Robert Koch-Institut: Leak enthält „unveränderte und vollständige“ Protokolle
13. November 2024Im seit 2021 laufenden Verfahren von Multipolar gegen das Robert Koch-Institut (RKI) zur Veröffentlichung und weiteren Entschwärzung der Protokolle des RKI-Krisenstabes hat das Verwaltungsgericht Berlin am 4. November ein Urteil gesprochen. Das Urteil und das Protokoll der Verhandlung (Aktenzeichen VG 2 K 278/21) wurde den Multipolar-Anwälten am Dienstag (12. November) zugestellt.
Da die Krisenstabsprotokolle – die Multipolar zunächst in stark geschwärzter Form freigeklagt und publiziert hatte – durch ein Leak von der Journalistin Aya Velazquez am 23. Juli 2024 vollständig ungeschwärzt veröffentlicht wurden, war vor Gericht zu klären, ob die geleakten Daten mit den von Multipolar erklagten Protokollen identisch sind. Hierzu hatte das Bundesgesundheitsministerium öffentlich bislang lediglich erklärt, das RKI habe die geleakten Daten „geprüft und verifiziert“. Im Protokoll zur Verhandlung vom 4. November heißt es nun präziser:
„Auf X hat die Journalistin Velazquez (…) Protokolle des RKI-Krisenstabes veröffentlicht. Das RKI hat die Unterlagen (...) geprüft und kann bestätigen, dass zum Zeitpunkt der Prüfung diese Unterlagen die unveränderten und vollständigen Unterlagen waren. (…) Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärte: Diese Erklärung kann ich in Bezug auf die streitgegenständlichen Unterlagen bestätigen.“
Streitgegenständlich waren die Krisenstabsprotokolle von Januar 2020 bis April 2021. Zu den späteren Protokollen bis zum Ende des Krisenstabes 2023 hatte das RKI bereits am 30. Mai erklärt, diese „nach entsprechender Prüfung und Drittbeteiligung so schnell wie möglich“ veröffentlichen zu wollen. Drittbeteiligung bedeutet, dass die in den Protokollen genannten Personen um Ihr Einverständnis zur Offenlegung ihrer Namen gebeten werden. Zur Durchsetzung der Veröffentlichung dieser späteren Protokolle hatte Multipolar am 10. Juli Untätigkeitsklage erhoben. Der diesbezügliche Rechtsstreit (Aktenzeichen VG 2 K 97/24) dauert noch an.
Im nun verkündeten Urteil wird festgehalten, dass der Kläger die Klage teilweise zurücknimmt, da nach der Bestätigung durch das RKI zweifelsfrei geklärt ist, dass die geleakten Protokolle identisch mit den erklagten sind. Multipolar-Mitherausgeber Paul Schreyer betonte nach der Urteilsverkündung, diese Bestätigung sei wesentlich, da das Leak damit „Beweiskraft in anderen Gerichtsverfahren“ habe. Die geleakten ungeschwärzten Protokolle könnten dort als bestätigte amtliche Dokumente gelten.
Eine ebenfalls begehrte Veröffentlichung des sogenannten RKI-Krisenplans lehnte das Gericht ab. Dieser 22-seitige Plan, dessen Existenz das RKI erstmals am 30. Dezember 2021 in seinem Ablehnungbescheid zum Multipolar-Antrag eingeräumt hatte, enthält – gemeinsam mit acht Anlagen mit organisatorischen Details zur Lagebewältigung – laut RKI detailliert behördeninterne Abläufe und Zuständigkeiten zur Bekämpfung von Epidemien. Er war somit Arbeitsgrundlage des RKI in der Corona-Zeit. Im Krisenplan wird laut Gericht dargestellt, „welche Aufgaben im Krisenfall zu priorisieren sind, wie die Aufgaben verteilt werden und wie die Kommunikationsstrukturen verlaufen“. Das Gericht argumentiert, der „Schutz der öffentlichen Sicherheit“ gehe hier dem Informationsanspruch vor, da eine Kenntnis des Planes „gezielte Eingriffe“ und „externe Störungen“ ermöglichen würde. Dem RKI drohe damit eine „Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit“.
Ergänzung 27.11.: Im ersten Absatz wurden das Urteil des Verwaltungsgerichtes Berlin vom 4. November und das Protokoll der Verhandlung nun auch verlinkt.
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