpflicht ist eine autoritäre Illusion.“
Sepp Müller (CDU, Bankbetriebswirt): „Wie soll die Umsetzung erfolgen? Wollen wir wieder die Gesundheitsämter damit beschäftigen? Wie soll am Ende der Vollzug durchgesetzt werden? Mit Bußgeld, Beugehaft oder Zwangsimpfung?“
Dr. Till Steffen (Grüne, Rechtsanwalt): "Die Wissenschaft ist auf unserer Seite. 162 Millionen verabreichte Impfdosen in Deutschland sind schon eine gewaltige Leistung. Aber das reicht nicht. Es reicht nicht für den endemischen Zustand der Pandemie, und es reicht nicht für eine Planbarkeit unseres Lebens. (…) Eine allgemeine Impfpflicht ist die Brücke, über die wir gehen müssen. Nachdem so viele bereits geimpfte Menschen ihren Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie geleistet und mit ihrer Impfung abgestimmt haben, sind nun die anderen dran. Nur eine höhere Impfquote wird uns unsere Freiheit zurückgeben, die Freiheit, unser Leben zu gestalten und zu planen. Perikles sagte: ‚Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit, und das Geheimnis der Freiheit ist der Mut.‘ Hier brauchen wir den Mut, uns zu entscheiden für eine allgemeine Impfpflicht, für Freiheit von uns allen und für stabile Perspektiven. (…) Es geht um eine millionenfach erprobte und sichere Impfung, und es geht um die Gesundheit von uns allen.“
Jörg Schneider (AfD, Wirtschaftsingenieur, Mitglied des Gesundheitsausschusses): „Ich möchte mich mit den Impfnebenwirkungen beschäftigen, vor allen Dingen mit der Herzmuskelentzündung. (…) Wir wissen (…), dass die Nebenwirkung einer Herzmuskelentzündung insbesondere junge Männer besonders häufig trifft, 10- bis 20-mal so häufig wie den Durchschnitt. Wenn wir die Risiken von Impfung und Infektion miteinander vergleichen wollen, dann müssen wir Werte wie Alter, Geschlecht und Vorerkrankungen miteinbeziehen. Eine so differenzierte Vorgehensweise ist nur möglich, solange die Impfentscheidung frei ist, meine Damen und Herren. (…) Erlauben Sie mir abschließend ein paar persönliche Worte. Ich bin vor drei Jahren an Krebs erkrankt. Das ist glimpflich verlaufen. Ich stehe in engmaschiger Nachsorge. Voriges Jahr stellte sich für mich dann natürlich auch die Frage: Lässt du dich jetzt impfen? – Ich habe mich informiert. Ich habe mich mit meinem behandelnden Arzt unterhalten und bin zu dem Entschluss gekommen: Jawohl, ich lasse mich impfen. – Aber ich möchte, dass alle Menschen in Deutschland diese Entscheidungsfindung so wie ich durchführen können, dass sie sich informieren und beraten lassen und dann frei eine Entscheidung treffen können, die sich für sie persönlich richtig und gut anfühlt, meine Damen und Herren.“
Prof. Dr. Andrew Ullmann (FDP, Facharzt für Innere Medizin): „Wir haben einen wirksamen Impfstoff in einer Pandemie. Mit diesem Impfprivileg können wir schreckliche gesundheitliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen abwehren. (…) Unser gemeinsames Ziel muss die schnellstmögliche Rückkehr in den freiheitlichen Normalzustand sein, ohne dass dabei das Gesundheitssystem kollabiert. Hierbei stehen uns derzeit zwei Wege offen: zum einen die sogenannte natürliche Durchseuchung, ein durchaus gefährliches Unterfangen, zum anderen die wissenschaftlich erwiesene Immunität in weiten Teilen der Bevölkerung durch Impfungen. (…) Wir haben die Vernunft und die wissenschaftlichen Erkenntnisse auf unserer Seite.“
Dr. Gregor Gysi (Linke, Rechtsanwalt): „Einigkeit im Haus – abgesehen von einer Fraktion – besteht ja darin, dass Impfungen gegen das Coronavirus sinnvoll sind, weil sie vor schweren Krankheitsverläufen und dem Tod wenigstens für eine bestimmte Zeit schützen. Auch das Infektionsrisiko wird verringert. Deshalb müssen wir der großen Mehrheit der Menschen, die sich impfen lassen und damit einen Beitrag leisten, das Gesundheitssystem zu entlasten und andere Menschen zu schützen, danken. (…) Ich bin gegen eine allgemeine Impfpflicht. (…) Außerdem haben wir real etwa 11 Millionen ungeimpfte Menschen über 18 Jahre. Wie viele Ordnungs- ämter bräuchten wir eigentlich, um das Ganze irgendwie zu bewerkstelligen? (…) Und eine Pflicht ohne Sanktionen ist keine Pflicht. Also geht es bei den Sanktionen doch letztlich wahrscheinlich nur um Geldbußen. Aber wer nicht zahlt oder nicht zahlen kann, kriegt stattdessen Ordnungshaft. Abgesehen von der sozialen Frage, auf die Matthias Birkwald zu Recht hingewiesen hat, ist es völlig undenkbar, dass wir Ungeimpfte auf irgendeinem Weg einsperren. Das erträgt und das verträgt unsere Gesellschaft nicht.“
Rasha Nasr (SPD, Bachelorabschluss in Politikwissenschaft): „Ja, mit der Impfung sind wir nicht hundertprozentig vor einer Ansteckung geschützt. Aber mit der Impfung schützen wir uns vor schweren oder tödlichen Krankheitsverläufen. Mit der Impfung schützen wir auch unsere Mitmenschen und leisten zugleich einen großen Beitrag, unser Gesundheitswesen zu schützen. Das ist die Faktenlage, die auch wissenschaftlich untermauert ist. Die Impfstoffe sind mehrfach getestet und weltweit milliardenfach im Einsatz. Ich will nicht behaupten, dass Nebenwirkungen nicht auftreten können. Aber bitte hören wir doch endlich auf, einander weismachen zu wollen, dass die Impfung wahnsinnig gefährlich oder gar tödlich sei. Hunderte geimpfte Kolleginnen und Kollegen hier im Haus und Millionen Geimpfte in diesem Land sind der Gegenbeweis.“
Günter Krings (CDU, Jurist): „Es ist eine dunkle Stunde der Bundesregierung (…) Sie hatten offenbar kein Problem damit, die Impfpflicht für medizinisches und Pflegepersonal per Fraktionsantrag durchzusetzen. Alle weiteren möglichen Verpflichtungen halten Sie dann aber für derart sensibel, dass Sie der Meinung sind, sie seien Gewissensfragen. Sind also die Grundrechte von Ärzten und Pflegern weniger wert als die von anderen Menschen?“
Ricarda Lang (Grüne, abgebrochenes Jurastudium, Stellvertretende Bundesvorsitzende ihrer Partei): „Die Realität zeigt uns doch, dass wir eine verdammt hohe Impfquote brauchen, um der Überlastung unseres Gesundheitssystems vorzubeugen und um zu verhindern, dass wir unkontrolliert von Welle zu Welle rutschen. Deshalb stehe ich heute hier und werbe dafür, dass wir das Hamsterrad dieser Pandemie verlassen und eine allgemeine Impfpflicht ab 18 auf den Weg bringen. (…) Auf der einen Seite steht der Eingriff durch die Impfpflicht, doch auf der anderen Seite stehen die massiven Freiheitseinschränkungen durch die Maßnahmen, die immer wieder notwendig sind, von der Absage von Kulturveranstaltungen bis zur Schließung von Geschäften. Und diese Einschränkungen treffen uns alle, egal ob geimpft oder ungeimpft. Die allgemeine Impfpflicht hat damit eine positive Freiheitsbilanz. Die allgemeine Impfpflicht schützt unsere Freiheit.“
Thomas Seitz (AfD, Jurist): „Als ungeimpfter Abgeordneter zweiter Klasse muss ich von der Besuchertribüne aus sprechen, morgen bei der Gedenkstunde ist mir die Anwesenheit gar verboten. Dieser parlamentarische Skandal ist jedoch nichts im Vergleich zu den Schikanen, denen alle als ungeimpft geltenden Bürger ausgesetzt sind. Aber zu glauben, von dieser Diskriminierung wegzukommen, indem man die Menschen zwingt, sich immer und immer wieder impfen zu lassen – denn darauf läuft es hinaus –, ist ein Irrweg; denn die Impfpflicht verstößt gegen das Grundgesetz. Ich verstehe durchaus, warum viele in diesem Haus für eine Impfpflicht sind. Denn sie brauchen die Impfpflicht, um vom Staatsversagen in der Coronakrise abzulenken, weil der Verlust der Glaubwürdigkeit droht, weil der Impfstoff schon verbindlich bestellt ist, sie brauchen sie, um diejenigen zu besänftigen, die sich schon haben impfen lassen, und vielleicht auch, um zu verhindern, dass es eine ausreichend große Kontrollgruppe in Bezug auf die gesundheitlichen Auswirkungen der Impfstoffe gibt. (…) Der Schutz vor schweren Krankheiten ist kein zulässiges Ziel einer Impfpflicht. Wenn der Staat den Kranken schon im Regelfall nicht zur Heilbehandlung zwingen kann, ist ein Zwang bei Gesunden zu rein präventiven Maßnahmen erst recht ausgeschlossen. (…) Die zur Verfügung stehenden Impfstoffe sind nicht hinreichend getestet und ihre Sicherheit nicht gewährleistet. Noch niemals gab es eine solche Häufung von gemeldeten Impfkomplikationen bis hin zu Todesfällen wie bei der Coronaimpfung. Für viele ist spätestens mit Omikron die Impfung so gefährlich wie das Virus; vielleicht sogar gefährlicher. (…) Eine wirkliche Überlastung des Gesundheitssystems mit der Gefahr eines Zusammenbruchs wegen Corona war aber nie in Sichtweite. Es ist vielmehr schon seit mindestens 20 Jahren die Regel, dass vor allem Intensivstationen häufig am Anschlag arbeiten. Die Wahrheit ist: Während Bettenabbau immer noch finanziell gefördert wird, verschärft die besondere Impfpflicht die Personalsituation nochmals dramatisch. (…) Zwang schafft kein Vertrauen, sondern zerstört es.“
Kathrin Helling-Plahr (FDP, Rechtsanwältin): „Die Impfung ist der wirksamste Schutz gegen das Virus, egal in welcher Mutante. Auch bei Omikron verhindert eine dreifache Impfung schwere Verläufe, Hospitalisierungen, Aufenthalte auf Intensivstationen und Todesfälle.“
Matthias Helferich (fraktionslos, Rechtsanwalt): „In Tagen der Angst, der Ausgrenzung und der Spaltung darf wohl der Oberbürgermeister von Freital, Uwe Rumberg, als Vorbild im Umgang in einer freiheitlichen Gesellschaft angesehen werden. Mit folgenden Worten lud er die Impffreiheitsbefürworter und Skeptiker einer Impfpflicht zum Dialog in sein Rathaus ein: ‚Ich fordere alle Freitaler auf, allen freidenkenden Menschen alles friedliche Handeln und Leben zu lassen! In unserer freiheitlichen Gesellschaft darf niemand ausgegrenzt werden! Ich respektiere die, die sich impfen, genauso wie die, die sich nicht impfen lassen.‘ Das Freiheitsverständnis dieses Mannes sollte Ihnen als Volksvertreter Vorbild sein. (…) Es ist eine Perversion des Rechtsstaatsprinzips, alle Ungeimpften als Gefährder anzusehen und in ihre körperliche Integrität einzudringen, um Zwecke der Allgemeinheit zu verfolgen. (…) Jeder einzelne Mensch entscheidet kraft seiner Autonomie, welchen Risiken er sich aussetzen wird.“
Martina Stamm-Fibich (SPD, Marketing- und Kommunikationsmanagerin, Mitglied des Gesundheitsausschusses): „Jeder, der klaren Verstandes ist, begreift, dass die Impfung Schlüssel für den erfolgreichen Kampf gegen die Pandemie ist und bleibt. Trotzdem ist die Impfquote immer noch deutlich zu niedrig. Wer sich nicht gegen Corona impfen lässt, der setzt seine eigene Gesundheit und die Gesundheit anderer Menschen aufs Spiel. Als Resultat der mangelnden Impfbereitschaft sind die Krankenhauskapazitäten erschöpft.“
Kordula Schulz-Asche (Grüne, Kommunikationswissenschaftlerin, Mitglied des Gesundheitsausschusses): „Glücklicherweise haben wir unerwartet schnell und mit verschiedenen Impfstoffen die Möglichkeit erhalten, die Ausbreitung des Virus einzudämmen, besonders gefährdete Gruppen zu schützen – als Gesellschaft also auch solidarisch zu sein – und uns selbst zu schützen. Dieser Schutz ist umso höher, je höher die Impfquote ist.“
Gereon Bollmann (AfD, Richter a.D.): „Ich beginne mit einem Zitat: ‚Eine Impfpflicht macht bei SARS-CoV-2 so wenig Sinn wie bei Grippe. Wenn die Impfung gut wirkt, wird sie auch freiwillig gemacht. Dann ist keine Impfpflicht nötig. Wenn sie viele Nebenwirkungen hat oder nicht so gut wirkt, verbietet sich eine Impfpflicht. Daher nie sinnvoll.‘ Nun, das stammt von unserem Gesundheitsminister. (…) Schauen Sie doch einmal ins Ausland. In Dänemark, England und Irland werden sämtliche Maßnahmen aufgehoben, auch Spanien wird öffnen. Und Deutschland? Was ist nur mit uns los? Fast überall werden die Maßnahmen aufgehoben. Bei uns im Norden fragen die Leute sich schon: Hebbt de in Berlin egentlik Ratten op de Böhn? (…) Menschen aus der breiten Mitte des Volkes, von Jung bis Alt, Arbeiter, Handwerker, Rentner: Alle werden von Ihnen als Verfassungsfeinde verleumdet, weil sie Freiheit statt Zwang fordern. Waren Sie mal auf einem Montagsspaziergang? Wohl nicht! Da sind Menschen für Demokratie und für Freiheit unterwegs, eine Freiheit, die Sie ihnen entziehen.“
Johannes Huber (fraktionslos, ehemals AfD, Finanzbuchhalter): „Diejenigen, die einen allgemeinen Impfzwang einführen wollen, müssen vollständig beweisen, warum dies geeignet, erforderlich und angemessen sein soll. Sie behaupten, nur durch den Impfzwang lasse sich die Pandemie beenden und das normale Leben zurückgewinnen. Zur Wahrheit gehört aber, dass ein normales Leben seit zwei Jahren von den Bundes- und Landesregierungen durch überzogene Maßnahmen verhindert wird. Alle von der EU eingekauften und von der Bundesregierung bestellten Covid-Impfstoffe sind an dem Ziel, die Pandemie zu beenden, krachend gescheitert. Weder können die Impfstoffe eine Infektion noch die Ansteckung anderer Personen verhindern. Das Bundesland Bremen mit der höchsten Impfquote hat paradoxerweise auch die höchste Hospitalisierungsrate. Damit ist Ihr Argument, die Impfstoffe würden vor einem schweren Verlauf schützen, eindeutig widerlegt.“
Helge Limburg (Grüne, Jurist, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender seiner Partei): „Ich habe manchmal das Gefühl, dass die allgemeine Impfpflicht als die eine große, reinigende Maßnahme wahrgenommen wird, die diese schrecklichen Jahre für unsere Gesellschaft endlich beendet. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube nicht, dass das so einfach ist und so einfach der Fall sein wird. (…) Es ist auch nicht trivial, dass wir klar definieren, welches Ziel eigentlich verfolgt werden soll. Der Schutz der individuellen Gesundheit und die Tatsache, dass Impfen jeden Einzelnen schützt, reichen – aus meiner Sicht jedenfalls – nicht aus, weil der freie demokratische Rechtsstaat eben nicht als paternalistischer Staat die Menschen quasi vor sich selber schützen darf.“
Dr. Georg Kippels (CDU, Rechtsanwalt, Obmann seiner Fraktion im Gesundheitsausschuss): „Der heute häufig gelobte Impfstoff zeigt ganz offensichtlich Wirkung bei den Patientinnen und Patienten. Die Patientinnen und Patienten, die heute auf der Intensivstation liegen, sind nur noch zu einem Drittel geimpft und zu zwei Dritteln ungeimpft. Das spricht dafür, dass die schweren Verläufe durch die Impfung vermieden werden können. Also geht es darum, nunmehr dieses probate Mittel weiter anzuwenden. Da kommen wir zu der Frage der Grundrechtskollision. Können wir zur Durchsetzung einer Impfpflicht die Individualinteressen dem Gemeinwohlinteresse unterordnen? Ich komme in der Tat zu der Erkenntnis: Ja, das müssen wir. – Denn wir haben auch in den vergangenen zwei Jahren ununterbrochen Grundrechtseinschränkungen vornehmen müssen (…)“
Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD, Gesundheitsökonom, Gesundheitsminister): „Wir kämpfen derzeit mit einer neuen Variante, mit der Omikron-Variante. Die Omikron-Variante befällt auch Geimpfte, und die Verläufe sind leichter. Vielleicht ist das die Alternative zur Impfung. Vielleicht brauchen wir die Impfpflicht gar nicht mehr; vielleicht ist die Omikron-Variante der Weg aus der Pandemie heraus in die Endemie, ohne dass wir die Impfpflicht nötig hätten. Das ist leider nicht so. Zum Ersten ist es bereits jetzt so, dass die Modelle des Robert-Koch-Instituts zeigen, dass diejenigen, die nicht geimpft sind, von der Omikron-Variante bedroht sind und wir wahrscheinlich mit Belegungen der Intensivstationen mit bis zu 5.000 Menschen rechnen müssen. Zum Zweiten gibt es international so gut wie keinen Wissenschaftler, der mir bekannt wäre, der sagt, die Omikron-Variante wäre die letzte Variante, mit der wir zu rechnen haben. Und zum Dritten ist es auch noch so, dass wir Varianten erwarten müssen, die sowohl die Escape-Mutationen der Omikron-Variante wie auch die Fitnessvariantenanteile der Delta-Variante enthalten, sodass wir sozusagen die Ansteckung mit der Omikron-Variante und den schweren Verlauf der Delta-Variante erleben könnten. Vor diesen sogenannten rekombinierten Varianten haben wir Angst. Wenn wir dies im Herbst sicher vermeiden wollen, dann ist der einzige Weg eine Impfpflicht, mit der wir uns alle gegenseitig schützen. Und damit müssen wir jetzt beginnen. (…) Ich höre auch immer wieder, dass fälschlicherweise behauptet wird, die Impfpflicht stünde der Freiheit im Wege, sie stünde der Freiheit entgegen. Ich sage so viel: Die Freiheit gewinnen wir durch die Impfung zurück. Es ist das Virus, das uns belagert. (…) Die dreifache Impfung ist der sichere Weg, diese Freiheit zurückzuerlangen.“
Carmen Wegge (SPD, Juristin): „Der Nürnberger Kodex ist nicht relevant für die aktuelle Situation. (…) Die allgemeine Impfpflicht ist erforderlich, um die Impflücke zu schließen, die wir schließen müssen. Sie bietet uns zudem die Chance, noch die Menschen zu erreichen, die sich noch nicht radikalisiert haben und Verschwörungsmythen noch nicht zum Opfer gefallen sind. Den Menschen, die unsicher sind, wird die Impfpflicht Halt bieten; denn wir übernehmen für sie mit unserer Entscheidung Verantwortung. Ja, es gibt Nebenwirkungen der Impfung. Aber die Gefahr einer schweren Nebenwirkung ist schwindend gering. (…) Nehmen wir diese Herausforderung an! Lassen Sie uns die Pandemie beenden! Wir wissen, wie.“
Quelle: Bundestagsprotokoll / Videomitschnitt
Die Redaktion dankt Elke Schenk und Michaela Amediek für die Hilfe bei der Zusammenstellung.
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