US-Senator: „Dürfen ukrainische Rohstoffe nicht Putin überlassen“
11. Oktober 2024Der Krieg in der Ukraine wird westlichen Politikern und Experten zufolge auch um den Zugang zu strategisch wichtigen Rohstoffen geführt. Die Ukraine sitze „auf Mineralien im Wert von Billionen Dollar, die für unsere Wirtschaft gut wären“, sagte US-Senator Lindsey Graham (Republikaner) bei einem Besuch in Kiew. (6. September) „Daher will ich unseren Freunden in der Ukraine weiterhin helfen.“ Bereits im Juni hatte er gegenüber dem TV-Sender CBS erklärt die „kritischen Mineralien“ in der Ukraine seien zehn bis zwölf Billionen Dollar wert. „Ich möchte dieses Geld und diese Vermögenswerte nicht Putin geben, damit er sie mit China teilt.“ Graham sagte gegenüber dem Fernsehkanal, der Ukraine müsse geholfen werden, den Krieg gegen Russland zu gewinnen. Die USA könnten es sich „nicht leisten“, ihn zu verlieren.
Die US-Vizepräsidentin und Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris hatte im Februar auf der Münchner Sicherheitskonferenz betont, die Rolle der Vereinigten Staaten als globale Führungsmacht sei „von unmittelbarem Vorteil für die Amerikanerinnen und Amerikaner“. Die hegemoniale Rolle fördere die Sicherheit des Heimatlandes aber auch die US-Wirtschaft. So würden Lieferketten gesichert und neue Märkte für US-Waren geöffnet. „Sie müssen verstehen, dass unser Ansatz nicht auf der Tugend der Nächstenliebe beruht. Wir gehen so vor, weil es in unserem strategischen Interesse ist.“
Anfang März 2022 hatte die New York Times berichtet, dass kurz vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine 17 US-Militärexperten sich an US-Verteidigungsminister Lloyd Austin wandten und forderten, dass die USA sich den Zugang zu den seltenen Mineralien und Metallen wie Lithium sichern müssen. Die Kiewer Regierung unter Präsident Wolodymyr Selenskij habe den USA 2021 den Lithiumabbau in Donbass gestattet, erläuterte der russische Jurist und ehemalige Leiter des russischen Interpol-Büros Wladimir Owtschinski in einer Analyse im September 2022. Er berief sich auf ukrainische Informationen und schrieb, die entsprechende Genehmigung für die Rohstoffgewinnung sei vom Ministerium für strategische Industrien der Ukraine erteilt worden.
Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter hatte Ende Dezember 2023 in einem ARD-Beitrag gesagt, die Europäische Union (EU) sei für ihre „Energiewende“ auf das Lithium in der Ostukraine angewiesen. Die größten Vorkommen in Europa würden im Donezk-Luhansk-Gebiet liegen. Lithium und andere Rohstoffe wie die sogenannten Seltenen Erden werden zu den strategischen Rohstoffen gezählt. Sie sind unter anderem notwendig, um die verkündeten Ziele westlicher Staaten umzusetzen, sich in zahlreichen Wirtschaftsbereichen von fossilen Rohstoffen unabhängig zu machen. Lithium gilt als „zentraler Rohstoff für die Energiewende“. Das Metall wird für Batterien gebraucht und für Elektro-Autos. Eine Analyse deutscher Wissenschaftler, unter anderem von der Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlicht im März, verweist auf die „geostrategische Bedeutung der Ressourcen“, in der Ukraine, die im Westen noch unterschätzt werde.
Westliche Politiker und Journalisten unterstellen auch Russland das Kriegsziel, die ukrainischen Rohstoffe unter seine Kontrolle bringen zu wollen oder ihren Abbau durch andere zu erschweren. So schrieb die Publizistin Sonja Margolina in der Neuen Zürcher Zeitung (23. März), der „enorme Schatz an Rohstoffen für die E-Zukunft“ sei eines der Motive für „Putins Eroberungsfeldzug“. Andere Autoren meinen, Russland wolle mit den ukrainischen Ressourcen wie dem Lithium die darauf angewiesenen europäischen Staaten erneut „abhängig“ machen, nachdem diese zum Teil auf russisches Erdgas und Erdöl verzichten.
Ähnlich äußerte sich Ulrich Blum vom privaten Deutschen Lithiuminstitut (Itel) Anfang Juli dieses Jahres gegenüber der Deutschen Welle (DW). Er sagte unter anderem, dass Russland den Zugriff auf die aussichtreichsten Lithium-Lagerstätten in der Ost- und Zentralukraine anstrebe. Dann verschlechtere sich die Situation für Europa, weil es ansonsten die meisten der für die Energiewende notwendigen Mineralien aus der Ukraine beziehen könnte. Das alles lasse die Ukraine für Europa noch viel wichtiger erscheinen. „Wenn die EU eine Batterieindustrie aufbauen will, braucht sie eine freie, demokratische Ukraine.“ Deshalb sei es wichtig, „Putin aus all diesen Gebieten zu vertreiben“, sagte Blum.
Im Juli 2021 war Maros Sefcovic, damals Vizepräsident der EU-Kommission, nach Kiew gereist, wie die österreichische Zeitung Die Presse im April 2022 berichtete. „Seine Mission: Die Sicherung strategischer Rohstoffe wie Lithium, die in der Ukraine noch unangetastet im Boden ruhen.“ Gemeinsam mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal unterzeichnete Sefcovic am 13. Juli 2021 ein Abkommen über eine strategische Rohstoffpartnerschaft. Das australische Bergbauunternehmen European Lithium mit europäischer Zweigstelle im österreichischen Wolfsberg sicherte sich Ende 2021 zwei vielversprechende Lithium-Lagerstätten in der Ukraine und wäre damit zum größten Lithium-Anbieter in Europa geworden.
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