Ungarn vermutet Brüssel hinter ukrainischem Ölembargo
7. August 2024Ungarns Außenminister Péter Szijjártó hat laut der Budapester Zeitung am Wochenende der EU-Kommission vorgeworfen, dem ukrainischen Embargo von russischen Öllieferungen an Ungarn und die Slowakei zugestimmt zu haben. Zudem beschuldigte er die EU, Ungarn nicht vor Erpressungen Kiews zu schützen und Ungarn sogar selbst zu erpressen. Als Grund für die Haltung der EU-Führung nannte der Minister, man könne es in Brüssel nicht ertragen, „dass Ungarn keinem Druck weicht“. Damit bezog er sich auf die Weigerung der ungarischen Regierung, EU-Gelder für Militärhilfe an die Ukraine freizugeben, sowie auf die Haltung seines Landes, sich für eine friedliche Lösung des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine einzusetzen.
Bereits am 24. Juni hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Verordnung einen Beschluss des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine zu neuen Sanktionen in Kraft gesetzt. Auf der Liste der sanktionierten Unternehmen befand sich auch der russische Ölkonzern Lukoil, dem der „Transit von Ressourcen (…) durch das Hoheitsgebiet der Ukraine“ verboten wurde.
Exakt am selben Tag hatte der EU-Rat für auswärtige Angelegenheiten das 14. Sanktionspaket gegen Russland beschlossen. In derselben Sitzung hatten die EU-Außenminister zudem ein Verfahren gebilligt, mit dem weitere Militärhilfe an die Ukraine gegen den Einspruch Ungarns beschlossen werden kann. Die ungarische Regierung weigert sich bis heute, EU-Gelder für Militärhilfe an die Ukraine freizugeben, und hat angekündigt, das Veto aufrechtzuerhalten, solange die Ukraine weiterhin die Öldurchleitung blockiert.
Die Sanktionierung Lukoils durch die ukrainische Regierung wurde erst bekannt, als Mitte Juli Öllieferungen des russischen Unternehmens über die durch die Ukraine führende Druschba-Pipeline in Ungarn und der Slowakei ausblieben. Diese Weiterleitungen sind vom EU-Ölembargo gegen Russland ausgenommen. Laut Informationen des Magazins Politico könnte es in Ungarn durch das Ende der Lieferungen zu einer Treibstoffkrise kommen, da 35 Prozent seines Ölimports von dem ukrainischen Embargo betroffen sind. Politische Beobachter wie der britische Publizist Alexander Mercouris bezeichneten die Öl-Blockade als Zwangsmaßnahme Brüssels gegen Ungarn und die Slowakei. „Im Endeffekt hat die EU hier zwei ihrer Mitgliedsstaaten sanktioniert.“ Die EU bestreite nicht einmal die Vorwürfe Ungarns.
Sowohl die ungarische als auch die slowakische Regierung haben sich zunächst bei der EU-Kommission beschwert, da die Blockierung des russischen Öls gegen das Assoziierungsabkommen der Ukraine mit der EU verstoße. Die Kommission reagierte jedoch mit der Begründung ablehnend, die Versorgungssicherheit in der EU sei durch die ukrainischen Sanktionen nicht gefährdet und fehlende Ölmengen von Lukoil hätten über andere Wege, beispielsweise über Kroatien importiert werden können. Kroatien habe jedoch, so Szijjártó am Wochenende, seine „Transitgebühren auf einen Schlag verfünffacht und [sei] nur zum Abschluss kurzfristiger Verträge bereit“. Ungarn lasse sich nicht von Brüssel und auch nicht von Zagreb vorschreiben, woher es seine Energieträger beziehe, erklärte der ungarische Außenminister weiter.
Der slowakische Premierminister Fico reagierte auf die Untätigkeit der EU-Kommission, indem er der Ukraine Anfang August drohte, Diesellieferungen an die Ukraine, die ein Zehntel deren Bedarfs ausmachen, einzustellen, wenn die Öllieferungen nicht wieder freigegeben würden. Des Weiteren sei es bei Gesprächen zwischen Ungarn und der Slowakei zu der Idee gekommen, die Stromlieferungen an die Ukraine einzuschränken oder sogar auszusetzen, wenn diese den Transit von Öl in die beiden Länder nicht wieder aufnehmen sollte. Nach der Zerstörung eines Großteils der Kohlekraftwerke in der Ukraine durch die russische Armee zwischen April und Juni ist das Land auf den Import elektrischer Energie aus der EU angewiesen. Dieser erfolgt unter anderem über Ungarn und die Slowakei.
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