Stiko-Mitarbeiter: Empfehlung für Corona-Kinderimpfung nur durch öffentlichen Druck

Empfehlung medizinisch „überflüssig“ / Impfkommission befand sich in „Druckblase“ politischer Eliten / Auswirkungen von mRNA-Präparaten auf Kinder „unklar“

20. August 2024
Berlin.
(multipolar)

Ein früheres Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko) hat gegenüber der Tageszeitung „Die Welt“ eingeräumt, dass die Corona-Impfempfehlung für fünf- bis elfjährige Kinder im Mai 2022 keine medizinischen Gründe hatte, sondern nur aufgrund des öffentlichen Drucks von Politik und Medien zustande kam. „Hätten wir aber die Empfehlung für Über-Fünfjährige nicht abgegeben, dann hätten wir eine Diskussion führen müssen, mit der wir uns selbst ins gesellschaftliche Abseits gestellt hätten“, erklärte der anonym bleibende ehemalige Stiko-Mitarbeiter.

Intern habe die Stiko die Corona-Impfung für Kinder kritisch diskutiert, sagte der Ex-Mitarbeiter. Die Auswirkungen der mRNA-Präparate auf den kindlichen Organismus seien dem Gremium unklar gewesen. Da Kinder durch das Coronavirus nicht gefährdet seien und die Behandlung mit mRNA-Präparaten auch keinen Fremdschutz biete, sei die Kinderimpfempfehlung medizinisch „überflüssig“ gewesen. Trotzdem erteilte das Gremium im Mai 2022 die Impfempfehlung für gesunde Kinder zwischen fünf und elf Jahren. Sechs Monate später fügte die Stiko noch eine Impfempfehlung für vorerkrankte Kinder von sechs Monaten bis vier Jahren hinzu.

Laut Aussage des Ex-Mitarbeiters habe die Stiko versucht, die Empfehlungen „schnell zu korrigieren“ und habe sie im Dezember 2022 vollständig zurückgenommen. Es wäre jedoch besser gewesen, erklärt der Ex-Mitarbeiter, öffentlich einzugestehen, auf welch „dünnem Boden“ bestimmte Empfehlungen standen, statt der Politik mit der Impfempfehlung ein „Gütesiegel“ zu liefern. Insgesamt habe sich die Stiko „recht wehrhaft“ gegen den Druck von außen gezeigt, meint der Mitarbeiter laut Welt-Bericht.

Es habe zwar keine direkten Vorgaben des Gesundheitsministeriums für die Stiko gegeben, aber die Kommission habe sich in einer „Druckblase“ der politischen Eliten befunden, die alle Repräsentanten der Impfkommission beeinflusst habe. Laut RKI-Protokoll vom 19. Mai 2021 hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigt, auch wenn die Stiko die Impfung für Kinder nicht empfiehlt, „trotzdem ein Impfprogramm“ zu planen. Der neue Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte im November 2021 gesagt, es spreche nichts gegen die Impfung von Kindern.

Der damalige Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens erklärte im Dezember 2021, er würde sein siebenjähriges Kind derzeit nicht impfen lassen. Dies seien „gefährliche Sätze“, kommentierte die Süddeutsche Zeitung damals. Mehrere Ministerpräsidenten, darunter Markus Söder (CDU) kritisierten Mertens ebenfalls für seine Aussage. Diese sei „seltsam“ und lege eine „Befangenheit“ Mertens’ nahe. Nordrhein-Westfalens Familienminister Joachim Stamp (FDP) sagte, er sei sich „nicht sicher, ob man in einer Pandemie mit der Stiko, so wie sie aufgestellt ist, dauerhaft arbeiten kann“. Mertens nahm seine Aussage anschließend zurück.

Die Stiko ist beim Robert Koch-Institut (RKI) angesiedelt und untersteht dem Gesundheitsministerium. Im Februar 2024 gab das Ministerium unter Karl Lauterbach bekannt, dass es die Stiko umbaut. Mehr als zwei Drittel der Stellen wurden überraschend und gegen den Willen des Gremiums neu besetzt, berichtete Multipolar damals. Die Neubesetzungen erfolgten „in intransparenter Weise und mit Personen, die zum Teil der Pharmaindustrie oder der Bundesregierung nahestehen“. Impfempfehlungen sollen von dem Gremium künftig zügiger beschlossen werden.


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