Angela Merkel am 25. März 2021 im Bundestag | Bild: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Die Angst vor dem eigenen Irrtum

Die Vehemenz und Schärfe bei der Ausgrenzung kritischer Stimmen irritiert weiterhin und ist sachlich kaum erklärbar. Über Meinungen, Fakten und deren Interpretation müsste man sich verständigen können. Warum ist das in der Corona-Krise nicht möglich? Es scheint, als ob abseits von Politik und Rationalität noch ein anderes Motiv wirkt.

PAUL SCHREYER, 29. März 2021, 16 Kommentare, PDF

Hinweis: Dieser Beitrag ist auch als Podcast verfügbar.

Vor einem Jahr, zu Beginn der Krise, ließ sich mühelos argumentieren, dass die meisten Politiker und Journalisten ehrlichen Herzens vor der Virusgefahr warnen und sich tatsächlich um die Stabilität des Gesundheitssystems sorgten. Mit dem rigorosen und dauerhaften Abblocken und Diffamieren aller Kritiker wurde diese Begründung jedoch brüchig. Denn warum war und ist eigentlich kein Gespräch miteinander möglich? Woher der unbedingte Wille, eine kontroverse Debatte zu vermeiden und die strikte Weigerung, bestehende Annahmen in Frage zu stellen? Woher, mit einem Wort, die Unerbittlichkeit?

Der Unmut darüber ist schon lange groß, es gibt viele Erklärungsversuche, auch Appelle an Journalisten, doch vielfältiger zu berichten und denjenigen Fachleuten Gehör und Sendezeit zu schenken, die von der Regierungslinie abweichen. Die Aufrufe jedoch verhallen – es ändert sich praktisch nichts.

Die einen sagen, das liege an zu großer Regierungsnähe, andere verweisen auf ein sozial sehr homogenes journalistisches Feld, also eine starke Ähnlichkeit der meisten Journalisten in Herkunft, Milieu und politischen Ansichten. Für beides gibt es gute Belege. Der Autor Marcus Klöckner wies schon vor der Corona-Krise in seinem Buch „Sabotierte Wirklichkeit“ 2019 darauf hin, dass die Kritik an den Medien über diese Argumente noch hinausgehen müsse und reale Machtkämpfe nicht ausblenden dürfe:

„Es geht um die Vorherrschaft bei der Schaffung medialer Wirklichkeit. Es wäre reichlich naiv anzunehmen, sauber vorgetragene Lösungsvorschläge könnten etwas verändern. Wie eingangs geschrieben: Aus Sicht der dominierenden Akteure gibt es ja nicht mal ein Problem – außer eben, dass es da diese ‚Spinner‘ gibt. Da ist er, der soziale Kampf. Und dieser Kampf wird mit großer Härte geführt. (…) Machen wir uns nichts vor: Die Weichensteller in den Medien wissen um die Verhältnisse. Sie sehen, wie ihnen die ‚Felle‘ wegschwimmen. Das sind alles kluge Köpfe. Aber auf dieser Ebene des sozialen Kampfes will man nicht verlieren oder aufgeben.“

Ein Text, wohlgemerkt, aus dem Jahr 2019. Möglicherweise spielt aber auch die Psychologie eine Rolle, genauer: das Problem der Rechtfertigung eigenen Handelns vor sich selbst. Dieser Bereich des individuellen Innenlebens ist naturgemäß einer Beobachtung von außen weitgehend verschlossen. Daher sind die folgenden Betrachtungen spekulativ und lassen sich nicht beweisen. Sie erscheinen allerdings naheliegend.

Es ist eine Binsenweisheit, dass sich nicht jeder Mensch der Gründe seines Handelns voll bewusst ist. Man neigt dazu, sich selbst Motive zu unterstellen, die gesellschaftlich hoch angesehen sind – auch wenn einen in der Tiefe eigentlich anderes antreibt. Die Radikalität, ja Brutalität von Medien und Politik im Umgang mit Kritikern der Regierungsbeschlüsse gibt der Vermutung Raum, dass hier vielleicht nicht nur die offen vorgetragenen rationalen Motive wirken, sondern auch Angst eine Rolle spielt.

Die in diesem Text aufgestellte These lautet, dass der Hass auf die Querdenker – und überhaupt auf das „quer denken“ – sich nicht nur aus Empörung über deren angenommene Verantwortungslosigkeit speist, sondern auch aus der Angst vor dem eigenen Irrtum. Diese Angst, sollte sie denn tatsächlich bestehen, dürfte in den seltensten Fällen offen ins Bewusstsein treten. Eher schwelt sie im Hintergrund, als dumpfe Ahnung, für die es kaum Worte gibt.

Der eigene Irrtum ist auf seltsame Art inakzeptabel geworden, gilt als geradezu unprofessionell. Man weiß Bescheid, kennt sich aus, lässt sich nichts vormachen. So gesehen erscheint die Angst vor dem Irrtum in der Corona-Krise nur als spezielle Spielart einer sich generell ausbreitenden Härte, Gereiztheit und Diskussionsverweigerung, die auch bei vielen anderen Themen zu beobachten ist. Diese allgemeine gesellschaftliche Überspanntheit könnte man als psychische Entsprechung eines aus dem Ruder laufenden, bis zum Zerreißen gespannten ökonomischen Systems betrachten, das an den Nerven aller darin Eingewobenen immer unnachgiebiger und brutaler zerrt.

Es lässt sich annehmen, dass die Möglichkeit des eigenen Irrtums für einen Menschen in der Corona-Krise immer dann in besonders bedrohliche Nähe rückt, wenn Tausende oder sogar Zehntausende Menschen öffentlich gegen die Entscheidungen der Regierung protestieren. Einem selbstkritischen, zur Reflexion fähigen Menschen eröffnet sich dann die Frage, ob diese Demonstranten vielleicht vernünftige Argumente haben könnten. Dass ein Journalist oder Politiker diese Frage in seinem Inneren zulassen kann, dass er oder sie in der Lage ist, darüber nachzudenken, und damit diese Angst vor dem eigenen Irrtum ins Bewusstsein treten zu lassen, ist ein wesentlicher Schlüssel zur Überwindung der gesellschaftlichen Spaltung.

„Der Andere könnte recht haben“

Der Philosoph Hans-Georg Gadamer (1900-2002), bekannt für seinen Satz „Der Andere könnte recht haben“, zitierte in einem Interview zu seinem 100. Geburtstag Hegel: „Ein gebildeter Mensch ist ein Mensch, der mit den Gedanken des anderen mitgehen kann.“ Gebildet sei, so Gadamer, wer „seine Selbstliebe überwinden“ könne, „sodass er hört, was der andere sagen will.“ Heute erleben wir vor allem das Gegenteil.

Verwunderlich ist daran wenig. Wer auf der Grundlage der offiziellen Gefahreneinschätzung über Monate hinweg immer wieder erklärt, dass Regierungskritiker „Spinner“ seien, da sie die Gefahr eben verharmlosten, der besitzt selbstverständlich kaum noch innere Motivation, diese Gefahreneinschätzung kritisch zu überprüfen und gegebenenfalls zu revidieren. Denn daran hängt ja seine Abwertung und Ausgrenzung der Anderen sowie, damit verknüpft, seine oder ihre Rechtfertigung von Regierungshandeln, dass Leid für Millionen Menschen erzeugt hat. Es existiert daher nicht nur kein Anreiz zum Infragestellen, sondern, viel dramatischer: Es liegt eine immense Bedrohung im Hinterfragen, da das Eingeständnis eines eventuellen Irrtums inzwischen mit dem Eingeständnis der Mitschuld an dem millionenfachen Leid verbunden ist – eine unfassbare Last.

Die Angst vor diesem Irrtum und dieser Last wird selten voll ins Bewusstsein treten. Jeder Mensch wird sich davor schützen, so gut er oder sie es kann, vor allem, indem der eigene Standpunkt systematisch gegen Verunsicherung abgeschottet wird.

In dieser tristen und ausweglos erscheinenden Situation befinden sich heute große Teile der Medien, der Parlamente, der öffentlichen Verwaltung, der Wissenschaft – und leider auch der Justiz. Die ständige Alarmstimmung erscheint, so betrachtet, auch als Selbstschutz, als Abwehr der Möglichkeit des eigenen Irrtums. Man versichert sich immer wieder aufs Neue der Richtigkeit der eigenen Warnungen. Über jede Studie, die das bestätigt, wird prominent berichtet, jede anderslautende Studie als „Verharmlosung“ kritisiert oder beschwiegen.

Dass etwa die Helios-Unternehmensgruppe, mit 89 Kliniken einer der größten Krankenhauskonzerne in Deutschland, Tag für Tag seine Corona-Belegungszahlen veröffentlicht, die schon seit Monaten keine dramatische Lage erkennen lassen – und damit so gar nicht zu den Fallzahlen des Robert Koch-Instituts passen –, wird konsequent ausgeblendet (hier die aktuellen Daten, Stand 29. März).

Medien wie Politik wähnen sich in einer Art Krieg – gegen das Virus, gegen Andersdenkende – und können folgerichtig auch nur noch in einer binären Kriegslogik handeln: Aufgeben oder so lange eskalieren, bis der Gegner vernichtet ist, bis alle einer Meinung sind und die Möglichkeit des eigenen Irrtums damit scheinbar verschwunden. Man könnte argumentieren, dass all diejenigen, die ein solches Ende nicht wollen, so bald wie möglich aufhören sollten, an diesem Krieg teilzunehmen – oder, um in der Metapher zu bleiben: zu desertieren und nicht mehr für diese Medien und diese Regierungen zu arbeiten.

Es geht auch in kleineren Schritten – etwa, wenn mehr Menschen in Politik und Medien es zulassen, die Möglichkeit des eigenen Irrtums zumindest zu erwägen – und damit auch die Angst vor der eigenen Mitschuld als zutiefst verunsichernde Emotion in all ihrer Bedrohlichkeit zuzulassen. Das wäre ein Weg, der von der Spaltung wegführt, der Dialog über den Graben hinweg ermöglicht – und damit auch gesellschaftlichen Frieden.

Protagonisten wie Merkel, Söder, Scholz oder Wieler ist dieser Weg inzwischen so gut wie verschlossen. Doch vielen anderen, die sich weniger klar exponiert haben, steht er weiterhin offen.

Diskussion

16 Kommentare
ANDREAS ADLER, 29. März 2021, 19:00 UHR

Mal in aller Kürze: Angst – ist überhaupt DAS Schlüsselthema des Corona-Ereignisses. Und ihre Klärung Sinn und Zweck der ganzen Chose. Dies gilt für ALLE Beteiligten. Was die Signifikante-Covid-Gefahrenlage-Leugner, Selbst-Denker und Verteidiger von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Evidenz mit einschließt (von denen ich zu den Radikalsten gehöre – aber das nur am Rande). Die im Artikel angesprochene Rechthaberei ist btw ebenfalls eine Ausformung der Angst.

INGE SCHWANK, 29. März 2021, 21:30 UHR

Ein sehr guter Artikel !!!!

Die Welt ist in einem verzweifelten Notstand an guten Menschen. Sie wird sich nicht transformieren durch mehr Aktiengesellschaften und höhere Wolkenkratzer. Diese Dinge werden uns davor bewahren uns gegenseitig zu vernichten! Das Phänomen des Terrorismus beginnt irgendwo bei einer sehr verärgerten oder verängstigten Person, die möglicherweise sehr einsam und verletzt ist, der es egal ist, wen sie umbringt oder sogar bereit ist, sich selbst umzubringen, damit sie noch viele andere vernichten kann (Parallelen zu Corona). Diese Phänomene der Gewalt beginnen mit Ärger und Angst. Schauen Sie sich um: Die Welt ist bedürftig, wir haben enorme Probleme zu lösen. Dafür brauchen wir den guten Willen der Bevölkerung. Woher werden wir ihn bekommen? Man kann ihn nicht im Lebensmittelladen kaufen. Man kann ihn nicht in einer Pille einnehmen. Er kommt aus der Menschlichkeit an sich! Deshalb müssen wir alle unsere Beziehungen als wahrhaftig menschliche Beziehungen gestalten.

STEPHAN GEUE, 29. März 2021, 22:15 UHR

So treffend mir die psychologische Analyse der Auswirkungen eines Sich-selbst-in-eine-Sackgasse-Manövrierens erscheint – mit der angstbedingten Unfähigkeit, sich daraus wieder selbst zu befreien –, möchte ich doch ein paar Anmerkungen dazu machen:

(1) Hat kaum ein Politiker in Deutschland mehr, als eine Abwahl zu befürchten. Es gibt die Weisungsgebundenheit deutscher Staatsanwälte an Innenminister; es wird also kaum zu Anklagen kommen, etwa wegen eines Bruchs des Schwurs, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden. Auch die politische Korruption ist explizit so weit legalisiert, dass z.B. Jens Spahn selbst dann, wenn alle Vorwürfe gegen ihn berechtigt sein sollten und bewiesen werden könnten, wahrscheinlich als freier Mann aus dem Gerichtssaal gehen würde. Und es gibt Christian Drosten, also den Wissenschaftler, zu dem die FfF skandieren "listen to the science!". Die Politiker können sich also jederzeit damit herausreden, dass sie immerhin auf Wissenschaftler gehört haben und nicht nur auf einen Einzelnen. Das entbindet sie zwar nicht von ihrer Verantwortung, gibt ihnen aber eine starke Ausrede. Schließlich kann man von einem Sparkassenfuzzi keine medizinische Expertise erwarten, von einer Physikerin ebensowenig. Lauterbach könnte eventuell geschlachtet werden: Mediziner und Politiker in Personalunion und noch dazu einer der lautesten an der Verbotsfront.

(2) Wir sind kein souveräner Staat und wir haben, von den "alternativen" Medien einmal abgesehen, keine freie Presse und keinen freien Rundfunk (Fernsehen inbegriffen). Die "öffentlich-rechtlichen" Kanäle hängen an der Gunst der Länderfürsten, und alle anderen haben private Eigentümer, und mancher würde sich wundern, wo er ankommt, wenn er die Eigentumsverhältnisse und ihre Verflechtungen bis hin zu Großspendern, Einzelpersonen und US-amerikanischen Institutionen verfolgt. Und dort wird entschieden, was gesagt, gedruckt, gezeigt und anderweitig publiziert wird. Da geht es in den "Redaktionsstuben" nicht um die Angst, Lügen und Irrtümer zugeben zu müssen, sondern um die Angst, seinen Job zu verlieren, wenn nicht die bestellten Texte geliefert werden. Gewiss, das ist eine Art von geistiger Prostitution, aber die Lohnschreiber sind in Zwänge und finanzielle Abhängigkeiten eingebunden wie viele andere Arbeitnehmer auch. Da gibt es familiäre finanzielle Verpflichtungen, zu tilgende Hypotheken und auch eigene Eitelkeiten, die bedient werden wollen. Ich schätze, nur eine Minderheit könnte es sich leisten, morgen ihr Gewissen zu entdecken und einfach den Griffel fallen zu lassen. Es wäre eine ersetzbare Minorität.

NORBERT PIECHOTTA, 29. März 2021, 22:45 UHR

In Ergänzung – Gunnar Kaiser: https://www.youtube.com/watch?v=_XOag4jvwGA

Auszug: "Sehe ich das richtig? Wir leben in einem Land, in dem der Gesundheitsminister sagt, dass man nicht zu viel testen sollte, damit man nicht so viele falsch-positive Ergebnisse hat ... und ein halbes Jahr später hat man die Testzahlen verzigfacht, Schnelltests auf den Markt gebracht und Schüler sollen sich täglich selbst testen?

Wir leben in einem Land, in dem der Gesundheitsminister sagt, dass es ein Fehler war den Einzelhandel zu schließen und dass es nicht wieder passieren wird ... und ein paar Monate später wird der Einzelhandel erneut geschlossen? Wir leben in einem Land, in dem der Gesundheitsminister sagt, das Virus mache an geschlossenen Grenzen nicht halt ... und ein Jahr später sind fast alle Grenzen geschlossen?

Wir leben in einem Land, in dem der Staatsvirologe sagt, dass man die Pandemie mit Masken nicht aufhält ... und ein halbes Jahr später tragen selbst die Kinder in den Grundschulen Masken? ... Wir leben in einem Land, in dem der Staatsvirologe sagt, dass man als Normalbürger nicht mit der ständigen Angst vor Infektionen herumlaufen sollte ... und ein paar Jahre später sollen alle Menschen jederzeit so handeln, als wären sie infiziert?

Wir leben in einem Land, in dem der Präsident der Bundesoberbehörde für Gesundheitsfragen im Januar sagt: „JE MEHR WIR IMPFEN, UMSO MEHR VARIANTEN WERDEN AUFTRETEN …“ und nachdem man dann monatelang massenhaft geimpft hat, treten Varianten auf, mit denen man dann den nächsten Lockdown rechtfertigt? Wir leben in einem Land, in dem einer der Ministerpräsidenten fordert, Politiker wegen ihrer Vorbildfunktion mit AstraZeneca zu impfen ... und am selben Tag werden die Impfungen mit AstraZeneca vorsorglich ausgesetzt?

Wir leben in einem Land, in dem die Bundeskanzlerin im Oktober sagt, es werden uns vier schwere Monate bevorstehen ... und im März sagt sie das gleiche über die Monate bis Juni? Wir leben in einem Land, in dem die Bundeskanzlerin im November sagt, dass wir uns jetzt nur noch für ein paar Wochen anstrengen müssen ... und im Frühling ist immer noch Lockdown und es ist von einem Dauerlockdown bis Herbst die Rede?

Ach und noch was ... Sehe ich das richtig? Dass wir keine Übersterblichkeit haben, ist aufgrund des Lockdowns, aber dass z. B Bayern so hohe Fallzahlen hat, ist trotz dem Lockdown? Wenn du bei der Impfung Begleiterscheinungen hast, ist das ein Zeichen dafür, dass sie wirkt. Wenn du keine Begleiterscheinungen hast, ist das ein Zeichen dafür, wie verträglich sie ist?

Und: Wir hatten in diesem Winter weniger schwere Atemwegserkrankungen, weil die Menschen zu Hause bleiben und außerhalb brav Maske tragen. Im gleichen Zeitraum stiegen die Corona-Fallzahlen und die Inzidenzwerte, weil die Menschen sich nicht an die Maßnahmen halten?

Ach, und … Sehe ich das richtig? Wir haben eine Pandemie mit einem schweren akuten Atemwegssyndrom, aber das Statistische Bundesamt spricht von einem niedrigen Niveau an schweren Atemwegserkrankungen im vergangenen Winter? Sehe ich das richtig? Man hat ein Jahr lang Politik mit dem Narrativ „Jeder, der stirbt, ist einer zu viel!“ gemacht ... und nun heißt es bei den Impftoten: „Es sterben halt ein paar, Leben bedeutet nun einmal Risiko ...“?

Sehe ich das richtig? Wir impfen Millionen von Menschen, damit wir alle bald wieder „frei“ sein können, aber die Geimpften müssen trotzdem in Quarantäne, weil nicht bewiesen ist, dass sie nicht infektiös erkranken?

Sehe ich das richtig? Junge Menschen dürfen bzw. teilweise müssen an fast allen Schulen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz morgens im Klassenraum einen Selbsttest machen; positiv getestete und Testverweigerer werden isoliert bzw. vom Schulgelände entfernt. Die negativ getesteten Schülerinnen und Schüler dürfen allerdings die Maske immer noch nicht ablegen?

Könnte es sein, dass die Maske zur Uniform eines Kults geworden ist, die man auch dann nicht ablegen will oder darf, wenn sie ihre ursprüngliche Schutzfunktion gar nicht mehr erfüllen kann?

Also um das mal zusammenzufassen: Die Argumente gegen die Maßnahmen sind relativ leicht zu verstehen und die unterstützenden Fakten und Belege relativ leicht zu recherchieren. Die hinter ihnen stehenden Werte und Überzeugungen wie Freiheit, Selbstbestimmung, Menschenwürde und Einhaltung der Grundrechte sind durchdacht, erprobt, angesehen und ehrwürdig.

Die Verteidiger des Regierungskurses und der Alternativlosigkeit der Maßnahmen hingegen winden sich seit Wochen und Monaten in immer abstrusere rhetorische Tiefen hinab - dauernd müssen immer neue und sich selbst widersprechende Zusatzannahmen gemacht, immer neue Bedrohungen hinzuerfunden, immer neue Ziele gesetzt und die unbedeutendsten Details der Kritiker bis zum Gehtnichtmehr gestrohmannt werden, um das Narrativ aufrechtzuerhalten.

Und ihr denkt, Geistesgrößen wie Rezo, Wolfgang Niedecken, Ralph Ruthe, Thomas D. oder Richard David Precht hätten diese immer unschärfer und verworrener werdenden Argumentationslinien verstanden und seien aus eigener Erkenntnis zu Propagandisten des Pandemieregimes geworden?

Nichts - ich wiederhole: NICHTS - von den Horrorprognosen und Untergangsprophetien des letzten Jahres ist eingetroffen. Nicht hier, nicht in Schweden. Nirgendwo. Und trotzdem setzen sie ihre tausendfach widerlegte, ad absurdum geführte und an der Realität gescheiterte zerstörerische Politik mit dem Gerede von einer dritten Welle, mutierenden Mutanten und immer neuen Angstszenarien weiter fort.

Und wir machen das immer noch mit und nicken das immer noch ab und hoffen immer noch, es wäre bald vorbei. Uns ist wahrlich nicht mehr zu helfen. Nicht alle nicken es ab, aber immer noch zu viele, obwohl sie doch behaupten, für Wissenschaftlichkeit und Solidarität zu stehen. Aber man kann es nicht laut genug sagen: Es ist ein Kult. Das alles hat längst jeglichen Kontakt mit dem Boden der Realität verloren und eine Pseudo-Realität um sich herum errichtet, die es abschottet gegen jegliche Kritik, Fakten und Fragen von seiten des gesunden Menschenverstandes. ..."

PD, 30. März 2021, 09:05 UHR

Ganz herzlichen Dank, Herr Piechotta. Ich bin ebenso fassungslos, wieviele Menschen diese Widersprüche einfach hinnehmen, oder noch nicht einmal zur Kenntnis nehmen. Und darauf angesprochen, gerne jede Diskussion ablehnen. Im letzten Indubio-Podcast von achgut.com sagte die Publizistin Cora Stephan, in der Krise würden die Menschen bemerken, dass Freunde, Familie, Nachbarschaften wichtige Unterstützung gäben. Ich sehe aber, dass Freundschaften, Familien, Ehen, und Nachbarschaften stark dem Risiko ausgesetzt sind, zu zerbrechen und sich zu verfeinden.

ULRICH KARRASCH, 29. März 2021, 22:55 UHR

Ich sehe das in weiten Teilen genau so. Der Artikel ist natürlich angelegt als gutwilliger Versuch, Verhalten mit der Angst zu erklären, Brücken zu bauen, Verständigung wieder zu ermöglichen. Es gibt aber auch noch eine andere Seite der Geschichte: die Machtausübung durch die Dominanz in den Medien. Am Beispiel von OVALmedia kann man gut erkennen, dass es den Profiteuren der Krise und deren Helfern nicht um Brücken, weit geöffneten Diskursraum und Verständigung geht, sondern – möglicherweise tatsächlich angstgetrieben, möglicherweise aber auch nur kühl berechnend – um Ausschaltung anderer Standpunkte. Macht und Deutungshoheit verlieren? Um keinen Preis. Auch ich habe Befürchtungen, und zwar vor allem dahingehend, dass wir nahtlos in diese unmenschliche Überwachungsdiktatur überwechseln könnten.

SONJA PASCH, 29. März 2021, 23:25 UHR

Danke an Paul Schreyer für diese scharfsinnige Analyse! Die eklatant fehlende Evidenzbasiertheit, ja geradezu Wissenschaftsfeindlichkeit der Corona-„Maßnahmen“ liegt immer offener zutage – um so mehr erschüttert, wie gleichgültig bis vehement diese Politik auch von klügsten Köpfen verteidigt wird.

Es ist evident, dass es unwissenschaftlich ist, Menschen, die mit einer Krebserkrankung im Endstadium oder nach einem schweren Verkehrsunfall versterben und auch ein positives SARS-CoV-2-Ergebnis aufweisen, ohne weitere Untersuchung als „Corona-Tote“ zu zählen, bei Menschen dagegen, die in engem zeitlichen Zusammenhang nach der Immunisierung mit völlig neuartigen, aufgrund der unzureichenden Sicherheitsprüfungen weltweit nur „bedingt“ zugelassenen gentechnischen Impfstoffen versterben, einen Zusammenhang mit der Impfung von vorneherein auszuschließen.

Die völlige Ignoranz und Härte, mit der über solche und eine Unzahl weiterer offensichtlicher Widersprüche und alarmierender Fakten ohne Rücksicht auf Verluste hinweggegangen wird, macht fassungslos und erschüttert nicht nur bei Politikern, sondern viel mehr noch bei Mitbürgern, Nachbarn, Freunden. Nach dem klugen Text von Thomas Külken (https://multipolar-magazin.de/artikel/corona-hypnose) liefert die Analyse von Paul Schreyer hier einen weiteren wichtigen psychologischen Zugang zum Verständnis.

Ein Zitat aus Boris Pasternaks „Doktor Schiwago“ passt, obwohl auf das historische Ereignis der Zwangskollektivierungen bezogen, gut dazu: „Ich meine, die Kollektivierung war eine falsche, eine missglückte Maßnahme, aber den Fehler konnte man schlecht eingestehen. Um den Misserfolg zu verheimlichen, musste man den Menschen mit allen Mitteln der Einschüchterung das Denken und Urteilen abgewöhnen und sie dazu nötigen Dinge zu sehen, die es gar nicht gab und die dem Augenschein widersprachen. Von hier stammte die beispiellose Härte der Politik.“

Ich kann mich nur Paul Schreyers Appell anschließen: wir brauchen den Mut, Erkenntnis zuzulassen – auch die, Fehler gemacht zu haben. Das ist der einzige Weg zurück zur Humanität.

JOAQUIM BERNHARDT, 30. März 2021, 06:00 UHR

Die Frage, die es sich lohnt zu untersuchen, ist doch die: Wie hat denn die Debatte, der Diskurs vor Corona, zu “Normalzeiten“ ausgesehen. Nehmen wir uns doch einmal ein konkretes Beispiel vor:

https://www.youtube.com/watch?v=uigi0PqQeIU&t=150s

Eine Rednerin der Opposition übt explizite Kritik an der Politik der Bundesregierung. Spricht die Kanzlerin mehrmals direkt an. Wendet sich ihr mit ihrer Körpersprache unmissverständlich zu. Sachlich, aber bestimmt. Mutig und ohne den leisesten Hauch einer Anbiederung. Nennt den Finanzminister eine „traurige Figur“. Sollte doch in einer Demokratie erlaubt sein, könnte man meinen. Ist es auch. So weit so gut. Ihr wird eine angemessene Redezeit gewährt. Sie wird weder des Hauses verwiesen noch als irgendetwas beschimpft. Man lässt sie gewähren. Sie wird noch nicht einmal unterbrochen.

Jedoch. Was macht die von der Rednerin adressierte Regierung? Die gesamte Chefetage ist nur dem Fleische nach anwesend, alle spielen mit ihren Handys. Völlig ungeniert und vor laufenden Kameras. Da hört niemand zu. Auf Kosten der Wählerschaft. Der Vizekanzler ist in ein angeregtes Gespräch mit seinem Nachbarn vertieft. Die Kanzlerin selbst schmollt sichtbar gelangweilt und ersinnt einen Streich. Sieht irgendwie gar nicht so staatsfraulich aus. Das Bild einer dysfunktionalen Schulklasse, bei der irgendetwas aus dem Ruder gelaufen sein muss.

So steht sie dann auch irgendwann einfach auf und dreht mitten im Vortrag eine kleine Runde. Hält hier und da ein Pläuschen ab, als wenn sie auf einer Party und nicht in einer Plenarsitzung wäre. Wie die Oberanführerin, die allen verdeutlicht, das Regeln für andere gemacht sind, nicht aber für sie. Dass die Tante, die da oben irgendwas von sich gibt, sie mal kann. So etwas sollte sich mal jemand in der Schule erlauben. Da mutiert unsere liebe Mutti vor unser aller Augen auf einmal zur rotzfrechen Göre mit anarchistischen Tendenzen. Eine, die auf dem Tisch tanzt, die lange Nase macht und dazu fröhlich einen fahren lässt.

Wer sich dieses zehnminütige Video mal wie ein Wimmelbuch vornimmt, sich darauf konzentriert, wie die Anwesenden im Saal (nicht) reagieren bzw. beim Thema Europa sowie der Ver(sch)wendung unser aller Steuergelder einfach auf Durchzug schalten, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sieht unmissverständlich, was unsere hochgelobte „Streitkultur“ im Parlament immer schon für eine Luftnummer gewesen ist. Wo Kritik egal wie fundiert sie auch sein mag auf taube Ohren stösst.

Es wird Zeit das wir uns fragen und erkennen warum das so ist. Warum Europa – von den meisten unbemerkt – ganz nebenbei ins Klo gekippt wird. Live und in Farbe. Auch hier. Es geht nicht darum, was man von der Rednerin oder ihrer Partei hält. Es geht darum, wie man mit anderen Meinungen umgeht. Ob man in der Lage ist, sie zu respektieren. Sie könnte recht haben.

Das ist in diesem konkreten Beispiel – für alle klar ersichtlich – nicht der Fall. Pustekuchen. So sieht keine lebendige und engagierte Debattenkultur aus. Ein historisches Dokument der – hier noch schallgedämpften – jedoch bereits auffällig markant unprofessionellen wie dreisten Vorgehensweise der „Elite“, die sich arrogant und unnahbar gebärdet – obwohl sie ihre Existenz einzig und allein dem Vertrauen des Volkes zu verdanken hat. Allgemeine Regeln des Anstandes und Respektes – auch hier schon eher aushäusig. Man stelle sich eine Betriebsversammlung vor, bei der alle Beteiligten fortwährend an ihren Telefonen herumfummelten oder sich – mit dem Rücken zum Redner – während des Vortrags einfach mit jemand anders unterhielten.

Die Unfähigkeit zum Dialog sowie den stümperhaften Umgang mit Kritik gab es auch schon vor Corona – wenn auch in heruntergefahrener Form, keine Frage. Sie ist letztlich immer ein latentes systemimmanentes Geschwür gewesen. Eines das gerade wieder aufbricht und an Fahrt gewinnt. Wenn eine Regierung Probleme damit hat, der vom eigenen Volk gewählten Opposition zuzuhören – und sie stattdessen mit ostentativer Langeweile einfach ignoriert. Wenn sie bei einem sachlichen Dissens bereits offensichtliche Konzentrationsschwierigkeiten aufweist. Wie denn bitteschön soll genau diese Regierung dann plötzlich auch noch auf das Volk selbst hören können. Sich dem Original stellen sozusagen. Das wäre nun wirklich ein bisschen viel verlangt.

Hier wird wohl noch so einiges zu Bruch gehen müssen, bevor sich wirklich etwas ändert. Das ist die traurige Tendenz. Das Problem hier sind nicht die Personen, die an der Macht sind. Die wachsen immer wieder nach. Ob rot gelb grün oder schwarz. Das Problem ist die Struktur, die sie hervorgebracht hat. Die Werte, die wir uns alle gegenseitig einpeitschen. Diktatur des Erfolges. Status. Karriere. Biste was, dann rede ich mir dir. Haste nichts, biste weg vom Fenster.

Versuch doch mal als Altenpfleger, der den Omas und Opas den Hintern abwischt, dich auf eine Medizinerparty einzuschleichen. Und sieh, wer sich für dich interessiert. Mit wieviel Visitenkarten du wieder nach Hause gehst. Als jemand, der persönlich am eigenen Leibe aus allernächster Nähe miterleben durfte bzw. musste, was Macht mit Menschen macht; wie sie sich verhalten, wenn sie dann einmal ganz ganz oben angekommen sind, kann ich dem obigen Artikel nur noch eins hinzufügen:

Ein wichtiger Faktor, der nicht übersehen werden darf, ist der des guten alten Standes- bzw. zu neudeutsch Statusdünkels. Basierend auf emotionaler Unreife, fehlender Selbsterfahrung und äußerst selektiver Empathie. Wie gehabt. Auf dem Weg nach oben kann man eben nicht auf alles Rücksicht nehmen. Plus eine deftige Prise Eitelkeit und last but not least die berühmte deutsche Piefke-Mentalität. Quasi als Ersatz für mangelnde innere Reife. Version 2.0 versteht sich. Tiefergelegt und mit leiserem Motor. Der Umwelt zuliebe. Eingebauter Vorfahrt. Nach dem Motto. Komm du erst einmal da hin, wo ich bin. Leiste erstmal was. Dann rede ich mit dir. Vorher nicht.

Das verstörende dabei ist: Es spielt überhaupt keine Rolle, dass du eigentlich aus der gleichen Familie kommst. Den gleichen Namen trägst. Dich entschieden hast, einen anderen Weg zu gehen. Familie spielt im Zweifelsfall keine Rolle. Menschenwürde auch nicht. Das war bei den Nazis auch schon so. Das ist Krebs. Wem die eigenen Kinder letztlich egal sind. Was kümmert den das Volk. Da bist du im Zweifelsfall immer inkompetent mit deinen 2 Cent. Und wenn es sein muss auch entbehrlich. Weil. Nur von oben hat man den Überblick und weiß, wo es langgeht.

MARIE, 30. März 2021, 10:45 UHR

Die Freiheit = die Freiheit von Angst = ist leider kein evolutionäres Geschenk auf Dauer, sondern ein ewiger Kampf, den jeder für sich selbst kämpfen muß >>> wenn er denn WILL >>> jedoch wird dieser Wille durch die "Verlockungen" eines selbstgewählten goldenen Käfigs aus "Sicherheit" massiv torpediert.

Eine gesunde Angst und Vorsicht vor ganz realen Gefahren gehört jedoch zu unserem evolutionären Werkzeugkasten >>> leider gab es reichlich MENSCHEN, welche nicht nur die Natur, sondern auch andere MENSCHEN sich untertan machen WOLLEN >>> genau mit diesem Singsang eines Glasperlenspiels aus einem Elfenbeinturm ... der so lieblich und edel klingt, dass er wie Odysseus uns in die Irre führt.

Es geht um die Aufklärung und den Willen + die KRAFT (der Natur in uns), diese TIEFE !!! der Erkenntnis ins Bewußtsein zu bringen und ihr lebendigen Ausdruck zu verleihen. Prof. Mausfeld hat dies schon viel besser getan – doch es ist wohl DER PROZESS der befreiten Menschwerdung, der noch einen langen Weg vor sich hat und … gegen immer raffinierter werdende Widerstände (aus technologischen und medialen Verwirrwaffen) sich jedem Glorienschein (in welcher Art auch immer) verweigern MUSS … ihn als lächerliches Ornament zurückweisen um die gesamte Lebendigkeit der Welt wieder auf die Füße zu stellen >>> DAFÜR brauchen wir alle unsere Kreativität und Fantasie und Klugheit = eine Unbestechlichkeit und natürliche Würde als Kern in uns selbst.

Danke für diesen tollen Beitrag!!

GERHARD ALFRED, 30. März 2021, 15:55 UHR

Die Ausgrenzung kritischer Stimmen funktioniert schon alleine durch den sakrosankten mathematischen Schlüssel der Pandemathik, dieser beinhaltet als Totschlagargument auch gleich den Wahrheitsbeweis. Deshalb braucht man sich nicht über Meinungen, Fakten und deren Interpretation zu verständigen, solange es unumstößliche Dogmen gibt. In und abseits der Politik gibt es ein gewichtiges anderes Motiv: ein gravierender Mangel an sozialer Kompetenz, Unerfahrenheit an Lebens- oder Geschäftserfahrung, kurz, wie laufen die Dinge in der Praxis?

Der über einjährige Aktionismus in der Pandemie zeigt immer mehr Fehler, Pannen, gravierende Mängel und Unzulänglichkeiten auf, doch von der Politik gibt es nur ein weiter so und immer mehr von demselben. Das staatliche "Drehbuch" hat was von der Anleitung zum Unglücklichsein, wirkt destruktiv, demotivierend und zerstört Millionen solider Existenzen und Milliardenwerte. Wie bei jeder Buchung stellt sich auch hier die Frage: wie sieht die Gegenbuchung aus?

Seit den Finanzkrisen ist der Bundestag, immerhin zweitgrößtes Parlament der Welt nach China, heftig verzwergt. Die Kanzlerin verhandelt lieber mit den Länderchefs, übers Parlament hinweg am liebsten. Bocken die Bundesländer, dann stellt man auch gleich den Föderalismus in Frage, zentralstaatliches durchregieren à la Frankreich, das wär die gewünschte Machtfülle.

Es dürfte klar sein, wir sind längst im Staatskapitalismus angekommen, die bisher und zukünftig aufgewendeten Summen sprechen eine deutlich Sprache. Das tradierte kapitalistische Modell geht in Staatshände über, dort wo die geballte Intelligenz und Wissenschaft liegt. Es gibt eine deutlich sichtbare Schnittmenge von vermehrt autoritären Gehabe, autoritärem Anspruch, Plandemie und Staatslenkung. Ja, wir sind schon lange in der Staatswirtschaft und im Staatskapitalismus angekommen. China lieferte nicht nur die Blaupause für die Pandemie, in China wird auch ein ziemlich erfolgreicher Staatskapitalismus praktiziert. Was aber hat das miteinander zu tun? Alles hängt mit allem zusammen – das war schon damals eine wesentliche Erkenntnis Alexander von Humboldts.

RALF ARNOLD, 31. März 2021, 13:55 UHR

Danke für diesen Beitrag, Herr Schreyer, der eine Brücke schlagen will und kann zu denen, die anderer Meinung sind als wir. Wenn ich mir nun meine Kollegen ansehe, so sind allerdings darunter viele, denen die Möglichkeit des eigenen Irrens nicht mal am fernsten Bewusstseinshorizont dämmert. Da ist viel missionarischer Eifer zu sehen, der alle Corona-Kritiker in die rechte Ecke stellen will und der eine moralische Überlegenheit vorgibt. Angst ist auch zu beobachten, bei den wenigen, die auch kritisch denken, aber lieber nichts laut sagen.

Die Angst vor dem Irrtum wird kommen, aber erst, wenn Zweifel gesät bzw. zugelassen werden. Doch müssen auch "wir" Corona-Kritiker einräumen, dass wir nicht per se frei von dieser Angst sind. Jedes mal, wenn ich mich in einer Diskussion in der Redaktion innerlich errege, ist da auch die Angst dabei, argumentativ den Kürzeren zu ziehen, mich am Ende selbst zu täuschen. Oft gelingt es mir auch, ruhig zu bleiben, und tatsächlich merke ich dann, dass meine Argumente in diesen Fällen am ehesten ankommen. Und ja – die Angst ist die Wurzel jeglichen Ärgers und Angriffs.

JAN, 1. April 2021, 10:25 UHR

Vor einigen Tagen las ich die Zeile, die vor fast 100 Jahren geschrieben wurde: „in einer Zeit nicht zu Hause sein“. Ich fühle mich zunehmend in dieser Zeit nicht zu Hause. Daher möchte ich Herrn Schreyer für diesen Artikel und den Diskussionsteilnehmern für ihre Kommentare danken. Das Lesen und Nachdenken bestärkt mich und gibt mir wieder das Gefühl, zu Hause zu sein.

So unbedarft wie noch vor einem Jahr teile ich solche Gedanken nicht mehr – auch aus meinem Umfeld kamen schon die medial so inflationär gebrauchten Nazivorwürfe. Hinweise auf die einschlägige Literatur zum Verständnis wie die von Herrn Fest erspare ich mir inzwischen.

Herr Piechotta, Ihre Chronologie ist geeignet, abseits von den täglichen Meldungen immer tödlicher (!) agierender, mutierender und um sich greifender Viren, den Blick auf die Realität zu behalten. (Komparativ zu tödlich ist auch eine hübsche Aussage). Bei allen Fehlern, die zu einem Krisenmanagement gehören und wohl von allen Verantwortlichen in der einen oder anderen Form gemacht werden, offenbart für mich das bisherige Impfregime in Verbindung mit den inzwischen zu lesenden Nachrichten im Internet, dass wohl bei den Mutanten natürlich weitere Impfungen folgen müssen, dass hier nicht benannte, gar unsichtbar gehaltene Motive wirken, wie in der Einleitung des Artikels vermutet.

Wenn der Hofvirologe und ein lauterer Gesundheitspolitiker einer ehemaligen Volkspartei hauptsächlich mit dem Faktor Angstinduktion hantieren, dann ist es nur eine Frage der Zeit, wann sich bei den Rezipienten Gewöhnungseffekte bzw. Abkehr und Vertrauensverlust einstellen.

Um das Bild des Staates auf eine Familie zu reduzieren – wenn Mutti und Vati über Monate hinweg hauptsächlich durch Verbote und zunehmend Irrationalitäten handeln, dann „macht das was mit der Familie“. Die Resilienz wird dadurch nicht befördert.

Wir haben es zum Glück nicht mit Pest, Cholera oder Milzbrand zu tun. Ostern steht vor der Tür. Ich wünsche Ihnen und uns allen möglichst erholsame, vielleicht sonnige, auf jeden Fall angstfreie Feiertage.

CHRISTOPH KLEIN, 1. April 2021, 20:55 UHR

Man sollte einen enorm gewichtigen und – latent – enorm gewalttätigen Faktor nicht außer Acht lassen, wenn es um die Frage geht, warum den verantwortlichen Politikern und Medienmachern es so schwer fällt bzw. tatsächlich unmöglich ist einzugestehen, dass sie die Gesellschaft schwerstens geschädigt haben. Dieser Faktor ist die Eingebundenheit in das „westliche“ kapitalistische System und seinen Amoklauf, der derzeit stattfindet. Dieses System hat sich selber unhaltbar gemacht, was bspw. an der ständig neu aufbrechenden Finanzkrise, der ständigen Gefahr des ganz großen Bankrotts deutlich wird. Paul Schreyer hatte darauf vor einigen Monaten unmissverständlich hingewiesen.

Es steht aber nicht nur von innen, sondern auch von der globalen Entwicklung her unter der Drohung kaputtzugehen, bspw. in der Rivalität mit China. Das markanteste Programm seiner Gegenwehr ist der „Great Reset“, das Drehbuch der Coronapolitik.

Mir scheint, dass führende Persönlichkeiten wie A. Merkel nicht nur von der Angst getrieben sind, Fehler einzugestehen, sondern vielleicht mehr noch von einer anderen Art von Angst: dass ihnen das System um die Ohren fliegt, und auch von der Angst, dass Politiker, die nicht eindeutig genug bei der Etablierung des Faschismus mitwirken, das nicht überleben könnten.

MARIE, 2. April 2021, 10:45 UHR

Ich weiß nicht, welche Techniken ein Psycho-Kommunikations-Profi kennt – ich kenne sie nicht –, aber weiß jedoch, um jemanden zu erreichen, muss man ihn dort abholen, wo er gerade steht – also aus meiner Sicht bei seinem Irrglauben (andersherum wäre es genauso). So funktioniert wohl auch das Unterlaufen und Infiltrieren von Personen und Gruppen, in dem man "Vertrauen" aufbaut, was man ja so ganz allgemein als Heuchelei bezeichnen würde – wie gesagt, es sei denn ein professionelles psychologisches Werkzeug. Naja, mit Mathe scheint es auch zu funktionieren.

https://twitter.com/AndreVesely/status/1377568606066782211

MEHMET CELIK, 4. April 2021, 11:55 UHR

Hat nicht viel damit zu tun, aber sollte jeder mal gesehen haben.
LG

https://www.facebook.com/100000371420766/posts/3846807812008228/?d=n

RG, 11. April 2021, 09:40 UHR

Das schöne und halbwahre Motto „Der Andere könnte recht haben“ wird hier durchgehend so verwendet, dass der Andere denken soll, dass der Andere recht hat, dass also insbesondere Ich recht habe. Das entbehrt nicht der Komik.

Joachim Bernhardt ergänzt den wichtigen Gedanken, der Grund des Irrwegs der Oberen ist nicht nur die Angst davor, einen Fehler eingestehen zu müssen, sondern der Dünkel, die "berühmte deutsche Piefke-Mentalität", wie er es nennt. Wenn wir daran anschließend das Motto „Der Andere könnte recht haben“ ernst nehmen, müssten wir überlegen, ob es sein kann, dass der Piefke nicht nur oben ist, sondern auch noch recht hat. Dass sich die Arroganz der Macht mit dem besseren Wissen verbunden hat. Das ist kein angenehmer Gedanke. Lieber denkt man natürlich, sie haben die Macht, aber ich habe den Geist und habe recht.

Ulrich Teusch hat im aktuellen Artikel die berühmte Fromm-Stelle über Hitler wiedergegeben. Das ist wohl die Idee, die uns hier weiterbringen könnte: „Hitler war ein Spieler; er hat mit dem Leben aller Deutschen ebenso wie mit seinem eigenen Leben gespielt. Als das Spiel aus war und er verloren hatte, hatte er nicht allzu viel Grund, es zu bedauern. Er hatte gehabt, was er sich immer gewünscht hatte: Macht und die Befriedigung seines Hasses und seines Zerstörungsdranges. Seine Niederlage konnte ihm diese Befriedigung nicht nehmen. Der Megalomane und Zerstörer hatte in Wirklichkeit nicht verloren. Verloren hatten nur die Millionen von Menschen...“
Ähnliches kann man nicht nur von Hitler, sondern von vielen Mächtigen hören. Göring sagte z.B., es waren zwölf grandiose Jahre, im Sinne von, was will man mehr.

Macht gibt vielen einen Thrill, Macht ist geil, neudeutsch narzisstisch gesagt. Was interessiert es mich, ob ich recht habe. Macht kann ein existentialistischer Taumel werden, indem es ganz egal ist, wer recht hat und auch egal ist, ob der Taumel irgendwann endet. Das war dann MEIN Leben. Toll.

Schärfere Maßnahmen sind in diesem Blickwinkel eine geile Sache, sie demonstrieren meine Macht und verbessern meine Selbstwertbalance. Von daher kann man prognostizieren, dass die Maßnahmen umso schärfer werden, je wackliger der Stuhl des Regenten wird.

Kann es nun sein, dass dieser Andere in seinem Machttaumel recht hat? Wäre das ein volles und ganzes Leben? Das ist seit Max Stirner die entscheidende und bis heute gesellschaftlich nicht zureichend beantwortete Frage. Welches Leben wäre besser als ein möglichst machtvolles, grandioses Leben?

Kommentieren

Zum Kommentieren bitte anmelden.