Selenskij bietet „strategischen Partnern“ ukrainische Rohstoffe an

„Siegesplan“ beinhaltet Rohstoffzugriff für ausländische Konzerne / Staatliches Titan-Förderunternehmen bereits bei Auktion verkauft / Frankfurter Rundschau: Agrarkonzerne nutzen Krieg um sich „riesige Flächen“ in der Ukraine anzueignen

25. Oktober 2024
Kiew.
(multipolar)

Mit dem Rohstoff-Reichtum der Ukraine wirbt deren Präsident Wolodimir Selenskij um weitere westliche Unterstützung. Zu seinem am 16. Oktober vorgestellten „Siegesplan“ gehört das Angebot an die „strategischen Partner“ für ein „spezielles Abkommen über den gemeinsamen Schutz der kritischen Ressourcen des Landes sowie über gemeinsame Investitionen und die Nutzung dieses Wirtschaftspotenzials“. Dabei geht es laut der Präsidenten-Webseite „um natürliche Ressourcen und kritische Metalle im Wert von Billionen US-Dollar, darunter Uran, Titan, Lithium, Graphit und andere strategisch wertvolle Ressourcen“. Diese würden einen „erheblichen Vorteil im globalen Wettbewerb“ darstellen.

Die Vorkommen an kritischen Ressourcen in der Ukraine sowie das weltweit wichtige Energie- und Nahrungsmittelproduktionspotenzial der Ukraine seien im Visier der Russischen Föderation, sagte Selenskij. Auch deshalb müsste die Ukraine vom Westen weiter verteidigt werden, denn „das ist unsere Chance für Wachstum“, erklärte der Präsident. Auf seiner Webseite heißt es außerdem, dieser Punkt habe „einen geheimen Anhang, der nur mit bestimmten Partnern geteilt wird“.

Der Ausverkauf strategischer Rohstoffen der Ukraine hat bereits begonnen: So hatte Kiew kurz vor Selenskijs Angebot im „Siegesplan“ die staatliche Firma „United Mining and Chemical Company JSC“ (UMCC), einen der weltweit größten Hersteller von Titan-Erz, in einer Auktion angeboten. Erworben wurde das Unternehmen für 96 Millionen Euro von der Tochterfirma Cemin Ukraine der Holding NEQSOL, einer globalen Investmentgruppe. „In Zukunft sollen noch mehrere Unternehmen dieser Branche privatisiert werden, insbesondere Demurinsky GZK und VSMPO Titan Ukraine“, zitierte die Zeitung „Kyiv Independent“ aus einer Erklärung zum Verkauf. (9. Oktober)

Westliche Konzerne und Investoren interessieren sich schon seit längerem für den Rohstoff-Reichtum des Landes: So findet „im Schatten des Krieges“ auch ein „Ausverkauf“ der landwirtschaftlichen Nutzflächen mit fruchtbarer „Schwarzerde“ statt, für die die Ukraine als „Kornkammer Europas“ bekannt ist, heißt es in einem Bericht der Frankfurter Rundschau aus dem vergangenen Jahr. Im Februar 2023 hatte das „Oakland Institut“ aus den USA mit der Studie „Krieg und Diebstahl“ darauf aufmerksam gemacht. Demnach gehören bereits drei Millionen Hektar fruchtbaren Ackerlandes einem Dutzend großer Agrarunternehmen. Der Strategiedirektor des Instituts, Frédérick Mousseau, sprach von einer Übernahme der ukrainischen Landwirtschaft durch westliche Konzerne.

Die größten Landbesitzer seien „eine Mischung aus ukrainischen Oligarchen und ausländischen Interessen – hauptsächlich aus Europa und Nordamerika sowie dem Staatsfonds von Saudi-Arabien“, erläuterte das Institut. Es machte darauf aufmerksam, dass die Finanzierung der Ukraine durch den Westen in den letzten Jahren an ein drastisches Strukturanpassungsprogramm geknüpft war, das Sparmaßnahmen und Privatisierungen erforderte, darunter die Schaffung eines Grundstücksmarktes für den Verkauf von Agrarflächen. Selenskij habe die Landreform 2020 gegen den Willen der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung in Kraft gesetzt, die befürchtete, dass sie die Korruption verschärfen und die Kontrolle mächtiger Interessen im Agrarsektor verstärken würde. Die Studie habe die Befürchtungen bestätigt, hieß es.

Germany Trade & Invest (GTAI), die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Bundes, hatte Anfang 2023 angesichts des russischen Vormarsches den „Rohstoffreichtum der Ukraine in Gefahr“ gesehen. „Enormes Potenzial“ hätten die Lithium- und Titanlagerstätten sowie unerschlossene Öl- und Gasfelder. „Nicht umsonst hatte die EU 2021 eine strategische Rohstoffpartnerschaft mit der Ukraine geschlossen“, heißt es in einem GTAI-Bericht dazu. Bei 22 der 30 von der EU als kritisch eingestuften Rohstoffe verfüge die Ukraine über Vorkommen. Kiews Premierminister Denys Schmyhal habe bei einer Rohstoffmesse im November 2022 in Brüssel sein Land als „integralen Bestandteil der industriellen Beschaffungsketten in der EU“ angeboten. Nach Schmyhals Ausführungen gehörte die Ukraine 2021 zu den zehn größten Produzenten von Titan, Eisenerz, Kaolin, Mangan, Zirconium und Graphit.

Wie Multipolar kürzlich berichtete, haben auch US-Politiker wie Senator Lindsey Graham (Republikaner) bereits öffentlich gefordert, die Rohstoffe der Ukraine dürften „nicht Putin überlassen“ werden. Die Ukraine sitze „auf Mineralien im Wert von Billionen Dollar, die für unsere Wirtschaft gut wären“, sagte Graham bei einem Besuch in Kiew am 6. September. Graham hatte gemeinsam mit Senator Richard Blumenthal (Demokraten) bereits am 12. August Kiew besucht und dabei laut der gemeinsamen Presseerklärung unter anderem mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskij über ein strategisches Abkommen mit den USA über den Abbau der Seltenen Erden in der Ukraine im Wert von mehr als einer Billion Dollar gesprochen.


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