Aktuelle Empfehlungen

Empfehlungen für das Jahr:
2023 / 1. Halbjahr
2022 / 2. Halbjahr
2022 / 1. Halbjahr
2021 / 2. Halbjahr
2021 / 1. Halbjahr
2020 / 2. Halbjahr
2020 / 1. Halbjahr

Empfehlungen von September 2023

28. September 2023

Zeit: „Es gibt keine Hinweise auf False-Flag-Operationen“ – Auszug: „Die Recherchen der ZEIT, Süddeutscher Zeitung und ARD zu Nord Stream haben in der Ampelkoalition die Diskussion um die Ermittlungen zur Sprengung der Pipeline befeuert. Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner forderte von den deutschen Behörden rasche Aufklärung. ′Die Ermittlungen dürfen nicht beeinflusst werden und müssen uns zur Wahrheit führen, auch wenn sie politisch unbequem ist‵, sagte Stegner ZEIT ONLINE: ′Je länger die Ermittlungen andauern, desto stärker blühen Verschwörungstheorien. Es wird Zeit, dass der Generalbundesanwalt Erkenntnisse präsentiert.‵ (...) Die Ermittlungen sind politisch brisant. (…) Sollten staatliche Stellen in der Ukraine von dem Anschlag auf die Pipeline (...) gewusst haben oder gar daran beteiligt gewesen sein, so könnte dies politische Folgen für das Verhältnis Deutschlands zur Ukraine haben. (…) Stegner betont: ′Die Frage von Waffenlieferungen hat mit den Ermittlungsergebnissen zu Nord Stream nichts zu tun. Wir werden die Ukraine weiter unterstützen.‵ Zugleich gibt er zu bedenken: ′Allerdings könnten die Erkenntnisse Folgen auf dem zweiten Schlachtfeld haben, der öffentlichen Meinung in westlichen Demokratien. Die Unterstützung für die Ukraine könnte dadurch geschwächt werden.‵ Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Johann Wadephul, sieht in den vorliegenden Indizien zum Anschlag ′keine verwertbaren Grundlagen für belastbare Schlussfolgerungen‵ mit Blick auf weitere Waffenlieferungen. Auch er pochte auf die Eigenständigkeit der ermittelnden Behörde.“

NachDenkSeiten: Der Fußball wird multipolar – kein Grund zur Freude, aber auch kein Grund für Moralpredigten – Auszug: „Mit Ronaldo, Neymar und Karim Benzema wechselten nun bereits drei Weltstars des Fußballs in die Wüste Saudi-Arabiens. Zahlreiche – oft sogar jüngere – Topstars aus der ersten Reihe folgten. Und dies ist erst der Anfang. Der saudische Staatsfonds soll bis zum Jahr 2030 die unvorstellbare Summe von 20 Mrd. Euro allein für Transfers zur Verfügung gestellt haben; die astronomischen Gehälter für die Stars sind da noch nicht einmal mit eingerechnet. (…) Wie bei so vielen anderen Dingen haben sich die Kräfteverhältnisse global verschoben. Europa ist nicht mehr der Nabel der Welt und wird dies auch im Fußball womöglich bald auch nicht mehr sein. (…) Europäisch ist am europäischen Spitzenfußball schon lange nichts mehr. Erst waren es milliardenschwere russische Oligarchen und amerikanische Finanzakrobaten, die sich Stück für Stück die Filetstücke des britischen Profifußballs kauften, später entdeckten die Ölscheichs rund um den Persischen Golf und Milliardäre aus Asien, dass Fußballvereine in Europa ein spaßbringenderes Investment als Rennkamele sind. (…) Im letzten Finale der UEFA Champions League siegte so mit Manchester City ein Klub, der sich im Besitz der Herrscherfamilie des arabischen Emirats Abu Dhabi befindet, über Inter Mailand, einem Klub, dessen Besitzer ein chinesischer und ein indonesischer Milliardär sind. Auch wenn in Europa gespielt wird – der ganze Zirkus gehört schon längst Arabern und Asiaten. (…) Das 21. Jahrhundert wird multipolar und asiatisch. Warum sollte das beim Fußball anders sein?“

BR: Landtagswahl – Können unsere Stimmen geklaut werden? Bei der Wahl in Bayern kommt Computertechnik zum Einsatz. Was mit den Wahlstimmen passiert, ist deshalb manchmal nicht leicht nachvollziehbar – Auszug: „Trotzdem setzen fast alle Städte und Gemeinden inzwischen Software ein, um die Ergebnisse, die sie aus den Wahllokalen erhalten haben, weiter nach oben zu berichten. Dabei werden die Kommunen meist von einem Unternehmen betreut, der AKDB (Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern), einem halbstaatlichen Unternehmen, das eine spezielle Wahl-Software anbietet. Das Programm heißt Elect und stammt vom Berliner Unternehmen VoteiT, an dem die AKDB wiederum finanziell beteiligt ist. Elect wird laut AKDB bei der Auszählung in den meisten Gemeinden und Stimmkreisen eingesetzt. Von dieser Software hängt also viel ab. (…) Jemand, der sich mit reinen Beteuerungen nicht zufriedengeben und es genau wissen will, ist Snoopy. Er ist White-Hat-Hacker, also ein Sicherheitsexperte, der seine Dienste anbietet, um bei Unternehmen oder Behörden zu schauen, was schiefgehen könnte und wo die Schlupflöcher in ihren Netzwerken sind. Snoopy spricht bei den Landtagswahlen von einem ‚kybernetischen Nebel‘. Tatsächlich wisse man nach den Wahlämtern bei den Folge-Etappen nicht mehr genau, was mit den Stimmen passiert. Das liegt seiner Ansicht schon daran, dass die Software, die eingesetzt werde, nicht Open Source sei. Der Code ist also geheim und wie die Software wirklich tickt oder ob Fehler einprogrammiert worden, das kann niemand von außen nachvollziehen.“

Evangelische Zeitung: Corona-Impfstoffe: Ärzte und Forscher äußern Bedenken – Auszug: „Der Münchner Immunologe Peter Schleicher betreut in seiner Arztpraxis derzeit 1.000 Patienten. Etwa 30 von ihnen haben ‚Turbokrebs‘, wie er sagt. Das bedeutet: ‚Der Krebs wächst unglaublich schnell‘, berichtete Schleicher dem Evangelischen Pressedienst (epd). So viele ‚Turbokrebspatienten‘ gleichzeitig habe er noch nie gehabt. Laut Schleicher wurde der Krebs bei allen 30 Patienten im ersten Vierteljahr nach ihrer letzten Corona-Impfung diagnostiziert. Er vermutet seit langem, dass mRNA-Impfstoffe das Immunsystem beeinträchtigen können, sodass krankhafte Zellen im Körper nicht mehr effektiv bekämpft werden könnten: ‚Das erklärt nach meiner Ansicht, warum die Tumore in Windeseile wachsen.‘ (…) ‚Bereits im Herbst 2021 hatte ich den Verdacht, dass die Corona-Impfstoffe Turbokrebs hervorrufen können‘, sagte Ute Krüger dem epd. Die Krebsepidemiologin, die sich 2004 am Brustkrebszentrum Oskar-Ziethen-Krankenhaus in Berlin zur Brustkrebspathologin spezialisierte, forscht aktuell an der schwedischen Lund-Universität. Sie habe seit einiger Zeit mit Krebspatienten zu tun, die äußerst merkwürdige Verläufe gezeigt hätten. Die Krebsspezialistin verweist etwa auf eine 70-jährige Frau, die mehrere Jahre mit metastasierendem Brustkrebs lebte: ‚Kurz nach der Impfung gegen Covid-19 explodierte das Tumorwachstum in ihrer Leber.‘ Innerhalb eines Monats sei die Patientin gestorben. Chemie-Professor Andreas Schnepf von der Uni Tübingen hält die Corona-Impfungen ‚für viel gefährlicher als offiziell dargestellt‘, wie er dem epd sagte.“

ZDF: Kanadisches Parlament: SS-Soldat zu Selenskyj-Besuch eingeladen – Auszug: „Parlamentspräsident Anthony Rota sagte, er übernehme die volle Verantwortung. Er habe weder die ukrainische Delegation noch andere Abgeordnete vorab über seinen Plan informiert. Das Büro von Premierminister Justin Trudeau begrüßte die Entschuldigung und versicherte, auch Trudeau habe nichts von Rotas Vorhaben gewusst.“ (Anmerkung Stefan Korinth: Diese Behauptungen sind äußerst zweifelhaft. Einserseits wurden die Teilnehmer an der Veranstaltung im Vorhinein überprüft. Andererseits ist man in Kanada bei Personen aus der dortigen ukrainischen Exil-Gemeinde stets vorgewarnt, denn diese gründet in erheblichen Teilen auf nationalistischen Ukrainern, die nach dem Zweiten Weltkrieg dorthin geflohen sind – z.B. viele der überlebenden Mitglieder der SS-Division Galizien. Trudeaus stellvertretende Premierministerin Chrystia Freeland ist selbst Enkelin des ukrainischen Nazi-Propagandisten Michael Chomiak, was in den vergangenen Jahren in Kanada mehrfach öffentliches Thema war. Auch Selenski musste bei der Vorstellung des Veteranen wissen, um was für eine Art „Freiheitskämpfer“ es sich da handelt. Denn es gab nur faschistische ukrainische Einheiten, die im Zweiten Weltkrieg „gegen die Russen“ gekämpft haben. Alle anderen Ukrainer kämpften auf Seiten der Sowjetunion. Das ist in der Ukraine allgemein bekannt. Man erkennt an dem Vorgang zudem wie irrelevant Selenskis eigene jüdische Identität im Zusammenhang mit ukrainischen Nazis ist. Er hat überhaupt kein Problem damit, einem ehemaligen SS-Mann und potenziellen Mörder seiner Vorfahren zuzujubeln.)

n-tv: Reisners Blick auf die Front: „Putin will die ukrainische Offensive vor dem Winter stoppen“ – Auszug: „Das ISW [US-amerikanische Denkfabrik Institute for the Study of War] betont selbst, dass der Einbruch der Verteidigungslinie selbst noch kein operativer Durchbruch ist und man vor dem Winter auch kein schnelles Vorstoßen der Ukraine mehr erwarten sollte. Heißt das, dass wir uns auf eine lange Offensive einstellen müssen, die mit kleinen Erfolgen bis Ende des Jahres oder Anfang Frühjahr 2024 weitergehen wird? [Markus Reisner:] Es ist das erste Mal, dass das ISW das in dieser Art und Weise darstellt. Sie sprechen zum ersten Mal davon, dass der Durchbruch nicht erreicht worden ist. Die Offensive, die seit dem 4. Juni läuft, hat bis jetzt nicht den gewünschten Erfolg gebracht, nämlich genau diesen Durchbruch, der wie ein Dammbruch funktionieren sollte. In Anbetracht des bald eintretenden Regens ist die ukrainische Offensive praktisch vom Scheitern bedroht. (…) Das tiefgestaffelte russische Verteidigungssystem ist so angelegt, dass sich die ukrainischen Angreifer von Linie zu Linie abnutzen. Es kann also sein, dass die Ukraine jetzt die erste Linie durchbricht, aber dann in der zweiten und dritten Linie hängen bleibt. (…) Hier gibt es genug Beispiele aus der Vergangenheit, zum Beispiel aus dem Zweiten Weltkrieg. Bei der ‚Wiener Operation‘, als die Rote Armee ihren sowjetischen Vorstoß auf Wien startete, ist die deutsche Wehrmacht zuvor bei der Plattenseeoffensive auch in tief gestaffelten Verteidigungslinien abgefangen worden.“

21. September 2023

Welt: Scholz attackiert Putin ungewöhnlich scharf im UN-Sicherheitsrat – Auszug: „Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin in seiner ersten Rede vor dem UN-Sicherheitsrat scharf attackiert. ′Der Grund dafür, dass das Leid in der Ukraine und überall auf der Welt andauert, ist erschütternd einfach: Russlands Präsident will seinen imperialistischen Plan zur Eroberung seines souveränen Nachbarn, der Ukraine, umsetzen“, sagte Scholz am Mittwoch vor dem mächtigsten UN-Gremium in New York. Er forderte Putin auf, der Aufforderung der UN-Vollversammlung nachzukommen, seine Truppen abzuziehen und so den Krieg zu beenden. ′Bis heute wurde sie nicht beantwortet. Nichts tönt heute lauter als Russlands Schweigen als Reaktion auf diesen globalen Friedensappell‵, sagte Scholz. (...) Wie schon am Dienstagabend vor der Vollversammlung stellte sich Scholz zwar hinter Friedensbemühungen, warnte aber auch vor einer Schein-Lösung des Konflikts. ′Frieden ohne Freiheit ist Unterdrückung. Frieden ohne Gerechtigkeit ist ein Diktat‵, sagte er. ′Je entschiedener wir uns für einen gerechten Frieden einsetzen und je geeinter wir in unserer Ablehnung der russischen Aggression zusammenstehen, desto früher wird dieser Krieg beendet sein.‵ Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte zuvor mit schweren Vorwürfen an den Westen auf den Auftritt von Selenskyj reagiert. In der Rhetorik der westlichen Gegner Russlands höre man die Slogans ′Invasion‵, ′Aggression‵, ′Annexion‵ und nicht ein Wort über die Ursachen der Probleme, sagte Lawrow im UN-Sicherheitsrat.“

Eurasia Daily Monitor: Russian Influence Fades in the Multi-Aligned South Caucasus (Russischer Einfluss schwindet im bündnisreichen Südkaukasus) – Auszug (übersetzt): „(...) seit dem Beginn der groß angelegten Invasion ist Moskau in seiner Außenpolitik immer unberechenbarer geworden und hat die Transitrouten, die es jahrzehntelang beherrscht hat, effektiv unterbrochen. Jetzt muss der Kreml mit seinen Nachbarn vorsichtiger umgehen. In den Beziehungen zu Baku beispielsweise war Moskau in letzter Zeit geduldiger, da Aserbaidschan eine Schlüsselposition bei der Unterstützung des russischen Ausbaus des internationalen Nord-Süd-Transportkorridors einnimmt. Die Beziehungen Russlands zu Armenien haben sich infolgedessen erheblich verschlechtert. (...) Selbst in seinen Beziehungen zu Georgien hat Russland eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die die Unterstützung seiner Ziele in der georgischen Bevölkerung beeinträchtigt haben. (…) Die vielleicht folgenreichste Veränderung in der regionalen Dynamik hat sich mit der zunehmenden Wirksamkeit des Engagements anderer externer Mächte vollzogen. Der türkische Einfluss hat durch den Ausbau der Beziehungen zu Baku und Tiflis sichtbar zugenommen. (…) Russlands regionaler Einfluss wurde auch durch die verstärkte Aufmerksamkeit des Irans für den Südkaukasus beeinträchtigt. (…) Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat auch nicht-regionalen Mächten wie China die Tür geöffnet, um die bilateralen Beziehungen in der Region auszubauen. (…) Auch der Westen ist bei den Ländern der Region vorstellig geworden.“

Tablet: Blowing the COVID Cover-up Wide Open – A CIA whistleblower pulls back the curtain on COVID’s origins in the shadowy world of U.S. biodefense programs (Die COVID-Vertuschung wird aufgedeckt – Ein CIA-Whistleblower lüftet den Vorhang über die Ursprünge von COVID in der Schattenwelt der US-amerikanischen Bioabwehrprogramme) – Auszug: „Sicher ist (...), dass eine massive offizielle Vertuschung stattgefunden hat. Es gibt Beweise dafür, dass Anthony Fauci die Öffentlichkeit wissentlich getäuscht hat, dass akademische Wissenschaftler und ehemals angesehene Wissenschaftszeitschriften mit ihm bei dieser Täuschung zusammengearbeitet haben und dass Wissenschaftler, die das Virus im National Center for Medical Intelligence der Defense Intelligence Agency untersuchten, zensiert wurden, als sie zu dem Schluss kamen, dass das Virus höchstwahrscheinlich aus einem Labor stammt. Jetzt scheint es Beweise dafür zu geben, dass auch die CIA daran beteiligt war. Was wir immer noch nicht wissen, ist, was genau vertuscht wurde. China ist kein Verbündeter der USA. Warum also sollte die CIA Beweise dafür vertuschen, dass das Virus möglicherweise aus einem Labor der chinesischen Regierung stammt? Die Antwort könnte damit zu tun haben, dass das berüchtigte Wuhan Institute of Virology von der United States Agency for International Development (USAID) finanziert wurde - was insofern von Bedeutung ist, als die USAID zwar nominell Amerikas Auslandshilfsorganisation ist, aber jahrzehntelange Verbindungen zur CIA hat und in der Vergangenheit als Aushängeschild für den Geheimdienst fungierte.“

Neue Zürcher Zeitung: Die Verachtung der deutschen Elite für das Volk ist eine Realität – Berlin-Kreuzberg sei nicht Deutschland, mit dieser Aussage hat der CDU-Politiker Friedrich Merz eine aufgeregte Debatte angestossen. Die „FAZ“ schreibt von einer „Anstiftung zum Bürgerkrieg“. Kein Grund zur Beunruhigung – Auszug: „Die gegenwärtige deutsche Regierung will gesellschaftliche Veränderungen nicht nur antizipieren, sie treibt sie forsch voran. In vielem ist der Wunsch erkennbar, politische Avantgarde zu sein. Mit der freien Geschlechtswahl, einer quasi grenzenlosen Asyl-Aufnahme-Politik, einer feministischen Aussenpolitik, der Propagierung einer Vielfaltsideologie und rigorosen Heizvorschriften punktet sie vielleicht bei einem progressiven, urbanen Milieu, löst bei vielen Leuten im Land aber auch Ablehnung aus. Zum Idealismus kommt die Volksverachtung, die sich in der deutschen Elite immer wieder artikuliert und die erstaunlicherweise bei vielen Medien akzeptiert ist und sogar Zuspruch findet. 2015 trennte der damalige deutsche Bundespräsident Joachim Gauck Deutschland in zwei Sphären: Er sprach von einem ′hellen Deutschland‵ und von ′Dunkeldeutschland‵, einem Deutschland der Flüchtlingshelfer und der Fremdenfeinde. Vor wenigen Wochen bezeichnete Bundeskanzler Olaf Scholz angebliche oder tatsächliche Friedensaktivisten als ′gefallene Engel, die aus der Hölle kommen‵. In der Corona-Zeit gewannen Slogans wie ′Tyrannei der Ungeimpften‵ breite Akzeptanz. Das ganze Land sei ′in Geiselhaft dieser Menschen‵, sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Diese verbale Herabsetzung von Teilen der Bevölkerung hat ein grosses Zertrümmerungspotenzial, in vielen Fällen übernimmt die AfD die Wähler dankend.“

Frankfurter Allgemeine: Die Vertreibung Chinas aus deutschen Netzen (Bezahlschranke) – Auszug: „Wenn es nach der Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) geht, sollen vom 1. Januar 2026 an keine kritischen Bauteile von chinesischen Zulieferern in deutschen 5-G-Mobilfunknetzen zu finden sein. Im sogenannten Kernnetz von Vodafone, Telefónica und der Deutschen Telekom sollen die Komponenten vollständig verboten werden, dabei geht es nicht nur um Komponenten, die neu eingebaut werden, sondern auch um solche, die schon in den Netzen der Anbieter eingesetzt werden. Darüber hinaus soll im Zugangs- und Transportnetz die ′strukturelle Abhängigkeit von Komponenten der Hersteller Huawei und ZTE‵ bis zum 1. Oktober 2026 reduziert werden (...), nur noch ein Viertel der Teile dürfe dann von den beiden chinesischen Herstellen kommen. Nach dem Plan aus dem Bundesinnenministerium gelten Sonderregeln für Berlin und an Rhein und Ruhr, wo die Anbieter komplett ausgeschlossen werden sollen, um Risiken für Regierungsstellen und die Wirtschaft zu vermeiden. (...) Die drei Netzbetreiber (...) zeigten sich am Mittwoch von den Regierungsplänen nicht begeistert (…). Die Netzbetreiber sorgen sich (...) darum, dass sie im Falle der Untersagung an schon bestehende Infrastruktur heran müssten, hinter vorgehaltener Hand wird von ′durchs Land wandernden Funklöchern‵ gesprochen, die durch eine Technikumstellung entstehen könnten. Von der Telekom heißt es auch öffentlich, dass sich für das Unternehmen nicht erschließe, warum deutschen Mobilfunkkunden vom Bundesinnenministerium ′ohne Not wesentliche Qualitätsverluste zugemutet werden sollen‵.“

RedaktionsNetzwerk Deutschland: Tragödie im Südkaukasus: Europas „Gaspartner“ Aserbaidschan lässt die Panzer rollen – Auszug: „Richtig ist aber auch, dass in Berg-Karabach seit Jahrhunderten christliche Armenier leben, die ein Recht auf Schutz ihres Lebens, ihrer Sprache, ihrer Religion und Kultur haben. Viele hatten auf eine diplomatische Lösung gehofft. Denn das Völkerrecht und auch die Charta der Vereinten Nation räumen dem Selbstbestimmungsrecht der Völker einen hohen Stellenwert ein. (…) Mit einer Friedenstruppe sollte Russland den fragilen Waffenstillstand seitdem schützen – und weitere Vertreibungen von Armeniern verhindern. Doch Russland scheint wenig geneigt, sich wegen des kleinen, wirtschaftlich schwachen Armeniens mit dem rohstoffreichen Aserbaidschan zu überwerfen, hinter dem auch noch die Türkei steht. (…) ‚Aserbaidschan ist für Deutschland und die Europäische Union ein Partner von wachsender Bedeutung‘, so Bundeskanzler Olaf Scholz Mitte März 2023 in Berlin. Das Land habe ‚das Potenzial, einen wichtigen Beitrag zur Diversifizierung der deutschen und europäischen Energieversorgung zu leisten, wenn es um Öl und Gas geht‘. Nach Beginn der militärischen Offensive – Aserbaidschan sprach von einer ‚Antiterroroperation lokalen Charakters zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung‘, was sehr nach Kreml-Sprech klingt – müsste der Westen jetzt konsequenterweise seine wirtschaftlichen Kontakte nach Baku kappen.“ (Anmerkung Stefan Korinth: Der RND-Artikel legt nicht nur beim Thema Gas, sondern ungewollt auch bei anderen Aspekten die westliche Doppelmoral offen. Der Begriff „Antiterroroperation“ ist kein „Kreml-Sprech“, sondern die Bezeichnung der ukrainischen Regierung für ihren militärischen Angriff auf die abtrünnigen Gebiete in der Ostukraine seit April 2014. Der RND-Autor plädiert für den Schutz von Leben, Sprache und Kultur der Armenier in Berg-Karabach und betont die Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts der Völker. In Sachen Donbass und Krim gilt beim RND jedoch das genaue Gegenteil. Das russische militärische Eingreifen in diese Konflikte in der Ukraine ist laut RND falsch. Das russische Nicht-Eingreifen in den Berg-Karabach-Konflikt ist laut RND aber offenbar auch falsch.)

Cicero: Ein kritisches Wort, schon bist du Rechtspopulist. Der Demokratie-Monitor der Uni Hohenheim bescheinigt den Deutschen ein hohes Maß an rechtspopulistischen Einstellungen – Auszug: „Interessant an der Studie ist weniger ihr Ergebnis. Die angebliche Verbreitung rechts- oder linkspopulistischer Ansichten in der Bevölkerung kann man mithilfe entsprechender Fragen beinah nach Belieben hoch- und runterregeln. (…) Spannend an dieser Umfrage ist zunächst die Bewertung. Noch vor wenigen Jahrzehnten und mit Blick auf ein linkes Politmilieu hätte man solche Umfrageergebnisse vermutlich als Ausdruck von politischer Mündigkeit, Systemkritik und demokratischer Reife gefeiert. Dass etwa Konzerne, Lobbyisten und Politik systematisch das Volk betrügen, gehörte damals zum kleinen Einmaleins jedes sich kritisch wähnenden Linken. (…) Als rechtspopulistisch im Sinne der Studie ist also jemand, der den etablierten Medien und insbesondere dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kritisch gegenübersteht (…). Ist es ferner wirklich rechtspopulistisch oder nicht doch eine recht realistische Sicht der Dinge, wenn viele Bürger den Eindruck haben, nicht die von ihnen gewählten Abgeordneten, sondern internationale Organisationen, Stiftungen, Thinktanks und NGOs bestimmten die politischen Agenden? (…) Glaubt man den Zwischentönen der Studie, würden in einer idealen Demokratie Wissenschaftler, Fachleute, Parteien und ‚zivilgesellschaftliche Organisationen‘ einfach ihre Agenda durchziehen – was immer das Wahlvolk davon hält. Oder besser noch: Das Wahlvolk würde dieser Agenda applaudieren. Aber dieses Bild ist eher eine Karikatur von Demokratie. Denn die besteht nicht darin, dass das Volk den Ideen der technokratischen Eliten abnickt, sondern diesen kritisch gegenübersteht.“

American Affairs: Rude Awakening: Germany at War, Again (Böses Erwachen: Deutschland wieder im Krieg) – Auszug (übersetzt): „Deutschlands Zukunft liegt im hoch aufgeladenen Magnetfeld zwischen den USA und China - wo sich auch das Schicksal des in Ungnade gefallenen Russlands als Weltmacht entscheiden wird. Im Gegensatz zu Ländern wie Indien oder Brasilien ist Deutschland durch seine geostrategische Lage an der Ostfront eines US-amerikanisch dominierten transatlantischen Staatensystems definiert. Aus diesem Grund wird es sich schwer tun, inmitten der amerikanisch-chinesischen Bipolarität eine Position zu finden, in der es allein oder in einem Block europäischer Staaten so etwas wie eine Äquidistanz zwischen den beiden Großmächten einer entstehenden neuen Weltordnung herstellen könnte. Offensichtlich hofft die sozialdemokratische Mehrheit der gegenwärtigen deutschen Regierung, ihr Land bei den Vereinigten Staaten einzuschmeicheln, indem sie ihnen hilft, ihren Stellvertreterkrieg mit Russland einzudämmen und einen Dritten Weltkrieg zu vermeiden, indem sie Russland in Schach hält, ohne es zu besiegen oder Frieden mit ihm zu schließen. (Ob die Vereinigten Staaten diese Hilfe letztlich honorieren werden, steht auf einem anderen Blatt.) Im Gegenzug hofft man, dass Deutschland seine wirtschaftlichen Beziehungen zu China teilweise aufrechterhalten darf, solange sie mit den strategischen Bedürfnissen der USA in ihrer Konfrontation mit China vereinbar sind.“ (Wolfgang Streeck)

The Intercept: U.S. Helped Pakistan Get IMF Bailout With Secret Arms Deal for Ukraine, Leaked Documents Reveal (Durch geheime Waffendeals für die Ukraine verhalfen die USA Pakistan zu einem IWF-Rettungspaket, wie durchgesickerte Dokumente enthüllen) – Auszug (übersetzt): „Die Enthüllung gibt einen Einblick in die Art von Manövern hinter den Kulissen zwischen Finanz- und Politikeliten, die nur selten an die Öffentlichkeit gelangen, selbst wenn die Öffentlichkeit den Preis dafür zahlt. (…) Im April 2022 hatte das pakistanische Militär mit Unterstützung der USA ein Misstrauensvotum organisiert, um Premierminister Imran Khan abzusetzen. Vor der Absetzung äußerten Diplomaten des Außenministeriums gegenüber ihren pakistanischen Amtskollegen ihre Verärgerung über die, wie sie es nannten, ‚aggressiv neutrale‘ Haltung Pakistans gegenüber dem Ukraine-Krieg unter Khan. Sie warnten vor schwerwiegenden Folgen, falls Khan an der Macht bliebe, und versprachen, dass im Falle seiner Absetzung ‚alles verziehen‘ werden würde. Seit Khans Sturz hat sich Pakistan als nützlicher Unterstützer der USA und ihrer Verbündeten im Krieg erwiesen, eine Unterstützung, die nun mit einem IWF-Kredit zurückgezahlt wurde. Der Notkredit ermöglichte es der neuen pakistanischen Regierung, eine drohende wirtschaftliche Katastrophe abzuwenden und Wahlen auf unbestimmte Zeit zu verschieben - Zeit, die sie nutzte, um landesweit gegen die Zivilgesellschaft vorzugehen und Khan ins Gefängnis zu stecken.“

18. September 2023

Welt: Die verräterische Telefonnotiz beim Sturz eines Spitzenbeamten – Um ihren missliebigen BSI-Präsidenten aus dem Amt zu entfernen, wählte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Methoden, die jetzt die Justiz beschäftigen. Ein Vermerk sticht dabei hervor. Schönbohm war auch in einer ZDF-Sendung von Jan Böhmermann verspottet worden. (Bezahlschranke) – Auszug: „Unbestritten ist, dass Schönbohm nach der Böhmermann-Sendung bedrängt wurde, seinen Posten freiwillig zu räumen: Am 14. Oktober 2022 telefonierte Faesers Staatssekretär Markus Richter von 19.32 bis 20.07 Uhr mit dem BSI-Präsidenten. In dem gut halbstündigen Gespräch unterbreitete Richter zwei ′Optionen' und beteuerte, nur die Ministerin und einer ihrer Büromitarbeiter seien eingeweiht. Option eins: Schönbohm solle seiner Versetzung zustimmen. Option zwei: Er werde vom Dienst freigestellt und müsse mit umfangreichen Untersuchungen rechnen. So steht es in der ′Telefonnotiz Dr. Markus Richter und Arne Schönbohm‵, die der BSI-Präsident am Tag nach dem Gespräch anfertigte und die Teil der Klageschrift ist. Das Papier liegt WELT AM SONNTAG vor, das Ministerium bestreitet in der Antwort auf die Anfrage seine Echtheit nicht. Das Protokoll, so Winterhoff [Schönbohms Anwalt], zeige, ′dass Arne Schönbohm mit Wissen und Billigung der Ministerin eingeschüchtert werden sollte. Der Staatssekretär hatte ihm ein zermürbend langes Disziplinarverfahren angedroht.‵ Abwegig ist diese Lesart nicht.“

spiked: The Hunter Biden scandal has exposed the death of journalism – The liberal media’s incuriosity about the Biden family’s dodgy dealings is a betrayal of press freedom (Der Hunter-Biden-Skandal hat den Tod des Journalismus offenbart – Die nicht vorhandene Neugierde der liberalen Medien auf die fragwürdigen Geschäfte der Familie Biden ist ein Verrat an der Pressefreiheit) – Auszug (übersetzt): „Der Journalismus hat seit Tag 1 der Präsidentschaft Bidens versagt. Genau genommen schon vorher. Wir sollten nie den Hunter-Laptop-Skandal im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im November 2020 vergessen, als die tapfere New York Post von den die Demokraten unterstützenden Milliardären des Silicon Valley aus ihren Social-Media-Konten geworfen wurde, nachdem sie über die Entdeckung des Laptops berichtet hatte. Wir wissen jetzt, dass das FBI selbst Druck auf Twitter ausgeübt hat, um den Scoop der Post zu unterdrücken, und Facebook gewarnt hat, sich ebenfalls davor zu hüten. Es war ein skandalöser Angriff auf die Pressefreiheit und die Demokratie durch Agenten des Staates, die mit nicht rechenschaftspflichtigen Milliardären unter einer Decke steckten, der an die Vertuschung von Watergate erinnerte. Und was taten die liberalen Medien? Sie haben die Augen zugedrückt. Sie haben es versäumt, der Post irgendeine Art von Solidarität zukommen zu lassen, und sich damit mitschuldig an ihrer Unterdrückung gemacht. Sie haben laut und deutlich signalisiert, dass ihre Priorität darin besteht, die Bidens vor der Kontrolle durch die Medien zu schützen, und sie haben dieses Versprechen eingelöst.“

Neue Zürcher Zeitung: Taiwan-Konflikt: China schickt Rekordzahl von 103 Kampfflugzeugen in die Nähe der Insel aufgrund von US-Besuchen – Seit siebzig Jahren schwelt der Konflikt zwischen China und Taiwan. In den vergangenen Monaten hat sich die Lage jedoch zugespitzt. Kommt es zum Krieg? Und was sind die Hintergründe? (umfangreiches Dossier der NZZ-Redaktion) – Auszug: „Kann Taiwan im Kriegsfall auf die USA zählen? Trotz wiederholten Zusagen von Präsident Biden, Taiwan im Fall eines Angriffs militärisch beizustehen, ist das nicht klar. Die USA verfolgen traditionell eine Politik der strategischen Zweideutigkeit: Sie anerkennen Taiwan nicht als Staat, sagen der Regierung aber militärische Unterstützung zu. (…) Die Unklarheit hinsichtlich der genauen Strategie der USA soll einerseits Peking von einem Angriff abhalten, anderseits Taiwan dazu motivieren, sich um die eigene Verteidigung zu kümmern und Provokationen gegenüber Festlandchina zu unterlassen – vor allem Schritte in Richtung formeller Unabhängigkeit. (…) Die amerikanische Verteidigungspolitik ist darauf ausgerichtet, Taiwan im Kriegsfall Hilfe leisten zu können. Pentagon-Simulationen von verschiedenen Szenarien haben in den letzten Jahren jedoch ergeben, dass die USA bei einem chinesischen Grossangriff über die Strasse von Taiwan mit einer Niederlage rechnen müssten. (…) In Vorbereitung auf einen möglichen Konflikt um Taiwan erwägt auch Japan laut 'Nikkei Asia' die Einrichtung Dutzender Munitions- und Waffendepots auf Inseln vor China. Das militärische Auftreten Chinas in der Region stelle bisher 'die grösste strategische Herausforderung' dar, heisst es in einem kürzlich beschlossenen neuen Sicherheitspapier.“

German Foreign Policy: „Russen nicht willkommen” – Russland-Sanktionen führen zu Exzessen: Russen dürfen teils nicht mehr mit Objekten des Alltagsbedarfs in die EU einreisen; russische Geschäftsleute dürfen auch ohne Fehlverhalten sanktioniert werden. – Auszug: „Bereits am 6. September hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) entschieden, dass Sanktionen gegen russische Geschäftsleute auch dann zulässig sind, wenn sie sich nicht mit konkreten Vorwürfen untermauern lassen. Geklagt hatten russische Unternehmer, die auf die Sanktionsliste der EU gesetzt worden waren; damit ist ihr Vermögen in der EU eingefroren, ihnen ist die Einreise in EU-Mitgliedstaaten untersagt. Die Kläger hatten festgestellt, die EU habe die Maßnahmen gegen sie verhängt, ohne ihnen eine aktive Mitwirkung am Ukraine-Krieg oder anderweitige direkte Unterstützung für die russische Regierung nachzuweisen. Das EuG urteilte nun, ein solcher Nachweis sei zur Verhängung von Sanktionen nicht erforderlich. Es genüge vollauf, ′in Wirtschaftsbereichen tätig‵ zu sein, ′die der Regierung der Russischen Föderation als wichtige Einnahmequelle dienen‵. So könne einer der Kläger ′als einflussreicher Geschäftsmann in der Öl- und Gasindustrie angesehen werden ..., die für die russische Regierung eine wichtige Einnahmequelle darstellt‵. Schon damit sei es zulässig, ihn mit harschen Sanktionen zu belegen. Eine ′ungerechtfertigte, willkürliche und unverhältnismäßige‵ Einschränkung der Grundrechte der Kläger, ′darunter das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und der Kommunikation‵, liege nicht vor.“

ZDF: Verteidigung: Stoltenberg macht Berlin Druck – Nato-Generalsekretär Stoltenberg hat Deutschland aufgefordert, sich an die Vereinbarungen in Sachen Verteidigungsausgaben zu halten. Der Ukraine-Krieg sei lange nicht vorbei. – Auszug: „Der Generalsekretär der Nato, Jens Stoltenberg, hat den Druck auf die Ampel-Koalition verstärkt, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen. ′Im Kalten Krieg, als Konrad Adenauer oder Willy Brandt regierten, lagen die Verteidigungsausgaben bei drei bis vier Prozent der Wirtschaftsleistung‵, sagte Stoltenberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe. In seiner norwegischen Heimat sei es ähnlich gewesen. ′Wir haben das damals geschafft, und wir müssen es heute wieder schaffen.‵ Stoltenberg erinnerte an den Beschluss des Nato-Gipfels in Vilnius, wonach zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Militärausgaben für die Bundeswehr ′das Minimum‵ seien. Er gehe davon aus, dass viele Verbündete dieses Ziel übertreffen dürften. (...) Stoltenberg rechnet nicht mit einem schnellen Ende der Kämpfe in der Ukraine. ′Die meisten Kriege dauern länger, als bei ihrem Ausbruch erwartet wurde. Deswegen müssen wir uns auf einen langen Krieg in der Ukraine vorbereiten.‵ Zwar wünschten sich alle ′einen schnellen Frieden‵, müssten aber gleichzeitig erkennen: Wenn die Ukrainer ′aufhören zu kämpfen, wird ihr Land nicht mehr existieren‵. Erst wenn der russische Staatschef Wladimir Putin und sein Land die Waffen ruhen ließen, werde es Frieden geben. Nach einem Friedensschluss braucht die Ukraine aus Stoltenbergs Sicht Sicherheitsgarantien. Es gebe ′keinen Zweifel, dass die Ukraine am Ende in der Nato sein wird‵.“

ntv: „Sie sind die putinsche Stimme Deutschlands“ (zur ARD-Talk Show "Anne Will") – Auszug: „Wagenknecht spricht sich für ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine bei gleichzeitigen Friedensverhandlungen aus. ′Die furchtbare Situation beenden wir doch nicht, indem wir Waffensysteme liefern wie den Taurus, eine Waffenart, die auch nuklear bestückbar ist.‵ (...) Wagenknecht fürchtet, dass die NATO mit der Lieferung von Marschflugkörpern einen weiteren Schritt in Richtung Kriegspartei gehe und bezweifelt, dass damit ein Ende des Krieges erreicht werden könnte. ′Es ist doch vielmehr so, dass die Ukraine immer mehr ihre Streitkräfte aufreibt. (...) Die Zeit arbeitet nicht für die Ukraine, sondern für Putin‵, sagt sie. Die Politikerin befürchtet: ′Wenn die Ukraine weiterhin so viele Soldaten verliert, dann wird sie nicht nur nach Waffen, sondern auch nach Soldaten rufen. Das wäre eine prekäre Situation für die NATO, denn dann stellt sich die Frage, ob wir zusehen, wie die Ukraine militärisch untergeht, oder ob wir dann wirklich bereit sind, mit Soldaten in diesen Krieg einzugreifen. (...)‵ (...) der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter fordert, so schnell wie möglich die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine zuzusagen. Grundsätzlich kritisiert er: ′Unser Zögern führt dazu, dass viele Menschen sterben, weil bestimmte Waffen wie Panzer, Schützenpanzer und jetzt auch Taurus zu spät kommen. (...)‵ Das Land dürfe nicht zur Blaupause werden für einen möglichen Angriff Chinas auf Taiwan, sagt Kiesewetter. Und weiter: ′Russland muss den Krieg verlieren in der Hinsicht, dass es das Existenzrecht seiner Nachbarn akzeptiert. Und das tut es nicht.‵ Das sieht [Michael] Roth [SPD] genauso (...)"

14. September 2023

Welt: Der Mythos von Russlands Isolation – Viele haben das Treffen von Wladimir Putin mit Kim Jong-un als Zeichen von Russlands Isolation und Schwäche gedeutet. Aber diese Interpretation geht an der Lage auf der Welt vorbei. Nordkorea ist nur ein kleines Teil im Mosaik von Moskaus funktionierenden Allianzen (Bezahlschranke) – Auszug: „Um das globale Putin-Universum zu erkennen, lohnt ein Blick auf das Abstimmungsverhalten in der UN-Generalversammlung bei Russland-Beschlüssen. Besonders die Resolutionen ES 11/3 und ES 11/4 sind aufschlussreich. In ES 11/4 vom Oktober 2022 geht es um die Verurteilung der Scheinreferenden in den von Russland besetzten ukrainischen Gebieten. Nur vier Staaten stimmten zusammen mit Russland dagegen. Diese bilden den härtesten Kern des Unterstützer-Universums von Putins Russland, allesamt sind sie international isolierte Staaten: Belarus, Nicaragua, Syrien und Nordkorea. Eine zweite Gruppe von Staaten kann man identifizieren, wenn man die Ergebnisse der Resolution ES 11/3 vom April 2022 betrachtet, in der es um den Ausschluss Russlands aus dem UN-Menschenrechtsrat geht: Hier wächst die Zahl der Staaten, die mit Russland stimmen, schon auf 24. Darunter sind (...) auch die nominellen Demokratien Indien und Südafrika. (…) Eine nächste Gruppe von Staaten stimmte bei ES 11/4 zu den Scheinreferenden mit dem Westen gegen Russland – aber enthielt sich bei der weniger brisanten Resolution ES 11/3 zum Menschenrechtsrats-Ausschluss. (…) Und schließlich (...): Die Staaten, die bei beiden UN-Abstimmungen gegen Russland gestimmt haben – also so wie Deutschland positioniert sind – sind in der Minderheit: Es sind nur 93 Länder – 48 Prozent aller UN-Staaten.“

Welt: „Deutschland mit Rumänien führend bei Kindern, die die Schule nicht schaffen“ (Interview mit dem Soziologen Hans Bertram; Bezahlschranke) – Auszug: „[Bertram:] Wenn wir über den Fachkräftemangel sprechen, wird vollkommen ignoriert, dass nach der Bevölkerungsprognose der Eurostat bei einer weiterhin offenen Migrationspolitik bis 2030 noch einmal eine Million mehr Kinder unter 15 Jahren in Deutschland leben werden. Das ist der Elefant im Raum, den keiner sieht. Bei fast allen anderen Ländern sinkt die Zahl der Kinder und Jugendlichen, bei uns steigt sie. Die potenziellen Facharbeiter sind also alle schon da. Zwei Drittel von ihnen kommen übrigens aus Europa, nicht aus Syrien und Afghanistan. In meiner Jugend hat man in ähnlicher Situation begriffen, dass wir den Bildungsbereich massiv ausbauen müssen und in die Kinder und Jugendlichen investieren müssen, um keine Talente zu vergeuden. Das war die offizielle Agenda. Wo sehen wir das jetzt? [WELT:] Das zentrale Versprechen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen lautet, die Schwächsten in den Mittelpunkt zu stellen und kein Kind zurückzulassen. Kann Deutschland dieses Versprechen einlösen? [Bertram:] Nein. Deutschland ist mit Rumänien führend, was die Kinder angeht, die die Schule nicht schaffen. Wir haben viel Geld in die Hand genommen, um bei den weiterführenden Systemen neue Wege zu öffnen, wir haben aber die Grundschule vergessen. In einer diversen Gesellschaft mit Kindern aus unterschiedlichen Kulturen hätten wir viel früher darüber nachdenken müssen, wie Kindergarten und Grundschule so organisiert werden, dass die Talente so gefördert werden, dass wir mit den anderen Ländern mithalten können.“

Bayerischer Rundfunk: Fetter, protziger, teurer: Autotrend killt Kleinwagen – Auszug: „Die internationale Automobilausstellung IAA in München zeigt die neuesten Auto-Trends. Kleine, billige Autos (...) sind hier eher kein Thema. Im Gegenteil: teuer und protzig kommt an beim Publikum. Schrumpft das Angebot, weil die Automobilindustrie zu wenig am Kleinwagen verdient? Das will Kontrovers-Reporter Ulrich Hagmann von der Präsidentin des Verbandes der deutschen Automobilindustrie (VDA) Hildegard Müller wissen. Dass kleine Fahrzeuge enge Margen haben, bestätigt sie und begründet, warum die Fahrzeuge teurer werden: ′Die Autohersteller bieten schon in diesem Segment auch Autos an, und sie forschen auch in diesem Segment. Aber diese Antriebswende erfordert auch ungeheuer hohe Investitionen. Das muss sich auch amortisieren.‵ Hinzu komme, dass die Produktion in Deutschland teuer sei, wegen hoher Energie- und Lohnkosten. Auch das schlage auf die Preise durch. Hinzu kommt, laut der Präsidentin des VDA, dass die Automobilbranche ihre großen Umsätze und Gewinne im Wesentlichen nicht in Deutschland mache, sondern auf wachsenden Auslandsmärkten. Eine Entwicklung, die Professor Lutz Fügener von der Hochschule Hof nur bestätigen kann. (...) Weil sich die Produktion für den deutschen Markt laut dem Wissenschaftler nicht mehr für Autohersteller lohnt, sind wir von Trends anderer Märkte abhängig: ′Wir müssen das nehmen, was momentan in China oder in den USA angesagt ist.‵ Und dort geht der Trend zu größeren Autos.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung: Ein ehemaliger Secret-Service-Agent erinnert sich 60 Jahre nach dem Kennedy-Attentat – und korrigiert seine Aussage: Neues zum berühmtesten Verbrechen des 20. Jahrhunderts. (Bezahlschranke) – Auszug: „Das Buch ′The Final Witness‵ des ehemaligen Secret-Service-Agenten Paul Landis (...) wird am 10. Oktober in den USA herauskommen (…). Paul Landis (...), 88 Jahre alt, hat der ′New York Times‵ vorab exklusiv erzählt, was er fast sechzig Jahre verschwiegen hat: dass er, einer der Sicherheitsagenten der Kavalkade und im Augenblick der Schüsse nur wenige Armlängen von Kennedy entfernt, eine der Kugeln, die auf den Präsidenten abgefeuert wurden, aus den Lederpolstern der Limousine geklaubt, eingesteckt und erst im Krankenhaus auf die Trage des toten Kennedy gelegt habe. Von dort soll sie in der Hektik auf die Trage des ebenfalls getroffenen texanischen Gouverneurs John B. Connally Jr. gerollt sein – hier sollen wir uns kollidierende Tragen vorstellen, so wie Schiffe auf hoher See –, sodass daraus eine ziemlich wilde Theorie über den Weg einer einzigen ′magic bullet‵ durch zwei Männer und mindestens vier Körperteile hindurch entstehen konnte. Der entscheidende Punkt aber, so Landis, sei dieser: Er glaube nicht mehr an die Theorie vom einsamen Killer Lee Harvey Oswald. Er, Landis, glaube jetzt, es müsse an jenem sonnigen Tag in Dallas mehrere Todesschützen gegeben haben.“ (Anmerkung Ulrich Teusch: Der FAZ-Feuilletonist Paul Ingendaay diskreditiert das Buch, ohne es gelesen zu haben. Er ist nicht einmal bereit, die von der „New York Times“ verbreiteten Informationen an sein deutsches Publikum weiterzugeben; siehe die folgende Empfehlung.)

New York Times: J.F.K. Assassination Witness Breaks His Silence and Raises New Questions (Zeuge des JFK-Attentats bricht sein Schweigen und wirft neue Fragen auf) (Bezahlschranke) – Auszug (übersetzt): „Jetzt, 60 Jahre später, erzählt Paul Landis, einer der Secret-Service-Agenten, die an jenem schicksalhaften Tag in Dallas nur wenige Meter von Präsident John F. Kennedy entfernt waren, zum ersten Mal seine Geschichte in voller Länge. Und in mindestens einem wichtigen Punkt unterscheidet sich sein Bericht von der offiziellen Version, was das Verständnis der Ereignisse am Dealey Plaza verändern könnte. (…) Die Warren-Kommission kam zu dem Schluss, dass eine der Kugeln, die an diesem Tag abgefeuert wurden, den Präsidenten von hinten traf, vorne aus seinem Hals austrat und dann Mr. Connally traf, wobei es ihm irgendwie gelang, seinen Rücken, seine Brust, sein Handgelenk und seinen Oberschenkel zu verletzen. Es schien unglaublich, dass eine einzige Kugel all dies bewirken konnte, weshalb Skeptiker diese Theorie als ′magische Kugel‵ bezeichneten. (…) Beim ersten Schuss drehte sich Mr. Landis um und schaute über seine rechte Schulter in die Richtung des Geräuschs, konnte aber nichts entdecken. Dann wandte er sich der Limousine zu und sah, wie Kennedy seine Arme hob, offensichtlich getroffen. Plötzlich bemerkte Mr. Landis, dass Mr. Hill [ein weiterer Secret-Service-Agent] aus dem Verfolgerfahrzeug gesprungen war und auf die Limousine zueilte. Mr. Landis überlegte, ob er das Gleiche tun sollte, aber er hatte keine Chance. Er sagte, er habe einen zweiten Schuss gehört, der lauter klang, und schließlich den tödlichen dritten Schuss, der Kennedy in den Kopf traf.“

Health Justice Initiative: Manufacturing and Supply Agreement between Pfizer Laboratories Propritary Limited an the Government of the Republic of South Africa acting through the National Department of Health of South Africa („NDOH“) (Herstellungs- und Liefervereinbarung zwischen Pfizer Laboratories Propritary Limited und der Regierung der Republik Südafrika, handelnd durch das National Department of Health of South Africa („NDOH")) – Auszug (übersetzt): „Sofern nicht ausdrücklich in dieser Vereinbarung festgelegt, werden alle Bedingungen, Garantien oder sonstigen Bestimmungen, die zwischen den Vertragspartnern gelten oder in dieser Vereinbarung impliziert oder enthalten sind (sei es durch Gesetz, Gewohnheitsrecht oder anderweitig), hiermit im größtmöglichen gesetzlich zulässigen Umfang ausgeschlossen. (…) Der Käufer erkennt ferner an, dass die langfristigen Auswirkungen und die Wirksamkeit des Impfstoffs derzeit nicht bekannt sind und dass es nachteilige Auswirkungen des Impfstoffs geben kann, die derzeit nicht bekannt sind.“ (Anmerkung: Der südafrikanischen Health Justice Initiative (HJI) ist es gelungen, eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken, die zur Veröffentlichung der Lieferverträge zwischen verschiedenen Pharmaunternehmen und der südafrikanischen Regierung geführt hat. Obiger Auszug stammt aus dem Vertrag mit Pfizer vom 30. März 2021, den die HJI zum Download auf ihrer Webseite zur Verfügung stellt. Es ist davon auszugehen, dass die bisher geheim gehaltenen oder an wichtigen Stellen geschwärzt veröffentlichten Verträge der deutschen Bundesregierung und der EU-Kommission mit den Impfstoff-Herstellern ähnliche Klauseln enthalten.)

Telepolis: Das Versagen der mächtigen Staaten beim G20-Gipfel – Kanzler Scholz spricht von „großem Erfolg“. Doch tatsächlich stellt das Treffen eine Bankrotterklärung dar. Was das für den Ukraine-Krieg, nukleare Gefahren und die globalen Krisen bedeutet. – Auszug: „(...) angesichts der großen weltweiten Krisen hat das internationale Forum nicht viel zu bieten und versagt letztlich vor der Beantwortung der drängenden globalen Fragen. Und das liegt vor allem, wenn auch nicht ausschließlich an den G7-Staaten unter US-Führung. Nehmen wir das mediale Top-Thema Ukraine-Krieg. Nach der Kompromissformulierung zum Krieg reklamieren sowohl Russland als auch der Westen einen diplomatischen Sieg. (…) Es stimmt, anders wie beim letzten G20-Gipfel in Bali vor einem Jahr, wird Russland nicht mehr wegen seines Angriffskriegs explizit verurteilt. Manche mögen darin eine Haltungsänderung der USA und ihrer westlichen Nato-Verbündeten sehen. Aber die abgeschwächte Formulierung hat doch mehr mit der Dynamik der Gruppe, Gesichtswahrung und dem Wunsch des Westens zu tun, die rhetorischen Wellen abzuflachen, die durch einen offenen Streit über die Ukraine mit den Brics-Ländern aufgeschaukelt worden wären. In der Realität ist keine Kursänderung zu erkennen. (…) Auch bei anderen wichtigen Punkten wie der Welternährung, dem Getreideabkommen mit Russland, der finanziellen Unterstützung von Entwicklungsländern wurden wieder einmal keine konkreten Schritte vereinbart oder irgendwelche Aufbruchssignale ausgesendet.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung: Biden setzt in Vietnam Akzente gegen China – Der US-Präsident wertet die bilateralen Beziehungen zu Vietnam auf – auch um Chinas Einfluss in der Region zu begrenzen. Auf der Pressekonferenz in Hanoi sind ihm die Strapazen seiner Asienreise anzumerken. – Auszug: „Auf der Konferenz wies Biden die Einschätzung zurück, Washington wolle China ′eindämmen‵. Es werde zu sehr in den Begrifflichkeiten des Kalten Kriegs gedacht, sagte Biden. ′Darum geht es nicht. Es geht darum, wirtschaftliches Wachstum und Stabilität in allen Teilen der Welt zu schaffen. Und das ist, was wir versuchen zu tun‵, so der Präsident. Er verwies auf den Ausbau zahlreicher Partnerschaften im Indopazifik, wie mit Japan und Südkorea, den ASEAN-Staaten, dem Südpazifik, den Philippinen, Australien und Indien. Biden äußerte sich auch zu den Einigungen, die beim G-20-Gipfel in Neu Delhi erreicht worden waren, sowie zu dem großen Infrastrukturprojekt, das die USA, Indien, die EU, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien am Rand des Treffens verkündet hatten. Dieser ′historische Wirtschaftskorridor‵ im Nahen Osten, von dem Biden in Neu Delhi gesprochen hatte, ist ein Gegenentwurf zu Chinas ′Neuer Seidenstraße‵. Politische Beobachter äußerten die Erwartung, dass die Ankündigung die Spannungen zwischen den USA und China erhöhen könnte. Manche sehen in der Ankündigung einen möglichen Grund dafür, dass Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping seine Teilnahme an dem Gipfel in Neu Delhi abgesagt hatte.“

Globalbridge: Krieg ohne Krieger – oder: Das phantomhafte Töten und Sterben an der Front – Auszug: „Seit Kriegsbeginn hämmern uns die westlichen Leitmedien unisono im Dauerstaccato ein, dass (nahezu) alle ukrainischen Soldaten gut und (nahezu) alle russischen abgrundtief böse, wenn nicht teuflisch seien. (In Russland ist es selbstverständlich umgekehrt.) Dass es sich zumindest bei den regulären russischen Soldaten um Männer handelt, die in ihrer überwiegenden Mehrzahl in diesen Krieg, der nicht ihrer ist, von ihrer Obrigkeit hineingezwungen werden und dass auch die ukrainischen Männer im mittlerweile auf 60 Jahre hochgesetzten wehrpflichtigen Alter aufgrund der verhängten Ausreisesperre so gut wie keine Möglichkeit haben, sich dem Kriegsdienst zu entziehen (...), dass wir es also auf beiden Seiten überwiegend mit zwangsverpflichteten Männern zu tun haben, das mag hier in seltenen Fällen mental vielleicht noch präsent sein, emotional ist es längst inexistent. Und das soll es ja auch sein! Diese Soldaten kämpfen tagtäglich. (Genauer: Sie müssen das!) (...) Sie zerstören, sie verletzen, sie töten. Und sie werden verletzt und getötet. Von all diesen direkten Kampfhandlungen bekommen wir, die ,mündige Bürger‘ genannten Medienkonsumenten im Westen, aber auch in der Ukraine und in Russland so gut wie nichts mit. (…) Die Kämpfer (...), ob Russen oder Ukrainer – und vor allem die Toten und Verletzten unter ihnen – bleiben auf gespenstische Weise unsichtbar. Ominöse Sprachfloskeln wie die mittlerweile hüben wie drüben eingebürgerte vom berüchtigten 'Bachmuter Fleischwolf' eröffnen zwar einen grauenerregenden Phantasieraum, sehen tun wir jedoch – vorausgesetzt, wir verlassen uns auf die westlichen, ukrainischen oder russischen Leitmedien – so gut wie nichts! Keine Soldatenleichen, kein verzweifelt nach seiner Mutter wimmernder Kämpfer, dem die Gedärme aus dem Leibe hängen, kein Leichengestank quillt uns aus Drohnenbildern der Bachmuter Ruinen entgegen und auch die zahllosen Amputierten und anderen Kriegsversehrten – das ′Wall Street Journal‵ berichtete am 1. August diesen Jahres, ′zwischen 20.000 und 50.000 Ukrainer‵ hätten seit Kriegsbeginn ′ein oder mehrere Gliedmaßen verloren‵ – werden wir erst viel, viel später zu Gesicht bekommen. Eine ′feindübergreifende Allparteienkoalition‵ der Verteidigungsminister, Regierungssprecher und Medien verschont uns mit allem gnädiglich.“

tagesschau: "Wie viele Reserven hat die Ukraine noch?" Die Ukraine werde die nächsten Verteidigungsstellungen durchbrechen, meint Militärexperte Nico Lange. Doch ob sie dann strategisch Gebiet einnehmen und die russische Versorgung durchtrennen kann, hänge von den verbliebenen Reserven ab. – Auszug: „[NDR:] Wir wissen nicht, wie viele ukrainische Soldaten bereits verwundet wurden oder gefallen sind. Der Militäranalyst Franz-Stefan Gady macht sich Sorgen um die Zahl der noch verbliebenen ukrainischen Soldaten. Teilen Sie diese Sorge? [Lange:] Die Sorge ist berechtigt. Die Ukraine hält zwar geheim, welche Reserven sie noch hat, aber für die Nutzung eines möglichen Durchbruchs und das Vorstoßen in die Tiefe ist das der entscheidende Faktor. Man weiß, dass insbesondere der Beginn von Offensiven in einem offenen Gelände, wo man kilometerweit sehen kann – gegen einen Gegner, der stark ist bei Artillerie und Luftüberlegenheit hat – extrem verlustreich ist, weil man gezwungen ist, wie auf dem Präsentierteller anzugreifen. Die Ukraine ist sehr gut darin – viel besser als Russland –, ihren Soldaten das Leben zu retten. Aber gerade bei dieser Offensive in diesen Minenfeldern ist es so, dass die Soldaten zwar gerettet werden können, aber dass sie häufig leider Gliedmaßen verlieren, dass sie starke Verbrennungen oder ähnliche Verletzungen haben. Und viele sind auch sehr stark traumatisiert. Sie können nicht aufs Schlachtfeld zurückkehren. Die Ukraine wird deshalb auch eine weitere Mobilmachung brauchen, die ja auch schon angelaufen ist.“

Nordkurier: Ampelkoalition verweigert Gespräch mit Rügens LNG–Gegnern – Auszug: „Das Programm ist üppig: Wenn eine Delegation des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags am nächsten Dienstag auf Rügen aufschlägt, stehen beim ganztätigen Besuch etliche Gesprächspartner bereit, um den Politikern aus Berlin das umstrittene LNG–Thema direkt vor Ort zu erklären. Vertreter der Deutschen Regas und von Gascade als Betreiber des Terminals und der Pipeline, Mitglieder des Tourismusverbandes und der Geschäftsführung des Hafens Mukran, der Bürgermeister der Stadt Sassnitz und auch Heiko Miraß als Vorpommern–Beauftragter der MV–Landesregierung werden den Männern und Frauen aus der Bundeshauptstadt Auskunft geben. Fehlen werden im Reigen der Gesprächspartner aber Vertreter der Bürgerinitiativen und der Ostseebadgemeinde Binz, die seit Monaten gegen das LNG–Projekt protestieren und mittlerweile auch rechtlich gegen das geplante Flüssiggas–Terminal vorgehen. Simone Borchardt, CDU–Bundestagsabgeordnete aus Mecklenburg–Vorpommern und Mitglied des Petitionsausschusses, schüttelt verständnislos den Kopf. ′Es geht gar nicht, dass die SPD mit ihrem Delegationsleiter Bengt Berg alle Forderungen der CDU, auch mit Gegnern des Terminals zu sprechen, einfach vom Tisch wischt‵, betont Borchardt. Es könne nicht Anspruch von Bundestagsabgeordneten sein, bei einem Besuch und einem so umstrittenen Thema den Protest auf Rügen zu ignorieren und ihn auszugrenzen. Immer wieder werde in Sonntagsreden gesagt, dass man vor Ort um Akzeptanz bei den Bürgern werben wolle – doch genau dies werde jetzt mit Füßen getreten. ′Das schadet der Demokratie‵, befürchtet Borchardt. Ähnlich sieht es ihre Ausschusskollegin Ina Latendorf. Die Bundestagsabgeordnete der Linken, ebenfalls aus MV, wollte u.a. den Tourismusdirektor von Binz und das Bergamt Stralsund als Genehmigungsbehörde dabei haben. Deren Einladungen seien aber ′auf ausdrücklichen Wunsch des Delegationsleiters von der SPD zurückgewiesen‵ worden. Und das ′mit zum Teil abstrusen Begründungen‵, so Latendorf weiter. Etwa, weil das Sassnitzer Rathaus zu klein für einen weiteren Teilnehmer sei. ′Damit ist von vornherein klar, dass es nicht um Erkenntnisgewinn in der Sache, sondern lediglich um eine PR–Maßnahme für das Vorhaben der Bundesregierung geht. Eine solch schamlose Instrumentalisierung des Ausschusses habe ich bisher noch nicht erlebt‵, urteilt sie.“

NZZ: Die deutsche Innenministerin bediente sich offenbar des Geheimdienstes, um einem Spitzenbeamten etwas anzuhängen – Auszug: „Die Sozialdemokratin Nancy Faeser gerät unter Druck. Im Oktober schasste sie den BSI-Chef Arne Schönbohm, ohne dass gegen ihn etwas vorlag. Dann soll sie mit rechtswidrigen Mitteln versucht haben, belastendes Material aufzutreiben. (…) Faeser hatte im Oktober 2022 nach der Ausstrahlung einer Folge der Sendung ‚ZDF Magazin Royale‘ des Komikers Jan Böhmermann ihren Spitzenbeamten Arne Schönbohm zunächst kaltgestellt und dann geschasst. (…) In der Sendung waren Schönbohm dubiose Russlandkontakte nachgesagt worden. Schönbohm leitete damals das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), eine der wichtigsten Sicherheitsbehörden. (…) [Er] war womöglich auch politisch unliebsam, da er Positionen vertritt, die nicht mit denen der Ministerin vereinbar sind, beispielsweise hinsichtlich des Umgangs mit Sicherheitslücken. Schützt man die Bürger etwa vor Sicherheitslücken in den Betriebssystemen ihrer Mobiltelefone, indem man die Hersteller darüber informiert, so schwächt man die Möglichkeiten staatlicher Stellen, die Bürger unter Nutzung ebendieser Sicherheitslücken zu beobachten. Das hat Faeser aber vor, zum Beispiel bei der Chat-Kontrolle. Schönbohm wollte diese Lücken schliessen. Der Beamte beantragte ein Disziplinarverfahren gegen sich, um den Dienstherrn zu zwingen, stichhaltige Gründe für die Kaltstellung vorzubringen. Dem Innenministerium gelang das nicht. Drei Monate dauerte die Vorermittlung, es wurde nichts gefunden. (…) Durch den hochproblematischen Schritt, offenbar den Inlandsgeheimdienst einzusetzen, gerät Faeser nun unter Druck. ‚Das wäre ein Missbrauch des Bundesamts für Verfassungsschutz zu politischen Zwecken‘, sagt einer von Faesers Behördenmitarbeitern. ‚So was hatten wir schon einmal. Das ist rechtswidrig.‘“

Nachdenkseiten: Köln und seine Städtepartnerschaften – Nichts aus der Geschichte gelernt – Auszug: „Seit Oktober letzten Jahres hat Köln eine Projektpartnerschaft mit der ukrainischen Stadt Dnipro. Das ist insofern erstaunlich, da Dnipro seit acht Jahren mit eiserner Hand von einem rechtsgerichteten Oligarchen namens Boris Filatow als Bürgermeister regiert wird. (...) Zeitgleich fror Köln seine seit 1988 laufende Städtepartnerschaft mit dem russischen Wolgograd, ehemals Stalingrad, ein. (...) In Deutschland würde man wohl sagen, Filatow habe ein Problem mit der Abgrenzung zum rechten Rand. Aber das wäre gehörig untertrieben, bewies eben jener Filatow doch immer wieder eine ausgesprochene Nähe zu Rechtsextremisten. So ließ er 2019 – als rechtsextreme Kräfte das ‚Bandera-Jahr‘ ausriefen – vor dem Gebäude der regionalen Staatsverwaltung die rot-schwarzen Flaggen der Bandera-Organisation hissen. Am 1. Januar 2020, dem 111. Geburtstag Banderas, fand – mit Filatows Genehmigung – in der Innenstadt von Dnipro ein großer Fackelmarsch zu Ehren Banderas statt, auf dem ebenfalls rot-schwarze Flaggen gehisst wurden. Filatow macht auch gar keinen Hehl daraus, dass er selbst glühender Anhänger Banderas ist. Dass Kölns parteilose, von den Grünen und der CDU unterstützte Oberbürgermeisterin Henriette Reker diesen Mann empfing, ihn ins Gästebuch der Stadt Köln schreiben ließ und mit ihm gemeinsam eine Projektpartnerschaft der Städte Köln und Dnipro verkündete, ist ein Skandal; ein Skandal, über den in der sonst so geschwätzigen Kölner Lokalpresse jedoch nicht geschrieben wird. (…) Der Beschluss wurde vom Rat der Stadt Köln übrigens einstimmig gefasst. Offenbar hat man in Köln kein Problem mit Rechtsextremisten, solange sie auf der ‚richtigen Seite‘ stehen.“

5. September 2023

Welt: Milliardenbetrug mit Covid-Tests? „Wir sind nicht zuständig“ – Auszug: „[Die Firma public:health GmbH des Unternehmers Thorben Hasberg] hat Einblick in die digitale Infrastruktur der Metadaten der Corona-Warn-App, an die die Teststationen angeschlossen sind. Dabei fielen Hasberg groteske Widersprüche auf: ‚Manche Stationen hatten unter 50.000 gemeldeten Coronatests nur drei Positive ausgewiesen, während eine Station ganz in der Nähe auf eine Quote von 700 Positiven bei 10.000 Tests kam.‘ (…) Hasberg schaute noch einmal genauer hin und wurde schnell fündig: Von den Testzentren in seiner Datenbank waren 25 bis 30 Prozent ebenfalls auffällig. Typische Merkmale: Große Testzentren, die an Tagen bei hoher Inzidenz keinen einzigen positiven Test gemeldet hatten. Oder solche, die um 22 Uhr plötzlich hunderte Ergebnisse auf einmal meldeten. (…) Zuständig für Abrechnung und Prüfung der Tests sind eigentlich die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV). Diesen Auftrag ließen sie sich vergüten. Bis heute strichen sie 2,5 Prozent der Abrechnungssumme – insgesamt 420 Millionen Euro – als ‚Verwaltungskostenersatz‘ ein. Eingetrieben haben die KV bei Falschabrechnungen bisher nur 17,6 Millionen Euro – ein Bruchteil der insgesamt 17,6 Milliarden Euro, die der Bund bisher für die Bürgertests überwiesen hat. (…) Derzeit laufen bundesweit 4766 Verfahren gegen Testcenter-Betreiber, bei denen es um 295 Millionen Euro an ‚vorläufig ausgesetzten Auszahlungen‘ geht. Es könnten deutlich mehr sein, ist Hasberg überzeugt, würden die Behörden seine Daten benutzen. Doch dazu bleibt nicht mehr viel Zeit. Das Gesetz verpflichtet Testcenter-Betreiber, die Unterlagen bis März 2024 vorzuhalten. Bis dahin habe der Bund leichtes Spiel, einige Milliarden Euro zurückzuholen, erklärt Hasberg. Nach seiner Hochrechnung habe fast jeder dritte Anbieter falsch abgerechnet.“ (Bezahlschranke)

Welt: Kritischer Richter bestraft – Dieses brisante Corona-Urteil gehört aufgehoben (Kommentar der Rechtsprofessorinnen Elisa Hoven und Frauke Rostalski) – Auszug: „Verurteilungen von Richtern wegen Rechtsbeugung sind selten. Doch nun wurde ein Richter schuldig gesprochen, weil er die Maskenpflicht in Schulen kippte. Begründung: Als Corona-Maßnahmenkritiker sei er befangen gewesen. Eine politisch heikle Argumentation, die juristisch kaum haltbar ist. (…) Für Christian D. hat das Urteil gravierende Folgen. Dass die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde, erspart ihm zwar die Haft, nicht aber die besonders weitreichenden Konsequenzen seiner Verurteilung: Seine Anstellung einschließlich der Pensionsansprüche sind verloren (…) Seine Motivation folgte dem gesetzlichen Leitbild des für das Kindeswohl zuständigen Richters. Das räumt letztlich auch das Landgericht Erfurt ein, wenn es recht hilflos formuliert, dass es nicht wisse, ob es eine Rechtsbeugung auch bejaht hätte, wenn der Angeklagte ‚den mutigen Weg gegangen wäre, ein Verfahren von Amts wegen eingeleitet hätte und dann so entschieden hätte – quasi mit offenem Visier.‘ Das ist so nicht haltbar. Entweder ist ein Richter befangen und darf nicht entscheiden, oder er ist es nicht. Eine ‚Verschleierung' durch das Ansprechen möglicher Antragsteller – für die es Gründe geben kann, zum Beispiel den, keiner Familie gegen ihren Willen ein Verfahren aufdrängen zu wollen – ist als solche nicht verboten. Das Urteil des Landgerichts Erfurt ist nicht rechtskräftig, der Bundesgerichtshof wird sich mit dem Fall beschäftigen müssen. Wir gehen davon aus, dass die Entscheidung aus Thüringen aufgehoben wird: Eine Rechtsbeugung begeht ein Familienrichter, der nach seiner Vorstellung von einem notwendigen Schutz des Kindeswohls eine rechtlich vertretbare Entscheidung trifft, nicht.“ (Bezahlschranke)

Overton Magazin: Ukraine auf der Suche nach Soldaten – Auszug: „Auf Selenskijs Anordnung wurden alle Leiter der Rekrutierungszentren entlassen, weil dort viel Geld verdient wurde, Männer nicht einzuziehen. Ärzte haben massenweise profitiert, Wehrpflichtigen Untauglichkeit zu attestieren. Viele Wehrpflichtige, die das dafür erforderliche Geld für gefälschte Dokumente oder Fluchthelfer aufbringen konnten, sind außer Landes gegangen. Schon seit geraumer Zeit werden Wehrpflichtige auf Straßen oder in öffentlichen Räumen von Rekrutierungsteams gejagt und teils mit Gewalt eingefangen, um kurz ausgebildet und gleich an die Front geschickt zu werden. Mitunter sollen sie sie auch in Häuser eindringen. Zehntausende haben sich in Universitäten eingeschrieben, was natürlich auch der Korruption Tür und Tor öffnete, weil ein Studium vor Einziehung schützte. Verzweifelt bemüht sich die Regierung nun darum, der Männer, die sich noch im Land aufhalten und sich bislang bemüht haben, nicht im Krieg verheizt zu werden, habhaft zu werden. Zudem wird darüber nachgedacht, wie sich ukrainische Männer, die mit gefälschten Dokumenten ins Ausland geflüchtet sind, ins Land durch Abschiebung zurückholen ließen. (…) Um jetzt schnell an weitere Männer heranzukommen, die an die Front geschickt werden können, hat das Verteidigungsministerium die Liste der Krankheiten und körperlichen Gebrechen überarbeitet, die vor Einziehung schützen oder eine eingeschränkte Wehrtauglichkeit darstellen. Jetzt können auch Kranke, vor allem psychisch Kranke und solche mit ‚geringfügigen Funktionsstörungen‘, was großen Ermessensspielraum ermöglicht, zum Wehrdienst herangezogen werden.“

Geopolitics And Climate Change: Ukraine: A Country Of Old And Damaged Men (Die Ukraine: Ein Land der alten und beschädigten Männer) – Auszug (übersetzt): „Durch die wirtschaftliche Auswanderung früherer Jahrzehnte, die konfliktbedingte Auswanderung in jüngerer Zeit und die nun von Russland kontrollierten Bevölkerungsgruppen dürfte die von der ukrainischen Regierung kontrollierte Bevölkerung der Ukraine auf etwa 20 Millionen Menschen geschrumpft sein. Diese Bevölkerung wird stark auf die älteren Generationen und die weniger fähigen und weniger qualifizierten Menschen ausgerichtet sein, da die jungen, fähigen und qualifizierten Menschen viel mobiler und bereit sind, für bessere Dinge wegzugehen. Ein weiterer Faktor, der sich auf das Durchschnittsalter der verbleibenden Bevölkerung auswirkt, ist der Einbruch der Lebendgeburten in den frühen 1990er Jahren nach der Unabhängigkeit der Ukraine. Dies hat dazu geführt, dass die Bevölkerung im Alter von 18 bis 30 Jahren viel kleiner ist, als es sonst der Fall gewesen wäre. (…) Die Ukraine hat nun eine neue ‚vollständige‘ Mobilisierung angekündigt, für die in den nächsten sechs Monaten bis zu 500.000 weitere Soldaten eingezogen werden sollen, darunter höchstwahrscheinlich auch viele in reservierten Berufen. Dabei ist zu bedenken, dass sich die Auswahl der Rekruten vor allem auf die körperlich gesunde Bevölkerung bezieht, so dass die Altersgruppe der 18- bis 50-Jährigen stark dezimiert wird, was die verbleibenden körperlich gesunden Mitglieder betrifft.“

Junge Welt: Seekrieg aus Rostock – Auszug: „Die Bundeswehr hat den Weltfriedenstag am Freitag genutzt, um erneut ein Ostseegroßmanöver als Übung für einen möglichen heißen Krieg gegen Russland anzukündigen. Rund 3.200 Soldaten aus insgesamt 14 Ländern werden ab dem kommenden Sonnabend (9. September) zu ‚Northern Coasts 2023‘ erwartet, um im Szenario eines klassischen zwischenstaatlichen Krieges taktische Operationen in küstennahen Gewässern zu proben. Schauplatz sind vor allem die Gewässer vor den Küsten Lettlands und Estlands einschließlich vorgelagerter Seegebiete, die russische Schiffe aus der Region um Sankt Petersburg nutzen müssen, um über die Ost- und die Nordsee in Richtung Atlantik zu fahren oder auch nur Kaliningrad auf dem Seeweg zu versorgen. (…) Northern Coasts 2023 ist Teil einer Manöverserie, die bereits im Jahr 2007 gestartet wurde, und zwar auf deutsche Initiative. (…) Die deutsche Gesamtführung aber macht den Unterschied zum klassischen Ostseegroßmanöver Baltops (Baltic Operations), das seit seiner ersten Realisierung im Jahr 1971 von den USA organisiert und geleitet wird, also die US-Führung im westlichen Bündnis stärkt. Berlin hatte Northern Coasts initiiert, um nach dem EU- und NATO-Beitritt der baltischen Staaten im Jahr 2004 möglichst alle Ostseeanrainer – außer Russland, versteht sich – unter seinem Kommando zusammenzuführen. Stand dabei zunächst der Kampf gegen Piraten und Terroristen im Vordergrund, so hat sich der Fokus seit 2014 auf einen etwaigen Krieg gegen Russland verschoben, der freilich als ‚Landes- und Bündnisverteidigung‘ verklausuliert wird.“

Cicero: Wissenschaft im Ukrainekrieg - „Kein deutscher Wissenschaftler weiß, was im Kreml vor sich geht“ – Auszug: „In den Wissenschaften ist man zumindest von der Theorie her frei zu denken und zu forschen, was man für richtig und wichtig hält. Nun zeigt sich natürlich bei diesem Thema, dass das Korsett der Politik auch stark auf die Wissenschaften abfärbt. Denn natürlich sind Wissenschaftler von Forschungsgeldern abhängig. Zudem wollen sie publizieren und zu Tagungen eingeladen werden. Und sie möchten nicht der medialen Verurteilung zum Opfer fallen, weil sie zu Forschungsergebnissen kommen, die den präferierten Narrativen zuwiderlaufen. Ich vermute, dass es diese Abhängigkeiten und die Sorge vor einem Reputationsverlust sind, die viele Kollegen davon abhalten, Forschungsfragen in den Blick zu nehmen, die zu Ergebnissen führen könnten, die zeigen, dass westliche Geopolitik eine Mitverantwortung am Ukrainekrieg trägt. (…) Ich glaube, dass die neoliberalen Hochschulreformen, von denen ja nicht nur Deutschland betroffen war, zu Lasten der Freiheit gegangen sind. Man hat die Wissenschaft immer mehr von Drittmittel- Akquise abhängig gemacht. In der Medizin wuchs somit der Einfluss der Pharmaindustrie; und in den Politikwissenschaften sowie in der Friedensforschung wurde man noch abhängiger von öffentlichen Fördertöpfen. Wenn Sie beobachten, dass sich die Politik sehr eindeutig positioniert, dann werden Sie in der Wissenschaft nicht zur Abweichung tendieren – auch dann nicht, wenn es inhaltlich vielleicht geboten wäre.“ (Bezahlschranke)

FAZ: Endet Amerikas Vorherrschaft? Als Hegemon sind die Vereinigten Staaten von Amerika heute überfordert. Aber eine multipolare Welt ist nicht notwendigerweise eine bessere Welt. (Anmerkung Ulrich Teusch: Eine umfangreiche, vergleichsweise nüchterne, vorsichtige, differenzierte Analyse durch FAZ-Mitherausgeber Gerald Braunberger, allerdings hinter einer Bezahlschranke) – Auszug: „Im Jahre 1987 veröffentlichte der Historiker Paul Kennedy mit ′Aufstieg und Fall der großen Mächte‵ ein viel diskutiertes Buch. Seine These lautete, dass dem Niedergang großer Mächte in der Historie eine Phase der Überdehnung vorausgegangen sei, in der die materiellen Ressourcen für die politischen oder militärischen Ambitionen nicht ausreichten. Seit Jahren sind aus den Vereinigten Staaten Äußerungen vernehmbar, die eine solche Gefahr für das eigene Land thematisieren. (…) Die Gefahr einer Überdehnung der Macht gilt in unserer Zeit indes auch für China. In den vergangenen Wochen nehmen Beschreibungen zu, wie das unter einer ungünstigen Demographie und unter zu hohem Staatseinfluss leidende Land in eine Phase niedriger Wachstumsraten eintritt. (...) Die Versuche, Strukturschwächen durch expansive Geld- und Finanzpolitik zu kompensieren, führten zu Überinvestitionen nicht zuletzt in Immobilien. Untersuchungen des Ökonomen Daron Acemoglu belegen auch in wirtschaftlicher Hinsicht die Überlegenheit der Demokratie gegenüber Autokratien. Amerika wirkt immer noch dynamisch, während China wohl nur mit einer politisch unerwünschten Liberalisierung und Deregulierung der Gefahr entrinnen könnte, in der Ökonomen bekannten ′Falle des mittleren Pro-Kopf-Einkommens‵ gefangen zu bleiben. Insofern erscheint es zumindest verfrüht, anstelle der Pax Americana ein chinesisches Zeitalter auszurufen. Viele Beobachter sehen eine multipolare Welt voraus. Der globale Süden, bisher bekannt unter der Bezeichnung BRICS-Staaten, verlangt nach Gehör. Wer die Koexistenz großer Mächte generell als eine vorteilhafte Ordnung betrachtet, dürfte sich jedoch spätestens nach dem Studium von Analysen ihrer Rivalitäten die Frage stellen, ob eine multipolare Welt automatisch eine bessere Welt sein wird.“

American Affairs: Rude Awakening: Germany at War, Again (Böses Erwachen: Deutschland im Krieg, wieder) (Anmerkung Ulrich Teusch: Eine umfassende Analyse des Soziologen Wolfgang Streeck; seine Prognose zur Rolle Deutschlands klingt nicht sehr erfreulich) – Auszug (übersetzt): „Deutschlands Zukunft liegt im hoch aufgeladenen Magnetfeld zwischen den USA und China – wo sich auch das Schicksal des in Ungnade gefallenen Russlands als Weltmacht entscheiden wird. Im Gegensatz zu Ländern wie Indien oder Brasilien ist Deutschland durch seine geostrategische Lage an der Ostfront eines US-amerikanisch dominierten transatlantischen Staatensystems definiert. Aus diesem Grund wird es sich schwer tun, inmitten der amerikanisch-chinesischen Bipolarität eine Position zu finden, in der es allein oder innerhalb eines Blocks europäischer Staaten so etwas wie eine Äquidistanz zwischen den beiden Großmächten einer entstehenden neuen Weltordnung herstellen könnte. Offensichtlich hofft die sozialdemokratische Mehrheit der gegenwärtigen deutschen Regierung, ihr Land bei den Vereinigten Staaten einzuschmeicheln, indem sie ihnen hilft, ihren Stellvertreterkrieg mit Russland einzudämmen und einen Dritten Weltkrieg zu vermeiden, indem sie Russland in Schach hält, ohne es zu besiegen oder Frieden mit ihm zu schließen. (Ob die Vereinigten Staaten diese Hilfe letztlich honorieren werden, steht auf einem anderen Blatt.) Im Gegenzug hofft man, dass Deutschland seine wirtschaftlichen Beziehungen zu China teilweise aufrechterhalten darf, solange sie mit den strategischen Bedürfnissen der USA in ihrer Konfrontation mit China vereinbar sind. Das sieht nicht nach viel Spielraum aus (…).“

RND: Gegenoffensive nimmt Fahrt auf: Ukraine gelingt Schlag gegen russische Hauptverteidigungslinie – Auszug: „Die ukrainischen Streitkräfte könnten bei der Befreiung der von Russland besetzten Gebiete in eine entscheidende Phase eingetreten sein. Nach eigenen Angaben haben sie die russische Hauptverteidigungslinie zwischen Robotyne und Verbowe (Saporischschja) durchbrochen. ′Wir befinden uns jetzt zwischen der ersten und zweiten Verteidigungslinie‵, sagte der Kommandeur der ukrainischen Streitkräfte in der Region Saporischschja, Oleksandr Tarnavskiy, dem ′Guardian‵. An den Gefechtsstellungen im hinteren Bereich sind die ukrainischen Kräfte demnach noch nicht vorbeigekommen. Dorthin hätten sich die Russen nun zurückgezogen. (...) ′Aktuell sichern die Ukrainer offenbar den Brückenkopf um Robotyne ab und führen Angriffe Richtung Verbowe durch‵, bestätigt der Schweizer Militäranalyst Niklas Masuhr vom Center for Security Studies der ETH Zürich. ′Geländegewinne sind zwar ohne Frage gute Nachrichten, aber der Preis, der in Munition, Ausrüstung und Truppen bezahlt wird, ist hoch – und ebenfalls entscheidend, vielleicht sogar wichtiger‵, sagt Masuhr dem RND. (...) Weniger optimistisch ist der Schweizer Militäranalyst Masuhr. ′Ob die Ukraine für einen tiefen Vorstoß noch genügend Kräfte hat, ist fraglich.‵ Denn in den vergangenen Wochen waren laut Masuhr bereits ukrainische Brigaden im Einsatz, die eigentlich für die Phase nach Durchbrüchen vorgesehen waren. Sie hätten dabei geholfen, die russischen Verteidigungslinien einzureißen. Nun führe Russland in diesem Sektor Gegenangriffe durch, um die Ukrainer ′zwischen den Verteidigungslinien zu fixieren‵. Inwieweit diese Angriffe die Ukrainer bremsen oder zurückdrängen können, werden die nächsten Wochen zeigen.“

Welt: Das brisante Ende des Langstrecken-Tabus – Auszug: „Hunderte Geschosse werden im Ukraine-Krieg täglich abgefeuert. Aber diese Bilder zeigen ganz offenbar den Start einer besonderen Waffe: was hier abhebt, soll jene Langstreckenwaffe sein, mit [der] die Ukraine über Distanzen von 700 Kilometern weit feuern kann. ′Das Raketenprogramm des Präsidenten der Ukraine in Aktion‵, lautet der Titel des Videos des Verteidigungsministeriums. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte den Bau einer solchen Rakete vor wenigen Tage publik gemacht. Die Rakete ist Teil einer schleichenden, aber spektakulären Veränderung der ukrainischen Waffen-Strategie. Einerseits baut Kiew eigene Langstreckenwaffen, um sich zu emanzipieren von westlichen Lieferungen – und den politischen Befindlichkeiten, die damit verbunden sind. Mit den eigenen Waffen aber greift die Ukraine nun öfter und tiefer auf russischem Territorium an. Solche Attacken waren lange ein Tabu: Als erstmals Drohnen auf russischem Gebiet einschlugen, stritt die Ukraine offiziell jede Beteiligung ab. Inzwischen bekennt sich Kiew offen zu den Attacken – und der Westen schweigt. Nur die Nutzung westlicher Waffen bleibt tabu. Im Interview mit WELT sagte der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats, Olexij Danilov: ′Was die Situation in Russland angeht, müssen Sie beachten, dass wir unsere eigenen Waffen einsetzen. Waffen aus unserer eigenen Produktion.‵ Er fügte hinzu: ′Wir sind aber klare Verpflichtungen gegenüber unseren Partnern eingegangen, dass wir deren Waffen auf dem Territorium Russlands nicht einsetzen.‵ Die Ukraine arbeite schon länger an einem Raketen- und Drohnenprogramm, sagte Danilov jüngst im ukrainischen Radio. Nicht nur staatliche Betriebe, auch Privatfirmen beteiligten sich an der Entwicklung. Mittlerweile könnten die ukrainischen Streitkräfte nicht nur Ziele in 700 Kilometern Entfernung treffen, sagte Danilov, ′sondern sogar in 1000 bis 1500 Kilometern‵. Die Produktion von Langstreckenwaffen ist auch eine Reaktion auf zähe Verhandlungen mit dem Westen.“

Achgut: Corona-Aufarbeitung: Ein Unschuldsengel vor dem Untersuchungs-Ausschuss – Ein offizieller Corona-Untersuchungsausschuss brachte Lothar Wieler und eine Vertreterin des Paul-Ehrlich-Instituts ins Schwitzen. CDU und AfD quetschten die beiden Zeugen aus. Nicht möglich? Im Brandenburger Landtag durchaus. Die Achse war vor Ort – Auszug: „Während die anwesenden Politiker von SPD, Linke und Grüne zur Befragung der beiden Behörden-Vertreter nur selten und dann nichts von Bedeutung beitrugen, stellte die AfD, die den Ausschuss auch initiierte, die hartnäckigsten Fragen, auch die CDU übte Druck aus. Sowohl Wieler als auch Keller-Stanislawski gerieten mitunter ins Schwitzen, die PEI [Paul-Ehrlich-Institut]-Vertreterin wirkte jedoch deutlich angespannter als der ehemalige RKI [Robert Koch-Institut]-Leiter. Während sie den Eindruck vermittelte, dass das PEI mit seiner Corona-Aufgaben überfordert war, wirkte Wieler vor allem aufrichtig überzeugt davon, seine Pflichten in jeder Hinsicht ordnungsgemäß erfüllt zu haben. Wer wie Wieler ohne Not plötzlich behauptet, dass in Afrika massenhaft Menschen an Omikron gestorben seien, weil sie – anders als wir glückliche Europäer – nicht geimpft gewesen seien, der vertritt das alles aus tiefer, innerer Überzeugung. Meiner Erfahrung nach gibt es einen zwangsneurotischen ′Corona-Blick‵, der sich stets für die schlimmste der zur Auswahl stehenden Theorien entscheidet, um sich dann in Horrorszenarien und Kontrollfantasien hineinzusteigern. Entwarnung ist keine Option. Zur Erinnerung: Drosten prognostizierte März 2020, in Afrika würden die Menschen künftig auf den Straßen sterben, und Wieler glaubt daran sogar noch, nachdem man auch beim Deutschlandfunk verblüfft einräumte, dass nichts dergleichen stattgefunden hat. Als eine Art Aufpasser stellte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Wieler den Ministeriumsmitarbeiter Heiko Rottmann-Großner zur Seite, der wohl darüber wachen sollte, dass Wieler nichts ausplaudere, zu dem er nicht verpflichtet ist. Nachdem ihm von der AfD vorgeworfen wurde, dem ehemaligen Behördenleiter heimlich Zettel zugeschoben zu haben, musste er schließlich sogar zwei Plätze von ihm wegrücken. Im BMG nimmt man den Untersuchungsausschuss augenscheinlich nicht auf die leichte Schulter.“

Swiss Policy Research: Axel Springer und die CIA – Auszug: „Im Juni 1982 veröffentlichte das amerikanische Wochenmagazin The Nation einen Bericht des Journalisten Murray Waas, in dem erstmals beschrieben wurde, wie der deutsche Medienkonzern Axel Springer in den 1950er-Jahren von der CIA mit damals rund sieben Millionen bzw. heute 80 Millionen Dollar aufgebaut wurde, um ‚den geopolitischen Interessen Amerikas zu dienen‘. Waas berief sich dabei auf vier Quellen, darunter zwei ehemalige Geheimdienst-Mitarbeiter, sowie auf dokumentarische Belege. Laut diesen Informationen bestand Springers Verbindung zur CIA bis mindestens in die frühen 1970er-Jahre hinein (d.h. bis zum Church Committee von 1975), doch es gebe ‚keinen Grund anzunehmen, dass die Beziehung irgendwann beendet worden ist.‘ Springer antwortete mit einem über-spezifischen Dementi (siehe unten) – die Gelder kamen kaum direkt von der CIA oder der US-Regierung –, leitete jedoch keine rechtlichen Schritte ein. (…) Es folgt eine deutsche Übersetzung des Berichts aus The Nation. (…) Ein ehemaliger hochrangiger CIA-Offizier, der die geheimen Geldzuwendungen nach wie vor verteidigt, drückt das so aus: ‚Man muss das im Zusammenhang sehen. Springer war damals ein Liberaler, und wir wollten Nazis und andere Rechtskräfte im Lande bekämpfen. Wir wollten dem deutschen Volk ganz einfach amerikanische Werte und demokratische Grundsätze beibringen.‘ (…) ‚in Notfällen war er für gewöhnlich zur Zusammenarbeit bereit und ließ sich als Propaganda-Sprachrohr (propaganda asset) benutzen‘. Nach Informationen aus Geheim­dienst­­kreisen war einer dieser Fälle eingetreten, als die CIA Springer bat, sowjetische Pläne zum Bau von Ölleitungen durch Westdeutschland und Italien zu attackieren. ‚Die CIA war damals von dem Gedanken besessen, dass alles getan werden müsse, um eine Wiederannäherung zwischen der Sowjetunion und den westeuropäischen Ländern zu bekämpfen. Solange uns Springer dabei behilflich war, konnten wir über seine Fehltritte hinwegsehen.‘“

Empfehlungen von August 2023

31. August 2023

Welt: „Wir leben in einer Zeit, in der die Karten grundsätzlich neu gemischt werden“ – Joschka Fischer spricht sich für radikale Entscheidungen in der deutschen Politik aus. Der grüne Ex-Außenminister fordert: Statt die Schuldenbremse zu beachten, brauche es massive Investitionen in Aufrüstung und in die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland (Bezahlschranke) – Auszug: „Just an dem Tag, an dem die amtierende Bundesregierung bekannt gibt, wie sie der trudeligen deutschen Wirtschaft ein paar neue Impulse verschaffen will, hat Fischer vor der Kundschaft der in Niedersachsens Landeshauptstadt ansässigen Nord/LB einen seiner selten gewordenen öffentlichen Auftritte. (...) Es geht gleich zur Sache, das heißt zum Krieg gegen die Ukraine. Dieser bedeute ′eine radikale Veränderung unserer Lage‵, befindet Fischer. Selbst wenn Putins Angriffe auf das Nachbarland eines Tages endeten, würde die mit Russlands Großmachtanspruch verbundene Bedrohung für Europa fortbestehen. Ein Umstand aus dem die demokratischen Länder des Kontinents jetzt die nötigen Konsequenzen ziehen müssen. Die ′Illusion‵ vom dauerhaften Frieden, der sich Europa nach dem Ende des kalten Kriegs zu lange hingegeben habe, sei zu Ende. ′Mit dem Krieg in der Ukraine ist der Krieg, ist die Konfrontation nach Europa zurückgekehrt. Dauerhaft.‵ Für Fischer heißt das vor allem, dass Deutschland ab sofort deutlich Geld mehr in die Bundeswehr, in die eigene Verteidigungsbereitschaft investieren muss. Die 100 Milliarden Euro Sondervermögen – ′dieser Haushaltstrick‵ – werde bei weitem nicht ausreichen, prognostiziert Fischer. ′Wir werden ganz anders in unsere Sicherheit investieren müssen.‵ Die Zeiten, in denen man ausführlich über ausgeglichene Haushalte debattieren konnte, seien ebenso vorbei wie die, in denen man alles Militärische den Amerikanern überlassen könne. Die ′entscheidende Frage der Zukunft‵, sagt Fischer, werde deshalb sein, ′ob wir in der Lage sind, uns selbst schützen können und nicht, ob wir eine ausgeglichene Schuldenbilanz haben.‵ Er jedenfalls könne nicht erkennen, ′dass Schuldenabbau und diese geopolitische Lage vereinbar‵ seien. ′Man kann in solchen Spannungszeiten nicht auf Schuldenabbau setzen. Sondern man wird auf Sicherheit setzen müssen.‵“

ntv: EU kauft Rekordmengen an Flüssiggas aus Russland – Auszug: „Während die Einfuhr anderer Energieträger aus Russland nach Europa weitgehend zum Erliegen gekommen ist, kaufen EU-Importeure russisches Flüssiggas (LNG) in Rekordmengen. Einem Bericht der Nichtregierungsorganisation Global Witness zufolge kauften EU-Länder in den ersten sieben Monaten dieses Jahres 22 Millionen Kubikmeter LNG, das per Schiff aus Russlands transportiert wurde. Das sind etwa 40 Prozent mehr als im selben Zeitraum 2021, also vor dem Krieg. Der Wert dieser Einfuhren beläuft sich auf etwa 5,3 Milliarden Euro. Damit ist die EU insgesamt der mit Abstand größte LNG-Kunde Russlands. Spanien und Belgien, die jeweils 7,5 beziehungsweise rund 7 Millionen russisches LNG einführten, sind als Einzelstaaten nach China der zweit- und drittgrößte Abnehmer russischen Flüssiggases. Die Analyse von Global Witness beruht auf Zahlen des Rohstoff-Informationsanbieters Kpler. (...) Für russisches LNG allerdings gelten bislang keine Beschränkungen. So haben im Bemühen, das ausbleibende russische Pipeline-Gas zu ersetzen, Unternehmen vor allem aus Spanien, Belgien und Frankreich ihre LNG-Importe aus Russland stark erhöht. Mit 4,1 Millionen Kubikmetern ist der französische Energieriese Total als Unternehmen Russlands bester ausländischer Flüssiggas-Kunde seit Jahresbeginn. (...) Allerdings gibt es in der EU Sorgen, ein Einfuhrverbot für russisches LNG könnte zu einem erneuten Preisschock auf dem europäischen Energiemarkt führen. Die Kommission hat einen Plan vorgelegt, demzufolge jeder Mitgliedstaat selbst entscheiden soll, ob er die Einspeisung von Flüssiggas aus Russland in sein Gasnetz zulässt oder nicht. Das Vorhaben ist allerdings noch nicht mit dem EU-Parlament abgestimmt. Die Folgen eines solchen Importstopps träfen die EU-Mitgliedsländer in sehr unterschiedlichem Ausmaß. Schätzungen des Brüsseler Thinktanks Bruegel zufolge hatte russisches Flüssiggas im vergangenen Winter einen Anteil von gerade einmal vier Prozent der Gasversorgung in Deutschland. In Frankreich stammte dagegen 15 Prozent des Gases und in Spanien sogar 18 Prozent von russischen LNG-Anbietern.“

Weser-Kurier: „Das Gemetzel muss beendet werden“. Krieg in der Ukraine: Günter Verheugen über Friedensverhandlungen und die Debatte in Deutschland – Auszug: „Der Umsturz in der Ukraine [2014] wird bei uns dargestellt als eine demokratische Revolution von begeisterten Pro-Europäern. Das war eine fabelhafte PR-Nummer, denn es ist nur ein Ausschnitt der Wahrheit. Es war ein vorbereiteter Staatsstreich. Die ersten Maßnahmen der Übergangsregierung waren gegen die russischstämmige Bevölkerung in der Ukraine gerichtet. Dann begann der Krieg, 2014 mit der sogenannten Anti-Terror-Operation, und die russische Politik von Putin wurde dämonisiert. Die Annexion der Krim hat ihn ins Unrecht gesetzt, das machte es leicht. Der Krieg in der Ukraine wird entsprechend überhöht zu einem Kampf zwischen rivalisierenden Systemen. (…) Es geht nicht um Ihre oder meine Sicherheit. Wegen meiner Freiheit und zur Verteidigung meiner demokratischen Rechte muss kein Mensch in der Ukraine sterben. Meine Freiheit ist nicht durch Russland bedroht. (…) [Frage:] Wie kommt es, dass die Vorgeschichte in der derzeitigen Debatte so gut wie keine Rolle spielt? [Verheugen:] Weil es in der offiziellen westlichen Darstellung keine Vorgeschichte gibt. Zudem übt die Ukraine moralischen Druck aus, dieser Druck wird in den deutschen Medien massiv verstärkt. Die Waffen, die an die Ukraine geliefert werden, sind nie genug. Und ich frage mich, wohin das am Ende führen soll, wenn man es auf der anderen Seite mit einer Atommacht zu tun hat. (…) Einen [weiteren] Grund sehe ich in der fundamentalistischen Außenpolitik der Grünen. (…) Rüstungsaufwendungen sind die unproduktivsten und umweltfeindlichsten Ausgaben, die man sich vorstellen kann. Wir finanzieren sie durch Kredite. Man könnte also von Kriegskrediten reden, und jedem Sozialdemokraten müssten sich dabei die Haare aufrichten.“

Norbert Häring: Jitsuvax: Psychologische Kampfkunst gegen Leute, die bei mRNA-Impfstoffen skeptisch sind – Auszug: „Cornelia Betsch, eine der emsigsten Psycho-Manipulatorinnen für das Impf-Establishment und seinerzeit Mitglied im Corona-Expertenrat, leitet mit ihrer regierungstreuen Erfurter-Psychologentruppe den deutschen Zweig eines EU-Projekts namens Jitsuvax. Es erforscht und verbreitet psychologische Tricks, die Ärzte anwenden sollen, um Impfzurückhaltung zu überwinden. (…) Das von 2021 bis 2025 laufende Projekt wird mit 3,1 Mio. Euro von der EU gefördert. (…) Die Manipulationswissenschaftler unterscheiden elf problematische persönliche Einstellungen als ‚Wurzeln‘ der Impfskepsis, darunter Verschwörungsglaube, Misstrauen gegen Autoritäten, religiöse Einstellung und Beharren auf Autonomie. Es gibt für sie keine legitimen Gründe für Impfskepsis. Wenn also jemand zu dem Schluss kommt, das eigene Kind nicht gegen Covid impfen zu lassen, weil sich herausgestellt hat, dass die Impfung nicht gegen Ansteckung und Weitergabe hilft, und weil die Gefahr von schweren Nebenwirkungen mindestens für Kinder größer ist als die Gefahr schwerer Gesundheitsschäden durch Covid, dann muss als Ursache einer der elf psychischen Defekte identifiziert werden. Denn die Möglichkeit, dass die Behörden einen Fehler gemacht haben, und die Impfempfehlung für Kinder und Säuglinge falsch war, ist ausgeschlossen. Für die Manipulationswissenschaftler ist die Wahrheit ein flexibles Ding, das sich immer danach richtet, was die Behörden gerade sagen. (…) ‚Wissenschaftler‘, die sich von der Regierung bezahlen lassen, um faule psychologische Tricks zu entwickeln, mit denen die Regierung die Bürger manipulieren kann, sind eine Schande für die Wissenschaft. Sie fügen der Demokratie großen Schaden zu.“

Telepolis: Der Mythos einer starken Nachkriegs-Ukraine – Auszug: „Laut der letzten sowjetischen Volkszählung hatte die Ukraine vor ihrer Unabhängigkeit im Jahr 1992 eine Bevölkerung von fast 52 Millionen Menschen. In den folgenden drei Jahrzehnten ging die Bevölkerungszahl erheblich zurück, da die wirtschaftlichen und psychologischen Verwerfungen nach der Auflösung der UdSSR in den turbulenten 1990er-Jahren zu einer Verkürzung der Lebenserwartung führten und die Geburtenrate in der Ukraine fast auf den niedrigsten Stand in ganz Europa sank. Rechnet man die Annexion der Halbinsel Krim mit ihren 2,5 Millionen Einwohnern durch Russland vor fast einem Jahrzehnt hinzu, so schrumpfte die Bevölkerung der Ukraine bis 2022 auf weniger als 40 Millionen. (…) Seriöse Demographen schätzen die derzeitige Bevölkerungszahl des Landes auf weit unter 30 Millionen. Je länger der Krieg andauert, desto mehr Verluste wird die Ukraine erleiden, und desto größer wird die Zerstörung ihrer Städte, ihrer Infrastruktur und ihrer Anbauflächen sein. (…) Kiew hat Oppositionsparteien verboten, Oppositionsführer verhaftet, Oppositionszeitungen und -sender geschlossen, die Religionsfreiheit stark eingeschränkt und angedeutet, dass die für 2024 geplanten Präsidentschaftswahlen nicht stattfinden werden, solange der Krieg andauert. In vielerlei Hinsicht sind das verständliche Reaktionen auf die existenzielle Bedrohung, die von Russland ausgeht. Sie geben jedoch wenig Anlass zur Hoffnung, dass es der Ukraine gelingen wird, sich schnell aus den Missständen zu befreien, die durch die korrupte Klientelpolitik vor dem Krieg lange Zeit entstanden waren.“

Berliner Zeitung: Ausbildung an westlichen Waffen: Financial Times nennt Problem bei Training ukrainischer Soldaten – Auszug: „‚Übersetzer sind die größte Herausforderung‘, sagte Martin Bonn, ein niederländischer Brigadegeneral, der britischen Financial Times. Er ist stellvertretender Leiter der multinationalen EU-Trainingsmission, die im vergangenen November ihre Arbeit aufgenommen hatte, um die Ukrainer militärisch zu schulen. Normalerweise setzen Kiew und die westlichen Kräfte Übersetzer ein, damit sich die Soldaten unterschiedlicher Herkunft verständigen können. Dies soll jedoch nicht immer der Fall sein. (…) ‚Die größte Herausforderung besteht darin, Begriffe zu übersetzen, die im militärischen oder technischen Kontext verwendet werden‘, sagte Bonn am Rande einer Panzerschießübung auf einem Militärstützpunkt in der Nähe von Klietz in Sachsen-Anhalt. (…) Dänische Militärbeamte, die von der Financial Times zitiert werden, berichteten, dass die Ausbildung der [F-16-]Piloten derzeit aus Sicherheitsgründen pausiert. Sprachkenntnisse und Gesundheitschecks seien weitere Gründe für die Verzögerung, so die Beamten.“ (Anmerkung Stefan Korinth: Womöglich besteht das Problem darin, dass die Verantwortlichen meinen, sie bräuchten Ukrainisch-Dolmetscher. Dabei verstehen und sprechen nahezu alle Ukrainer Russisch – oftmals sogar besser als Ukrainisch. Sollte das der Hintergrund der sprachlichen Probleme sein, zeigt sich darin einmal mehr das Unwissen und das Desinteresse westlicher Verantwortlicher an der Realität in der Ukraine.)

NZZ: Die Affäre Aiwanger wird zur Affäre der „Süddeutschen Zeitung“ – Auszug: „Fünf Autoren schrieben einen mit düsteren Fotos unterlegten Text namens ‚Das Auschwitz-Pamphlet‘. Unter der Überschrift prangt ein Foto des ernst dreinschauenden Hubert Aiwanger, vor schwarzem Hintergrund und in dramatischer Untersicht. Schon diese Kombination lässt wenig Zweifel an der Zielrichtung des Beitrags, für den die ‚SZ‘ eine Lesezeit von dreizehn Minuten veranschlagt: Der Chef der Freien Wähler, offenbar ein Nero aus Niederbayern, sei als stellvertretender Ministerpräsident untragbar, denn er ‚soll‘ vor dreieinhalb Jahrzehnten eine ‚Hetzschrift‘ mit ‚antisemitischen Fantasien‘ geschrieben haben. (…) Weder in diesen dreizehn Minuten noch in einem der Folgetexte gelingt der ‚SZ‘ aber der Beweis, dass das einseitige Flugblatt von Hubert Aiwanger verfasst wurde. ‚Das Auschwitz-Pamphlet‘ ist ein ‚SZ‘-Pamphlet. Es markiert einen Zusammenbruch handwerklicher, presserechtlicher und medienethischer Grundsätze. (…) Sechs Wochen vor den Landtagswahlen sollen Aiwangers mit der CSU regierende Freie Wähler in ihrem Höhenflug gestoppt werden. Die ‚SZ‘ betreibt das Geschäft von Aiwangers politischer Konkurrenz und nennt es Journalismus. (…) Es wäre die Aufgabe der Chefredaktion gewesen, einen solchen publizistischen Offenbarungseid zu verhindern. Gerade die Monstrosität der Vorwürfe verlangt nach einer Berichterstattung, die nicht die eigenen Abneigungen ausbreitet, sondern belastbare Fakten zusammenträgt.“

Tagesschau: Aiwangers Erklärungen reichen Söder und Scholz nicht – Auszug: „Auch Bundeskanzler Olaf Scholz dringt auf Aufklärung. 'Unabhängig davon, wer dieses Flugblatt verfasst und verbreitet hat: Es handelt sich da wirklich um ein furchtbares, menschenverachtendes Machwerk', sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner. 'Das muss aus Sicht des Bundeskanzlers auch alles umfassend und sofort aufgeklärt werden und müsste dann gegebenenfalls auch politische Konsequenzen haben.‘“ (Anmerkung Paul Schreyer: Auch nachdem klargestellt ist, dass Hubert Aiwanger nicht der Verfasser das Papiers ist, will man von den Vorwürfen gegen ihn nicht ablassen. Die Kritik sei berechtigt,„unabhängig davon, wer das Flugblatt verfasst hat“. Das ist an Absurdität kaum zu toppen. Klar ist: Aiwanger wird Söder und anderen seit einiger Zeit politisch gefährlich. Die BILD titelte Ende Juli „Aiwanger fast so beliebt wie Söder“, der BR schrieb wenige Tage vor der Affäre: „Immer wieder scheint es, als treibe Aiwanger Ministerpräsident Söder vor sich her. Zurückpfeifen kann Söder seinen Stellvertreter kaum, denn schon vor Monaten hat er sich auf eine Fortsetzung der Koalition mit den Freien Wählern nach der Landtagswahl festgelegt.“ Daher weht wohl der Wind bei dieser Affäre. PS: Der hier zitierte stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner war 2014 als Chefredakteur des SPIEGEL verantwortlich für die hetzerische Coverschlagzeile „Stoppt Putin jetzt!“, die wenige Tage nach dem Abschuss von Flug MH17 eine bewiesene Schuld des russischen Präsidenten unterstellte und damit grundlegende journalistische Standards zur Verdachtsberichterstattung verletzte.)

junge Welt: Überfüllte Lazarette – Auszug: „Auf jeden Fall erleidet die Ukraine bei ihrem Vormarsch schwere Verluste. Russland spricht von 43.000 gefallenen oder verwundeten Ukrainern allein seit Beginn der Sommeroffensive, US-Medien nennen etwa 7.000. Schätzungen der New York Times, dass Kiew seit Kriegsbeginn 70.000 Soldaten durch Tod oder Verwundung verloren habe, wollte die stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin Anna Maljar nicht widerlegen. Sie sagte vor einigen Tagen, die Verlustzahlen seien militärisches Geheimnis und würden erst nach dem Krieg bekanntgegeben. Ukrainische Blogger berichten unter Berufung auf Satellitenbilder, dass im ganzen Land die Friedhöfe massiv erweitert würden. Am Sonnabend war dann im Fernsehsender des ukrainischen Parlaments, Rada TV, die Chefin des militärischen Sanitätswesens, Tetjana Ostaschtschenko, zu Gast. Sie klagte darüber, dass die Krankenhäuser des Landes durch die vielen Verwundeten heillos überfordert seien. Für die Behandlung so vieler Verletzter fehlten die ′gesetzgeberische Basis‵ und die ′organisatorische Vorbereitung‵. ′Gesetzgeberische Basis‵? Das ist ein erkennbarer Versuch, objektive Ursachen für persönliches Versagen zu finden: Vor drei Wochen stand Ostaschtschenko im Zentrum von Vorwürfen, die Armee habe nicht genügend Verbandspäckchen und Riemen zum Abbinden beschafft – das heißt, sie hat die möglichen Verluste unterschätzt. Ostaschtschenko hatte sich damit herausgeredet, dass die Armee keinen Überblick über die Bestände habe, zumal viel Sanitätsmaterial als Spende direkt an die Front gelange. Im Grunde bestätigte sie damit die Vorwürfe.“

Infosperber: US-Chirurgen berichten aus der Ukraine – Auszug: „In einem medizinischen Fachartikel im ′Journal of the American College of Surgeons‵ fassen zehn ′GSMSG‵-Chirurgen [GSMSG ist die englische Abkürzung für „globale chirurgische und medizinische Unterstützungsgruppe“, Red.] ihre Erfahrungen zusammen. Der Titel ihres Artikels lautet: ′Lektionen aus dem Krieg in der Ukraine und Anwendungen für künftige Konflikte mit nahezu ebenbürtigen Gegnern.‵ (...) ′Der Konflikt mit der Ukraine bildet eine einmalige Gelegenheit für die Vereinigten Staaten, sich auf einen potenziellen, künftigen Konflikt mit nahezu ebenbürtigen Widersachern vorzubereiten – gegnerische Nationen mit gleichwertiger militärischer Stärke‵, schreibt die Gruppe einleitend. Seit dem Kalten Krieg seien die USA noch nie durch ′fast ebenbürtige Kontrahenten‵ wie China und Russland so stark bedroht worden wie jetzt. Der Ukraine-Krieg unterscheide sich stark vom über 20-jährigen ′globalen Krieg gegen den Terror‵, heben die Autoren hervor. Im Kampf gegen terroristische Gruppen, die unkonventionell und mit begrenzten Möglichkeiten agierten, habe allgemein ein grosses Ungleichgewicht zugunsten der USA bestanden. Innerhalb von Minuten bis Stunden hätten die USA dort jeweils durch ihre Dominanz zu Luft, zu Wasser und zu Lande die Oberhand gewonnen. Daher sei die Evakuierung von Verletzten relativ sicher vonstatten gegangen, so dass die Verwundeten an oder nahe der Kampfzone medizinisch versorgt werden konnten. (...) Im Ukraine-Krieg sei dies nun aber anders. Die Kämpfe dort seien anhaltend statt kurz, es sei der Ukraine oft unmöglich, die Oberhand zu gewinnen, verschiedenste Waffen kämen zum Einsatz – auch über weitere Strecken –, die Front verschiebe sich rasch, Erste Hilfe sei aus Sicherheitsgründen oft nicht machbar. (...) Aus all diesen Gründen gebe es im Ukraine-Krieg mehr und schwerer verletzte Menschen als im ′Krieg gegen den Terror‵. Einer groben Schätzung zufolge würden fünf bis zehn Prozent der Soldaten im Einsatzgebiet verwundet oder getötet. Im ′Krieg gegen den Terror‵ sei die Opferrate auf Seiten der USA mit 1,3 bis zwei Prozent deutlich niedriger gewesen. Die Lehre der GSMSG-Ärzte daraus: In künftigen Kriegen mit nahezu ebenbürtigen Gegnern sei mit einer etwa fünffach höheren Zahl an Opfern zu rechnen.“

Andreas Wehr: Wenn Kritiker "aus der Hölle" kommen: Wer bringt dem Kanzler Manieren bei? – Auszug: „Auf seine [Scholz’] Abqualifizierung des Marxschen Werks als ‚Quatsch‘ wurde an anderer Stelle bereits hingewiesen. Auf dem Festival der philosophischen Literatur, der Phil. Cologne im Juni 2023, bezog er sich bei der Antwort auf die Frage ‚Wo geht’s hier nach links?‘ auf Karl Marx: Dieser ‚habe 'mit seinen ganzen Sachen' am Ende nur 'Quatsch' hinterlassen, das unmögliche Ideal eines paradiesischen Lebens vollkommen freier Wahl unter den Mitteln der Bedürfnisbefriedigung‘. Sein Schluss daraus: ‚Das darf uns auch nie wieder reinrutschen ins Denken.‘ (…) Es gab einmal eine Zeit, in der dieses Denken Allgemeingut der Sozialdemokratie war. Und als stellvertretender Juso-Bundesvorsitzender sowie Mitarbeiter an den ‚Herforder Thesen. Zur Arbeit von Marxisten in der SPD‘ hatte Olaf Scholz einstmals Anteil an dem Versuch, den Marxismus in der SPD wiederzubeleben. Doch das ist alles lange her. Vom Marxismus hat er sich längst abgewendet. Interessant ist allerdings zu erfahren, wie er diese Abwendung für sich beschreibt. In einem Hintergrundgespräch, das er mit der FAZ führte, gab er ihr einen geradezu dramatischen Charakter: ‚Von der kommunistischen Ideologie, die ihm in jungen Jahren das Hirn vernebelte, hat sich Scholz nach dem Zusammenbruch des Kommunismus getrennt. Er selbst spricht mitunter von einem Entgiftungsjahr, das er damals gebraucht habe.‘ (…) Die Diffamierung vom Sozialismus als ‚Gift‘ für die Gesellschaft ist aber ein sattsam bekanntes Vorgehen der Reaktion im ideologischen Klassenkampf. Auch die Nazis machten von ihr regen Gebrauch – für sie war der Marxismus ‚Gift in einem an sich gesunden Volkskörper‘, das es auszuscheiden galt.“

Free 21: Eine Grafik, die alles erklärt. Mit einem eigenen Wirtschaftsmodell und Investitionen in Infrastrukturprojekte steigt China zur größten Wirtschaftsmacht der Welt auf – Auszug: „Sie sehen die Entwicklung eines Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnsystems [von 2008 bis 2022], das auf der Welt seinesgleichen sucht. Sie sehen die Verwirklichung des Plans, alle Teile des Landes mit einer modernen Infrastruktur zu verbinden, die die Transportkosten senkt, die Mobilität verbessert und die Rentabilität erhöht. Sie sehen eine Vision des 21. Jahrhunderts, in der staatlich gelenktes Kapital die Landbevölkerung mit den städtischen Zentren verbindet und den Lebensstandard auf breiter Front anhebt. Sie sehen den Ausdruck eines neuen Wirtschaftsmodells, das 800 Millionen Menschen aus der Armut befreit hat und gleichzeitig den Weg für die globale wirtschaftliche Integration ebnet. (…) Warum sind die Vereinigten Staaten bei der Entwicklung kritischer Infrastrukturen so weit hinter China zurück? Das liegt daran, dass Chinas staatlich gelenktes Modell dem amerikanischen ‚Teppichhändler‘-Modell weit überlegen ist. In China ist die Regierung direkt am Wirtschaftsgeschehen beteiligt, was bedeutet, dass sie diejenigen Branchen subventioniert, die das Wachstum fördern und die Entwicklung vorantreiben. Im Gegensatz dazu ist der amerikanische Kapitalismus ein wildes Durcheinander, in dem private Eigentümer große Geldsummen in unproduktive Aktienrückkäufe und andere Betrügereien stecken können, die weder Arbeitsplätze schaffen noch die Wirtschaft stärken.“

Peds Ansichten: Ein Richter in Weimar – Auszug: „Das Vorgehen des Familienrichters Christian Dettmar war nicht nur aus ethischen Gründen vorbildlich. Es war und ist auch vom Gesetz gedeckt. Es greift § 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auf. (…) Das ist kein Nebenaspekt, denn an dieser Stelle hat die Legislative den Vorwand konstruiert, um den Richter kaltzustellen und dessen Urteil rückgängig zu machen. (…) Juristen hatten umgehend darauf hingewiesen, dass die Beschwerde des Ministeriums [gegen Dettmars Urteil] unzulässig sei. (…) Bereits einen Monat später, im Juni 2021, stellte das Bundesverwaltungsgericht Leipzig in einem Beschluss klar, dass Familiengerichte sehr wohl für Verfahren nach Paragraph 1666 BGB, bei denen es um sogenannte Kindesgefährdung geht, zuständig sind. (…) Man wälzt sich in Formalien und drückt sich vor eigenen Entscheidungen. Doch den entscheidenden Aspekt des Ganzen will man nicht sehen, schiebt man mit bemerkenswerter Renitenz beiseite: Das Kindeswohl. (…) Was völlig aus der Berichterstattung genommen wurde, war die exzellente fachliche Aufarbeitung des Themas durch tatsächliche Experten, welche der Weimarer Richter hinzuzog, um ein qualifiziertes Urteil zu sprechen. Er ging damit über die Rolle des ‚juristischen Fachidioten‘ hinaus und nahm eine für die Beurteilung der Sache unbedingt erforderliche, größere Perspektive ein. (…) Das unterscheidet sich grundlegend von den Pauschalaussagen, mittels derer sich die meisten deutschen Richter auf Informationen aus dem Robert-Koch-Institut beriefen, um einen angeblichen gesundheitlichen Nutzen massiver Grundrechtseinschränkungen zur Grundlage ihrer richterlichen Entscheidungen zu machen. (…) In der PLandemie wurde eben auch sichtbar, dass unsere Justiz als Ganzes nicht unabhängig ist. Im Falle der PLandemie: Dass die dort Arbeitenden in ihrer Mehrzahl nicht Verantwortung für ihr Tun übernahmen, sondern mit Mischungen aus Opportunismus, Angst, Überhebung und Karrierismus ihrerseits das Recht brachen (und es noch immer tun), ist allerdings nicht deren Alleinstellungsmerkmal. Diese Erscheinungen ziehen sich leider in großer Massivität durch das gesamte Spektrum der Gesellschaft.“

Norbert Häring: Das Netzwerk Klimajournalismus: Wenn Journalisten und Medien sich der Manipulation verschreiben – Auszug: „Ein 2021 gegründetes Netzwerk aktivistischer Journalisten hat Leitlinien und einen Kodex für den Klimajournalismus erarbeitet, die viele Journalisten und sogar Medienhäuser unterschrieben haben. Besonders stark vertreten ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Mit traditionellem Journalismus haben diese Leitlinien wenig gemein, um so mehr mit Meinungsmanipulation und Aktivismus. (…) Danach ist es Aufgabe des Klimajournalismus, (…) sich am ‚Stand der Wissenschaft‘ zu orientieren und dabei ‚False Balance‘ zu vermeiden, also das Zuwortkommenlassen von Minderheitspositionen, (…) eine ‚irreversible Katastrophe‘ vorauszusagen, wenn die Verantwortlichen in den nächsten Jahren nicht entschieden handeln, (…) Klimaberichterstattung themen- und ressortübergreifend großen Platz und viele Ressourcen einzuräumen (...). Unabhängig davon, ob man das gut und notwendig findet oder für unangemessen hält, darf man diesen Kodex wohl als Anleitung zur alarmistischen Wetter-und Klimaberichterstattung lesen. Sie setz auf ein Weltbild auf, in dem die gängigen Modellierungen des hochkomplexen Phänomens Klima nicht mehr zu hinterfragende ‚Fakten‘ sind. (…) Das Netzwerk bietet auch eine Liste mit geeigneten universitären Experten, von denen man garantiert Aussagen im Sinne der Leitlinien bekommt. (…) Mitglieder des Netzwerks Klimajournalismus sind sich ihrer (guten) Sache 100% sicher. Sie zweifeln und hinterfragen nur noch die Argumente und Positionen der vermeintlichen oder tatsächlichen Gegenseite. (…) Die Mitglieder und Unterzeichner, die das Ende der Welt oder der Menschheit nahen sehen, halten das für notwendig. Mag sein, dass sie Recht haben. Dass sie es trotzdem Journalismus nennen, ist irreführend.“

Manova: Der gefallene Sozialdemokrat. An das friedenspolitische Erbe der SPD kann sich Bundeskanzler Olaf Scholz wohl nicht mehr erinnern – bei einer Rede beschimpfte er Friedensaktivisten als „gefallene Engel“ – Auszug: „Stell dir vor, es gibt eine SPD-Kundgebung und keiner geht hin. Die geringe Besucherzahl an diesem Freitagnachmittag war freilich nicht allein mit der schwindenden Popularität der ehemaligen Volkspartei zu erklären. In dieser Woche verkehrte in der Münchner Innenstadt aufgrund der sogenannten ‚Stammstreckensperrung‘ baustellenbedingt keine S-Bahn. Ganz normal in der Industrienation Deutschland im Jahre 2023. (…) Sowohl vonseiten der Anhänger als auch der Gegenprotestanten waren circa je tausend Menschen anwesend. (…) Im Vorfeld hatte die außerparlamentarische Corona-Opposition Münchens für Gegenproteste mobilisiert. Dies rief wiederum die Lokalblätter auf den Plan, zu verkünden, dass die AfD und eine imaginierte Querdenker-Szene – die es in München schon lange nicht mehr gibt – Gegenproteste organisieren würden. (...) Mit anderen Worten: Wer nicht für den Kanzler ist, ist rechts. (…) Den Marienplatz dürften manche der Gegendemonstranten – und auch ich – nach den ‚drei Jahren‘ mit anderen Augen sehen. Nicht einmal zwei Jahre ist es her, dass hier an diesem Ort Maßnahmenkritiker bei Winterkälte stundenlang eingekesselt und mit Ordnungsgeldern im vierstelligen Bereich bedroht wurden. Es ist schon sehr zynisch, dass nun genau an diesem entweihten Ort in wenigen Minuten wieder substanzlose Loblieder auf unsere vermeintlich so gut funktionierende Demokratie gesungen werden. (…) Wer dachte, die SPD hätte zu Coronazeiten bereits ihre Talsohle erreicht, der wurde am 18. August in München Zeuge dessen, wie die SPD an ebendieser Talsohle noch einen zusätzlichen Schützengraben grub. Zugleich entblödete sich Scholz nicht, zu predigen, wir alle müssten unsere Lebensweise drastisch verändern, um dem Klimawandel Herr zu werden. Mit Kohle als Energiequelle sei dies nicht möglich. Einen Widerspruch zu der 100-Milliarden-Investition in ganz sicher nicht CO2-neutrale Rüstung sieht er dabei nicht. Fahrverbote für den Diesel, freie Fahrt für die Panzer.“

TAZ: Australien ist doch nicht Katar. Auf eine kritische Betrachtung der Gastgeberstaaten wurde bei der WM völlig verzichtet. Wer zum Westen gehört, wird nicht mit Fragen behelligt – Auszug: „‘Fragwürdige Austragungsorte’ mit ‚zweifelhafter Menschenrechtsbilanz‘ sind immer nur Staaten außerhalb der sogenannten westlichen Welt. (…) Dabei gab es auch vor der WM 2023 viele Chancen, den Austragungsstaat kritisch zu reflektieren, zu hinterfragen, unter Druck zu setzen. (…) Australien hat eine der brutalsten Anti-Migrations-Politiken der Welt inklusive Haft für all jene, die verdächtigt werden, ‚illegal‘ gekommen zu sein. (…) Ebenfalls 2023 protestierten NGOs massiv gegen das australische Gefängnissystem: Ein 13-jähriger indigener Junge soll wegen eines eher geringen Vergehens 45 Tage in Einzelhaft gehalten worden sein. Solche Misshandlungen sind kein Einzelfall. Schon 10-jährige Kinder sind in Australien strafmündig. (…) UN-Vertreter:innen wurde im Vorjahr der Zugang zu einigen Haftanstalten verweigert. Etwa 13 Prozent aller Australier:innen leben unter der Armutsgrenze, bei Indigenen sind es rund 31 Prozent. Australien gehört zu den zehn reichsten Ländern der Welt. Von einem reichen Staat ohne Fußballtradition, der sich ein Turnier holt, war aber nicht die Rede, anders als bei Katar. Der Reichtum ist innerhalb Australiens dramatisch ungleich verteilt. (...) Australien verursacht hinter einigen arabischen Ölstaaten die höchsten Pro-Kopf-CO2-Emissionen der Welt. Das liegt unter anderem an der dreckigen Kohleindustrie – Australien ist weltweiter Kohleexporteur Nummer eins. (…) Wer Weltturniere kritisch begleiten will, muss objektiver, tiefgründiger, weniger naiv sowohl über die Situation vor Ort als auch über die Wirkung eines Staates in der Welt sprechen. Und sich von der alten imperialistischen Diktion lösen, die zwischen freien Staaten und Schurkenstaaten unterscheidet.“

Achgut: Wer beugt hier das Recht? Das Urteil gegen Richter Dettmar – Auszug: „Zwei Jahre Haft auf Bewährung wegen angeblicher Rechtsbeugung. Das ist das heutige Urteil gegen den Weimarer Richter Christian Dettmar, der damit auch Beruf und Anstellung verlieren dürfte. Im April 2021 hatte der damalige Familienrichter bekanntlich wegen drohender Kindeswohlgefährdung für zwei Kinder die Maskenpflicht in zwei Schulen aufgehoben. Das sorgte deutschlandweit für Aufsehen, denn seine einstweilige Verfügung hatte er mit eigens angeforderten Gutachten begründet, und das war mehr, als etliche Beschlüsse zur Verhängung restriktiver Maßnahmen zu bieten hatten. (…) Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Rechtsbeugung gegen ihn, im Büro und in der Wohnung des Familienrichters erschien die Polizei zur Hausdurchsuchung, beschlagnahmte Computer und Mobiltelefon und durchsuchte auch sein Auto. Das sah mehr nach einem Rachefeldzug aus als nach einer rechtsstaatlichen Klärung eines juristischen Streitfalls. (…) ‚Setzt sich die Staatsanwaltschaft auch nur mit einem einzigen Satz mit den Gutachten auseinander und versucht auch nur ansatzweise zu begründen, warum die Annahme einer Kindeswohlgefährdung nicht nur eine unrichtige, nicht nur eine unvertretbare Entscheidung sein soll, sondern mehr noch eine schwerwiegende Entfernung von Recht und Gesetz? Antwort: Gar nicht – sie lässt es einfach! (…) Da die Staatsanwaltschaft keine inhaltlichen Fragen stellt, entgeht ihr auch, dass sich die Ergebnisse der eingeholten Gutachten bis zum heutigen Tag in vollem Umfang und eindrucksvoll bestätigt haben.‘“

22. August 2023

Overton-Magazin: Weshalb so viele Menschen die Gefahr nicht sehen – Auszug: „Es sind nicht immer Unmenschen, die Kriege befürworten oder sie auslösen. Aber sie sind vielleicht blind für dasjenige, was dort wirklich passiert. (…) Wer heute als Soldat durch Knopfdruck unter Umständen Hunderte oder gar Tausende umbringt, muss in der Lage sein, das Elend der dadurch sterbenden und dahinsiechenden Menschen restlos auszublenden. Würde er das ausgelöste Leid empathisch an sich heranlassen, würde er unfähig sein, seine ‚Arbeit‘ zu verrichten, denn Soldaten üben ‚Jobs‘ aus, die – wie ihnen regelmäßig mitgeteilt wird – einem guten Zweck dienen. Man ‚weiß‘ zwar, was man tut, aber man ‚begreift‘ es nicht. (…) So könnte man fast annehmen, Apokalypse-Blindheit, jedenfalls die in Kriegen übliche Blindheit gegenüber dem Leid anderer, sei irgendwie normal. Offenbar können Menschen nicht anders, als in solchen Situationen blind zu sein. Andererseits fällt auf, dass es immer wieder Ausnahmen gibt. Die Kriegszitterer während des Ersten Weltkriegs gehörten dazu. Auch die enorme Verbreitung der Posttraumatischen Belastungsstörung bei Kriegsveteranen zeigt, dass tägliches Töten eben nicht ‚normal‘ ist, sondern bei nicht wenigen zu Erkrankungen führt. Solche ‚Störungen‘ scheinen darauf hinzuweisen, dass es sich eher nicht um Abweichungen vom Normalen, sondern um Signale handelt, dass der kulturelle Zustand Krieg selbst anormal und letztlich krankhaft ist, Kriege also etwas Unnatürliches sind. (…) Was die Atomkriegsgefahr angeht, so existieren bestimmte Redeweisen, die Apokalypse-Blindheit befördern. ‚Keiner wird doch so dumm sein …‘ lautet eine solche Beschwichtigungsformel und unterstellt den Regierenden Einsicht und Rationalität. In der aktuellen Situation impliziert das paradoxerweise auch ein unbewusstes Vertrauen auf Putin. Er gilt zwar als Ausgeburt eines fast schon wahnsinnig gewordenen Tyrannen, getrieben von illusorischen Großmachtphantasien, sicher ist man sich aber, dass er keinen Atomkrieg beginnen wird. (…) Diese eher infantile Reaktion hat der Psychoanalytiker und Friedensaktivist Horst-Eberhard Richter in seiner ‚Psychologie des Friedens‘ als Elternprojektion bezeichnet. Wo die Gefahr am größten ist, da beschützen uns die Eltern. Aber was sind das für Eltern? Sie sind – so Anders – ebenfalls apokalypse-blind! Sie begreifen alle gleichermaßen – nichts: ‚der Oberstkommandierende so wenig wie der Infanterist, der Präsident so wenig wie der Kumpel. Denn das Gefälle zwischen Wissen und Begreifen besteht ohne Ansehen der Person und ohne Unterscheidung von Rängen; keiner von uns ist von ihm ausgenommen.‘“

Zeit: Geplante Erweiterung der Brics-Gruppe: Wer will was? – Auszug: „Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika wollen nichts geringeres als ein Gegengewicht zur wirtschaftlichen Dominanz des Westens bilden. Ihre Allianz Brics soll deshalb wachsen und zu ‚Brics plus’ werden – darüber herrscht Einigkeit. (…) Russland dürfte vor allem darauf dringen, dass das erstmals zum Brics-Gipfel eingeladene Belarus als Mitglied aufgenommen wird. (…) China gilt als treibende Kraft einer Erweiterung der Brics-Gruppe. (…) Indien befürchtet, dass es durch eine mögliche Aufnahme mehrerer China-freundlicher Nationen an Einfluss in der Gruppe verlieren könnte. (…) Südafrika gehe es vielmehr um eine verstärkte 'Süd-Süd-Zusammenarbeit', da westliche Industriemächte die Belange des globalen Südens zunehmend vernachlässigten. (…) Auch der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva macht sich für die Aufnahme weiterer Länder stark. Er unterstützt Medienberichten zufolge den Eintritt von Staaten wie Argentinien, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. ‚Brics plus‘ soll demnach ein Gegengewicht zur Gruppe der G7 bilden. Die G7 sei ein ‚Klub‘, der nicht existieren dürfe, weil seine Form, über Geopolitik zu sprechen, überholt sei.“ (Anmerkung Stefan Korinth: Dieser von der Zeit übernommene dpa-Artikel ist unter den zahlreichen ultrakritischen, abwertenden und teils gehässigen Beiträgen deutscher Medien zum BRICS-Gipfel wohl noch der sachlichste – wenn auch ebenfalls mit Schlagseite.)

Overton-Magazin: Was wirklich geschah: Russischer Raketenangriff auf ein Theater in der Stadt Tschernhiw – Auszug: „Die Nachrichten in den westlichen Medien über den Raketenangriff auf die Stadt Tschernhiw sind fast durchweg identisch. Man verlässt sich auf ukrainische Angaben, nach denen eine Iskanderrakete das Stadtzentrum getroffen, mindestens sieben Menschen getötet, darunter angeblich auch ein sechsjähriges Kind, und mehr als 100 verletzt hat. ‚Ein Marschflugkörper sei an einem zentral gelegenen Platz eingeschlagen, während Menschen aufgrund eines religiösen Feiertags auf dem Weg zur Kirche gewesen seien‘, so berichtete die Tagesschau mit denselben Worten wie etwa die New York Times und gibt damit wieder, wie das ukrainische Innenministerium den Vorfall darstellt. (…) In einigen Medien wie der Süddeutschen oder der Zeit wird zumindest kurz erwähnt, dass das Gebäude der polytechnischen Universität und eines Theaters beschädigt wurden, und dass in letzterem eine ‚Drohnenmesse‘ oder eine ‚Ausstellung von Drohnen‘ zum Zeitpunkt des Angriffs stattfand. (…) Die Veranstaltung und ihr Beginn unter dem Titel ‚Furious Birds Demo Day‘ wurde mehrere Tage zuvor von Victory Drones angekündigt, der Ort aber erst wenige Stunden vor Beginn, was die Russen irgendwie erfahren haben. Die Teilnehmer wurden aufgefordert, in ziviler Kleidung zu kommen. Nach einem von Ria Novosti veröffentlichten Dokument hieß es, dass der Ort am Veranstaltungstag ab 6 Uhr bekannt gegeben würde. (…) In der Ukraine wird darüber gestritten, warum diese Veranstaltung zu Kampfdrohnen ausgerechnet im historischen Zentrum der Stadt nahe an der russischen Grenze durchgeführt wurde. Die örtliche Militärverwaltung hat die Veranstaltung genehmigt, der Stadtrat allerdings nicht. Ähnliche Treffen mit Vertretern des Militärs, Drohnenherstellern und Firmen hatte es bereits in anderen Städten wie Kiew, Lemberg oder Dnipro gegeben. (…) Diesen gesamten Kontext über die militärische Veranstaltung und die Rolle der ‚Freiwilligen‘, also der Milizen und Verbände, die meist nur pro forma in die reguläre Armee eingebunden sind, wegzulassen, erzeugt ein schiefes Bild für die Mediennutzer. Sie sollen offenbar nur sehen, dass Russland zivile Gebäude beschossen und Zivilisten getötet und verletzt hat.“

The Conversation: Are Europeans really democrats? (Sind die Europäer wirklich Demokraten?) – Auszug (übersetzt): „Es ist wichtig, dass wir die offensichtliche Begeisterung der Europäer für die Demokratie ins rechte Licht rücken. In der Tat ist die Wahl des demokratischen Systems für viele nicht exklusiv. 52 % von ihnen würden eine Regierung akzeptieren, die aus Experten besteht, die Entscheidungen treffen, 32 % würden die Macht eines autoritären Führers begrüßen und 14 % würden sogar ein Militärregime unterstützen. Insgesamt finden nur 38 % der ‚exklusiven Demokraten‘ die Demokratie gut und andere Systeme schlecht. In einem ziemlich großen Teil der Bevölkerung sind die demokratischen Werte nicht tief verwurzelt. Sollte es zu einer politischen Krise kommen, könnte die Tendenz zu einem antidemokratischen System stark sein. (…) In Westeuropa sind die Deutschen und die Schweizer der Demokratie deutlich verbundener als die Franzosen. Die Franzosen sind kaum mehr exklusive Demokraten als der Durchschnittseuropäer: Während 89 % der Meinung sind, dass die Demokratie ein gutes System ist, sagen 48 % dasselbe über eine von Experten geführte Regierung, 23 % über die autoritäre Macht eines starken Mannes und 13 % über eine Regierung der Armee. (…) In Russland mögen die Umfrageergebnisse angesichts der Führung durch Putin überraschen. Der Anteil der exklusiven Demokraten ist in Russland (41 %) genauso hoch wie in mehreren anderen europäischen Ländern, insbesondere in Frankreich (40 %). 81 % der Russen halten die Demokratie für ein gutes System.“

UnHerd: The West is losing the plot (Der Westen verliert die Deutungshoheit) – Auszug (übersetzt): „Seit mehr als einem Jahrzehnt ist unsere Fähigkeit, ein kohärentes Narrativ über uns selbst zu formulieren, im Niedergang begriffen. Mit ‚uns‘ meine ich den Westen, der in seiner heutigen Form 1945 nach drei Jahrzehnten des Krieges, der Verwüstung und des wirtschaftlichen Umbruchs entstanden ist. Das Narrativ, das er sich selbst erzählte, kristallisierte sich während des Kalten Krieges heraus: dass der Westen für Freiheit und Unabhängigkeit gegen den sehr lebendigen Totalitarismus der Sowjetunion stehen würde. (…) Niemand weiß, wie es weitergehen soll oder was er glauben soll. Und wie drei jüngste Ereignisse gezeigt haben, führt diese schädliche Haltung bereits zu ernsthaften Störungen in unserer politischen Kultur. Der erste war der Ausbruch von Covid-19 und die Reaktionen in Form von Abriegelungen und Impfungen. Vergleichen Sie dieses traumatische Ereignis beispielsweise mit dem Irakkrieg. Heute sind sich die meisten Menschen im Westen einig, dass der Irak-Krieg ein Fehler war; er war tragisch und hatte schreckliche Folgen, und wir haben es geschafft, uns damit abzufinden. Wenn man sich an einen Tisch voller Fremder setzen würde, wüssten alle im Großen und Ganzen, was man über den Irak-Krieg zu sagen hat – und man könnte darüber diskutieren. Doch bei Covid-19 und der Reaktion der Regierung darauf ist das nicht der Fall. Es gibt kein akzeptiertes Narrativ. Haben wir das Virus mit unserer umsichtigen und rationalen Reaktion besiegt? Oder haben wir überreagiert und Verwüstung angerichtet? Es gibt keine eindeutige Antwort, also schwelt es weiter.“

Cicero: Ulrike Guérot für Kandidatur offen – Wagenknecht sammelt Kandidaten für Europawahl – Auszug: „(…) [H]eute trauen der Union nur wenige Wähler eine bessere Politik zu als der Ampel. Aber mit der AfD ist eine Partei entstanden, die auf doppelte Weise im Wählerreservoir der etablierten Parteien wildert. Der Union luchst sie mit ihrer migrationskritischen Haltung im Milieu der Konservativen und der politischen Linken mit ihrer Moderne-Kritik im klassischen Arbeitermilieu Unterstützer ab. (…) Die Unterstützer der AfD bekennen allerdings zu zwei Dritteln, von der Partei gar nicht überzeugt zu sein und sie nur als Denkzettel für die Etablierten zu unterstützen. Für die Gründung einer neuen Partei durch Sahra Wagenknecht wären das ideale Bedingungen, die kaum noch besser werden können. Immerhin die Hälfte der derzeitigen AfD- und Linken-Anhänger könnte sich vorstellen, eine Wagenknecht-Partei zu wählen. Ihr Wählerpotenzial wird auf bis zu 20 Prozent geschätzt. Unterdessen verdichten sich die Anzeichen dafür, dass Wagenknecht demnächst die Gründung ihrer Partei bekannt geben wird. Dafür jedenfalls spricht, dass bereits potenzielle Kandidaten für die Europawahl im Jahre 2024 gesammelt werden. Das bestätigt gegenüber Cicero die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot. Sie selbst befinde sich mit Wagenknecht bereits seit geraumer Zeit in Gesprächen und sei von ihr und zuvor auch von anderen gefragt worden, ob sie für eine Kandidatur für das Europa-Parlament bereit stünde.“ (Bezahlschranke)

ZDF: Debatte um Kindergrundsicherung: Verband: Aussagen von Lindner „unsäglich“ – Auszug: „Lindner hatte Zweifel am Konzept der Kindergrundsicherung von Familienministerin Lisa Paus angemeldet, mit der die Politikerin der Grünen Leistungen für Familien zusammenfassen und zugleich erhöhen will. (…) Er wolle gerne diskutieren, wie man diesen Kindern und Jugendlichen am besten helfen könne. Dabei stellte er die Frage in den Raum: Hilft man ihnen am besten dadurch, dass man den Eltern mehr Geld aufs Konto überweist? Von Kinderarmut seien vor allem Familien betroffen, die seit 2015 nach Deutschland eingewandert seien, sagte Lindner (FDP) am Sonntag. (…) Natürlich brauche es für diese Familien besondere Angebote und es sei auch richtig, dass Eltern befähigt werden sollten, in Arbeit zu kommen, sagte [der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes] Schneider dazu. ‚Das darf doch aber kein Argument sein, um Kinder in Armut zu belassen‘. (…) Laut dem Ökonomen Marcel Fratzscher belegten (…) [die vom Finanzminister verwendeten] Zahlen (…) nicht, dass es einen Zusammenhang zwischen Migration und Kinderarmut gebe. Schließlich sei statistisch gesehen arm, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat. Weil aber seit 2015 ‚noch ärmere Menschen hinzugekommen sind‘, sinke das mittlere Einkommen. So kritisierte Fratzscher auf X (früher Twitter): ‚Armut ist Armut. Es ist moralisch, wirtschaftlich und sozial irrelevant, welche Hautfarbe, Herkunft etc. ein von Armut betroffenes Kind hat.‘“

21. August 2023

BR: Scholz schwört Bayern-SPD in München auf Landtagswahlkampf ein – Auszug: „Olaf Scholz spricht direkt zu Beginn laut und energisch in sein Mikro: ′Während wir hier friedlich versammelt sind und uns Gedanken über die Zukunft unseres Landes machen, müssen die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine um die Sicherheit ihres Lebens, ihrer Familien, ihrer Freunde bangen.‵ Es sei richtig, ein überfallenes Land zu unterstützen. ′Dazu gehört auch, dass wir Waffen liefern‵, so Scholz. Für eine Rede zum Wahlkampfauftakt seiner SPD für die Landtagswahl in Bayern ein eher ungewöhnlicher Einstieg. Die Buhrufe und Pfiffe auf dem Münchner Marienplatz, die teils derbe Kritik an seiner Ukraine- und Energiepolitik hatten den Bundeskanzler offenbar aufgebracht. ′Und dann sieht man immer wieder, manchmal auch hier, einige, die halten die Slogans der Friedensbewegung der 80er Jahre hoch, mit Friedenstauben‵, sagt Scholz und zitiert: ′Frieden schaffen ohne [Waffen].‵ Man könne den Ukrainern jedoch nicht sagen, sie sollten einfach ihr Land erobern lassen: ′Das hat mit Freiheit, Demokratie und Friedensliebe gar nichts zu tun‵, so Scholz. An dieser Stelle überschlägt sich seine Stimme fast. (...) Seine Regierung habe bei Waffenlieferungen stets sorgfältig überlegt und werde alles dafür tun, dass es nicht zu einer Eskalation und einem Krieg zwischen Russland und der Nato komme. Dennoch: Diejenigen, die hier auf dem Platz mit Friedenstauben herumlaufen würden, seien ′gefallene Engel, die aus der Hölle kommen, weil sie letztendlich einem Kriegstreiber das Wort reden‵, sagt Scholz. (...) Russlands Präsident Wladimir Putin habe sich mit seinem Angriffskrieg verrechnet, so Scholz, ′weil er gedacht hat, wir in Europa wüssten uns nicht zu helfen‵. Doch die Bundesregierung habe aus anderen Quellen Gas bezogen und schnell Flüssiggas-Terminals bauen lassen. ′Das war Deutschlandtempo‵, verkündet Scholz.“

ntv: Bericht schätzt Verluste in der Ukraine auf fast 500.000 Soldaten – Auszug: „Im Ukraine-Krieg sind einem US-Medienbericht zufolge insgesamt fast 500.000 Soldaten getötet oder verletzt worden. Die Verluste seit dem russischen Angriff im Februar vergangenen Jahres seien auf russischer Seite mit etwa 300.000 Toten oder Verwundeten höher als auf ukrainischer Seite, schreibt die ′New York Times‵ unter Berufung auf US-Regierungsvertreter. Die Zahl der gefallenen russischen Soldaten werde auf bis zu 120.000 geschätzt und die Zahl der Verletzten auf 170.000 bis 180.000. Die Ukraine habe rund 70.000 gefallene Soldaten und 100.000 bis 120.000 Verwundete zu beklagen. (...) Die im Frühjahr geleakten Pentagon-Papiere bezifferten die russischen Gesamtverluste auf 189.500 bis 223.000 Mann, darunter bis zu 43.000 Gefallene. Die Ukraine hingegen habe bis Februar 124.500 bis 131.000 Soldaten verloren, wobei bis zu 17.500 Soldaten getötet worden sein sollen, heißt es in den Geheimdokumenten. Der ′New York Times‵ zufolge schwanken die Schätzungen deshalb so stark, weil die Ukraine Washington nicht über eigene Kriegsverluste informiere. Zudem würden sich die US-Geheimdienste vornehmlich auf die Einschätzung russischen Verluste konzentrieren. Öffentlich äußert sich die Ukraine generell nicht zu ihren Verlusten. Das russische Verteidigungsministerium erklärte im vergangenen September, es seien 6.000 russische Soldaten in der Ukraine getötet worden. Experten halten diese Zahl für stark untertrieben. Laut einer Analyse, die die ′New York Times‵ zitiert, verfügt die Ukraine über rund 500.000 Soldaten, darunter reguläre Soldaten, Reservisten und Paramilitärs. Im Gegensatz dazu könne Russland auf etwa 1,3 Millionen Soldaten zurückgreifen, wobei 250.000 Mann paramilitärischen Verbänden wie der Söldnergruppe Wagner zugeordnet werden.“

Achgut: Der Ukraine gehen die Soldaten aus – Nach eineinhalb Jahren Krieg hat die Ukraine zunehmend Probleme, den Streitkräften ausreichend Rekruten zuzuführen. Um dieses Problem zu lösen, bringt Kiew nun eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg. Ein Blick auf das aktuelle Geschehen. – Auszug: „Ob es der Regierung tatsächlich gelingt, um ihre Gesundheit besorgte Männer von einem Fronteinsatz zu überzeugen, darf bezweifelt werden. Niemand möchte im Krieg sein Leben lassen. Das gilt umso mehr, als bislang nicht Mobilisierte zumindest theoretisch die Möglichkeit haben, sich der Einberufung zu entziehen. Angesichts der im Netz kursierenden Filme von den erbitterten Kämpfen an der Front dürften sich dieser Tage viele von ihnen die Frage stellen, ob sie den Versuch der Flucht wagen wollen. (…) Während immer mehr Männer mit ihrer Pflicht zum Militärdienst hadern, bekräftigt die ukrainische Regierung ihre Entschlossenheit, Wehrpflichtigen und Soldaten während des Kriegsrechts keine Auslandsreisen zu gestatten. Wie wichtig die Bündelung aller verfügbaren Kräfte ist, haben die ersten Wochen nach Invasionsbeginn gezeigt. Damals waren hunderttausende Ukrainer freiwillig an die Front gekommen und trugen somit entscheidend dazu bei, den russischen Angriff zurückzudrängen. Wohl wissend, dass ein solcher Enthusiasmus nicht mehr möglich ist, sind Rekrutierungsbeamte derzeit vermehrt auf den Straßen aktiv, wobei besorgniserregende Videos im Internet kursieren. Sie zeigen, wie Offiziere Männer in Lieferwagen verfrachten und zur Einberufungsbehörde bringen. Dazu kommt es, weil seit Beginn des russischen Angriffskrieges zehntausende ukrainischer Männer illegal aus dem Land geflohen sind, häufig mit Hilfe von Schmiergeldern. (…) Als kriegführender Staat hat die Ukraine (...) keine andere Wahl, als die wehrfähige Bevölkerung notfalls auch unter Zwang zum Kriegsdienst zu mobilisieren. Gemäß ihrer Verfassung hat sie dazu das Recht. Gleiches gilt für ihre Bemühungen, wehrkraftzersetzenden Aktivitäten mit aller Härte entgegenzutreten. Andererseits führt die Anwendung von Zwang oder gar Gewalt zu einer signifikanten Verringerung der ohnehin schon geringen Kriegsbereitschaft. Die russische Armee mit ihrer desolaten Moral und den regelmäßig zu beobachtenden Fällen von Desertionen ist dafür ein mahnendes Beispiel. Der Unterschied ist nur, dass Russland bei Bedarf mehr als genug Soldaten mobilisieren kann.“

Welt: Der Crash von Luna 25 zeigt die zwei Gesichter der russischen Raumfahrt – 1,8 Tonnen Schrott statt triumphaler Landung: Das Fiasko bei der geplanten Landung auf dem Mond trifft Moskau hart, nicht nur beim Prestige. International haben solche Missionen eine wachsende strategische Bedeutung. – Auszug: „Für Moskau ist die gescheiterte erste unbemannte Mondlandung seit fast 50 Jahren ein Prestigedesaster. 1976 glückte Luna 24 noch eine sanfte Landung und es wurden sogar 170 Gramm Mondstaub zur Erde transportiert. Jetzt gelingt nicht einmal die Landung. Noch ist völlig offen, was zu dem Fiasko geführt hat. Tatsächlich sind Mondlandungen in technischer Hinsicht überaus anspruchsvoll. Das Scheitern der Mission Luna 25 zeigt wieder einmal die zwei Seiten von Russlands Raumfahrt: Auf der einen Seite sind da die extrem zuverlässigen und reibungslosen Starts der Sojus-Raketen, die beispielsweise regelmäßig Fracht oder Besatzungen zur Internationalen Raumstation (ISS) fliegen. Zugleich werden aber auch immer wieder haarsträubende Qualitätsmängel oder Zwischenfälle bekannt. So wie etwa falsch herum eingebaute Sensoren in der Proton-Rakete 2013 oder 2021 das unkontrollierte Feuern von Lagetriebwerken nach dem Andocken des Moduls Nauka an der ISS, was zum Taumeln der gesamten Station führte. Die Triebwerke hätten ′versehentlich und unerwartet‵ gefeuert, hieß es damals. Ein großer Rückschlag für Moskaus Raumfahrtambitionen war auch die gescheiterte Mission Phobus-Grunt für eine geplante Landung auf dem Mars-Mond Phobus. Nach dem Start der Sonde 2011 scheiterte damals der Weiterflug zum Mars.“

Süddeutsche Zeitung: Sperrklausel bei Europawahl: Kleinparteien werfen Regierung Machtmissbrauch vor (19.6.) – Auszug: „Piratenpartei, ÖDP, Volt und ‚Die Partei‘ kritisieren, dass die Bundesregierung die Zwei-Prozent-Hürde bei der Europawahl einführen will. Millionen an Stimmen würden so ‚vernichtet‘. (…) Bei der letzten Europawahl ist den vier Kleinparteien der Einzug ins Parlament gelungen, genauso wie der Tierschutzpartei, den Freien Wählern und der Familienpartei. Doch jetzt soll durch eine Änderung des Europäischen Direktwahlakts eine Sperrklausel eingeführt werden, die sie aus dem Parlament drängen könnte. Sie soll bei mindestens zwei Prozent liegen. Der Bundestag hat der Änderung des Direktwahlaktes gerade zugestimmt – in diesem Fall waren Ampelkoalition und Unionsfraktion sich mal einig. Der Bundesrat wird die Änderung des Aktes voraussichtlich in seiner nächsten Sitzung am 7. Juli billigen. Abgesehen von Deutschland, Spanien und Zypern haben bereits alle EU-Staaten zugestimmt. Diese Sperrklausel komme auf Betreiben Deutschlands, klagen die Kleinparteien unisono. Die aktuelle Bundesregierung und ihre Vorgänger hätten sich vehement dafür eingesetzt. Die Grünen hätten die Änderung lange verhindert, ohne sie habe es nicht die nötige Zweidrittelmehrheit im Bundestag gegeben. Doch bei den Koalitionsverhandlungen mit SPD und FDP seien die Grünen dann umgefallen – deshalb sei der Weg jetzt frei. (…) Bei den Europawahlen gab es in Deutschland zunächst eine Fünf-Prozent-Hürde. Nach der Wahl 1994 durften deshalb zum Beispiel die FDP und die Republikaner keine Abgeordneten mehr entsenden, weil sie unter die Hürde gerutscht waren. 2011 hat das Bundesverfassungsgericht die Fünf-Prozent-Hürde dann jedoch gekippt. Daraufhin wurde eine Drei-Prozent-Hürde beschlossen, die das Verfassungsgericht aber noch vor der Europawahl 2014 ebenfalls verworfen hat. Die Sperrklausel verstoße gegen die Grundsätze der Chancengleichheit der politischen Parteien und der Wahlrechtsgleichheit, befanden die Richter. (…) Bei der Europawahl 2014 zogen deshalb acht Parteien ins Parlament ein, obwohl sie unter fünf Prozent geblieben waren. Einer dieser Abgeordneten war Martin Sonneborn – er sitzt immer noch im Europaparlament. Er zitiert eine Passage aus einem Artikel der Süddeutschen Zeitung aus dem Jahr 2014, um zu belegen, dass es schon seit damals Bestrebungen gibt, die kleinen Parteien durch einen Umweg über europäisches Recht wieder los zu werden. In dem Artikel stand, dass der damalige Außenminister und heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gesagt habe, auch wegen Sonneborns ‚Jux-Partei‘ müsse man sich fragen, ‚ob es wirklich für alle Zeiten unzulässig sein soll, über eine Sperrklausel für das Europaparlament nachzudenken‘. Wenn dies über das nationale Recht nicht gehe, müsse man halt überlegen, auf europäischer Ebene eine solche Hürde einzuführen. Genau so ist es gekommen.“

17. August 2023

Frankfurter Rundschau: Ukraine im Gegenoffensive-Dilemma? Insider berichtet von Richtungsstreit mitten im Krieg – Die Gegenoffensive der Ukraine läuft wenig erfolgreich, sagt selbst Präsident Selenskyj. Laut einer anonymen Quelle droht Zoff auf höchster Ebene. – Auszug: „Jetzt steht der ukrainische Präsident womöglich vor einem Dilemma: Riskiert er bei der Offensive weitere herbe Verluste oder setzt er auf Schadensbegrenzung – und riskiert damit eine politische Schlappe? In der ukrainischen Regierung jedenfalls scheint sich Unzufriedenheit über den ungenügenden Fortschritt auszubreiten, wie das US-Nachrichtenmagazin Newsweek in Erfahrung gebracht haben will. Diese Stimmen hätten zu Streit mit dem Oberkommando des Militärs geführt. Während die eine Fraktion die wenigen Erfolge der ukrainischen Armee festigen und sich lieber auf eine russische Offensive im Herbst und Winter vorbereiten möchte, sieht es das Militärkommando anders: Oberbefehlshaber General Walerij Saluschnyj möchte die Gegenoffensive fortsetzen. ′Es gibt definitiv einige Meinungsverschiedenheiten innerhalb der ukrainischen Führung über die Militärstrategie‵, hat angeblich eine der ukrainischen Regierung nahestehende Quelle Newsweek verraten. (…) Die anonyme Quelle gab weitere Insider-Informationen aus den Reihen des ukrainischen Oberkommandos preis: ′Auf der militärischen Seite gibt es Saluschnyj und andere – aber offensichtlich hat er das Kommando –, die weiter Druck machen wollen. Auf politischer Seite gibt es einige Fragen, ob diese Vorgehensweise am sinnvollsten ist. Ist es vielleicht sinnvoller, sich in einigen Bereichen nach Möglichkeit abzusichern, um die Versorgungslinien und Lagerbestände zu entlasten?‵ Die Sorge westlicher Verbündeter über den langsamen Fortschritt der ukrainischen Armee und die Medienberichterstattung habe Druck auf Kiew aufgebaut. Daraus sei eine politische Debatte mit Schuldzuweisungen entstanden. Scheinbar habe das Militär zu positiv über die Gegenoffensive berichtet, was zur Unzufriedenheit einiger ziviler Regierungsbeamter führte, wie die Newsweek-Quelle berichtet: ′Es besteht der Eindruck, dass sie vom Militär in Bezug auf den Erfolg dieser Gegenoffensive in die Irre geführt wurden und dass sie von militärischer Seite zu optimistische Einschätzungen erhalten haben.‵“

Welt: „Damit werden alle Grundprinzipien der freien Medien abgeschafft“ – Warnungen vor der Macht der großen Tech-Konzerne gibt es viele – doch wenige deutsche Experten formulieren ihre Thesen so vehement wie Martin Andree. Der Medienwissenschaftler prognostiziert, dass unsere Demokratie in nur wenigen Jahren durch Google, Meta und Co. zerstört werden könnte (hinter Bezahlschranke) – Auszug: „WELT: Sie schreiben, dass die Übernahme der Sphäre der Medien so wichtig ist, weil von dort aus auch alle anderen Systeme gekapert werden können. Kritische Berichterstattung und Warnungen gab es aber doch nach den anfänglichen Jubelartikeln über Google, Facebook, Amazon und Co. Wie war es trotzdem möglich, dass sich die digitale Dynamik zugunsten der Plattformen entwickelte – war das unausweichlich, sozusagen alternativlos? Andree: Ich glaube, es ist nur möglich gewesen, weil wir eine Regulierung haben, die dieser Eigendynamik der Plattformen nichts entgegengesetzt hat. Wir haben es zugelassen, dass die Plattformen mit dem Trick durchgekommen sind, dass sie selber gar keine Medien sind, sondern nur sogenannte Intermediäre. Wenn man sich das genauer anschaut, ist das ja eine super Idee. Die Plattformen sagen, sie sind eigentlich nur Infrastrukturen, sowas wie Telefonnetze. Sie wollen darum keine Verantwortung für die Inhalte übernehmen, die dort hochgeladen werden. Also hätte man damals auch sagen können: Okay, ihr seid nur Intermediäre, ihr seid so wie Telefonleitungen, deswegen dürft ihr auch nur entsprechende Leistungen monetarisieren. Es wäre völlig absurd, dass ein Infrastrukturbetreiber Inhalte monetarisiert. Wir haben es aber durchgehen lassen, dass die Plattformen trotzdem Inhalte monetarisiert haben, durch den Verkauf von Werbeplätzen. Wir sind regulatorisch aufs Eis geführt worden und deswegen natürlich auch zu einem großen Teil selbst schuld sind an dieser Misere. WELT: Ich erinnere mich, dass die Medienunternehmen selbst gesagt haben, dass Plattformen keine Medien sein sollten, um eine klare Trennung zu schaffen. Aber was führt denn dann heraus aus dieser Misere? Andree: Ich glaube, dass man mit einfachen Mitteln Plattformstrukturen so verändern könnte, dass der Fluss des Traffics demokratisiert und Anbietervielfalt auch in der Nutzung möglich wird. Ein Beispiel sind die sogenannten Outlinks, die von einer Plattform zu anderen Anbietern führen. Die vermeiden die Tech-Konzerne bisher nämlich. Es müsste also möglich sein, dass Urheber nicht nur frei sind, ihre Inhalte zu gestalten, sondern auch Outlinks setzen dürfen, wo immer sie das wollen. Diese Links müssen zum vollständigen Verlassen der Plattform führen. WELT: Und dann? Andree: In dem Augenblick, in dem wir durch solche und andere Maßnahmen die Barrieren um die Plattform-Silos einreißen, wird der Traffic automatisch gleichmäßiger im Netz verteilt, alle Anbieter haben wieder eine faire Chance und können wertvolle Inhalte wieder gleichberechtigt monetarisieren. Gelingt uns dieser Wandel nicht, führt uns das in ein Medienuniversum, in dem die Plattformen die volle Kontrolle über die Verbreitung von Inhalten haben. Daran werden wir nichts ändern können, denn wo soll man da anrufen oder sich melden? Alle Kontrollmechanismen, die wir für klassische Medienunternehmen aufgebaut haben, greifen hier nicht. Wir verlieren die Kontrolle über unsere politische Öffentlichkeit und damit über die Grundlage unserer Demokratie.“

spiked: Hunter Biden and the rottenness of the US justice system – Supposedly neutral state bodies are going out of their way to shield the president and his son from scrutiny (Hunter Biden und die Verkommenheit des US-Justizsystems – Angeblich neutrale staatliche Stellen tun alles, um den Präsidenten und seinen Sohn vor einer Untersuchung zu schützen) – Auszug (übersetzt): „Die Langsamkeit, mit der der Fall Hunter Biden bearbeitet wird, steht in krassem Gegensatz zu dem rasanten Tempo, mit dem die Anklagen gegen Donald Trump erhoben werden. Trumps Behauptungen über ein ′Zwei-Klassen-Justizsystem‵ haben einen gewissen Widerhall. Der verzweifelte Versuch der Behörden, Joe Biden vor dem Schlamassel mit Hunter zu schützen, ist nicht auf eine tiefe Loyalität zu ihm zurückzuführen, sondern darauf, dass Joe Biden der Einzige zu sein scheint, der die Rückkehr von Trump ins Weiße Haus verhindern kann. In den Augen des politischen Establishments der USA ist alles erlaubt, wenn es darum geht, Trump zu stoppen – auch der Versuch, die sich häufenden Beweise für die Korruption der Familie Biden zu unterdrücken. Dieses Establishment, einschließlich vermeintlich neutraler staatlicher Stellen wie dem Justizministerium, hat sich auf die Seite von Joe Biden geschlagen. Wer wagt, gewinnt.“ (Anmerkung Ulrich Teusch: Es ist nach wie vor völlig unmöglich, aus großen deutschen Medien zu erfahren, worum es im Fall Hunter Biden überhaupt geht und inwiefern die Enthüllungen der vergangenen Wochen auch den Vater, Präsident Biden, immer mehr in die Schusslinie bringen. Man ist tatsächlich auf die Berichterstattung eher konservativer US-amerikanischer oder britischer Medien angewiesen, um die Brisanz der Affäre zu begreifen.)

ntv: Stoltenberg-Mitarbeiter sieht eine Lösung für die Ukraine – Auszug: „Der Stabschef von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg bringt mögliche Gebietsabtretungen der Ukraine ins Spiel. ′Ich glaube, dass eine Lösung darin bestehen könnte, dass die Ukraine Territorium abgibt und im Gegenzug eine NATO-Mitgliedschaft erhält‵, zitiert die norwegische Zeitung ′Verdens Gang‵ eine Aussage von Stoltenbergs Mitarbeiter Stian Jenssen bei einer Podiumsdiskussion in Arendal. In einem Gespräch über die künftige NATO-Mitgliedschaft der Ukraine sagte er dem Bericht zufolge: ′Es ist wichtig, dass wir darüber diskutieren.‵ Man müsse sich Gedanken machen, wie die Sicherheitslage für die Ukraine nach dem Ende des Krieges aussehen werde. ′In der Frage der künftigen NATO-Mitgliedschaft der Ukraine gibt es erhebliche Bewegung. Es ist in unser aller Interesse, dass sich der Krieg nicht wiederholt‵, so Jenssen. Auf die Frage der ′Verdens Gang‵, ob es die Auffassung der NATO sei, dass die Ukraine Territorium abgeben müsse im Tausch gegen Frieden mit Russland und eine künftige NATO-Mitgliedschaft, wies Jenssen darauf hin, dass die Diskussion über einen möglichen Nachkriegsstatus bereits im Gange sei und die Frage der Gebietsabgabe an Russland von anderen aufgeworfen worden sei. ′Ich sage nicht, dass es so sein muss. Aber es könnte eine mögliche Lösung sein‵, so Jenssen. (...) Das Außenministerium der Ukraine kritisierte Jensens Äußerung scharf, wie die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform berichtet. Der Sprecher der Behörde, Oleg Nikolenko, nannte demnach dessen Äußerungen ′absolut inakzeptabel‵. ′Wir gingen immer davon aus, dass die Allianz wie auch die Ukraine keinen Handel mit Territorien betreiben‵, so Nikolenko. (...) Ähnlich äußert sich auch der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak: ′Das ist lächerlich. Das bedeutet, sich bewusst für die Niederlage der Demokratie zu entscheiden, einen globalen Verbrecher zu ermutigen, das russische Regime zu bewahren, das Völkerrecht zu zerstören und den Krieg an andere Generationen weiterzugeben‵, schrieb er auf X, dem einstigen Twitter. ′Wenn Putin keine vernichtende Niederlage erleidet, das politische Regime in Russland sich nicht ändert und die Kriegsverbrecher nicht bestraft werden, wird der Krieg mit Sicherheit zurückkehren und Russland hat Lust auf mehr‵, betonte Podoljak.“

FAZ: Rubeleinbruch alarmiert Moskau – Der Kreml hatte die Notenbank am Montag direkt für den schwachen Rubelkurs verantwortlich gemacht. Dabei dürfte die Umstellung auf die Kriegswirtschaft der Hauptgrund dafür sein – und dafür, dass die Teuerung zunimmt (hinter Bezahlschranke) – Auszug: „Auf die Sitzung der Zentralbankspitze vom Dienstagmorgen folgte kein Auftritt von deren Leiterin, Elvira Nabiullina. Solche gibt es üblicherweise, auch Äußerlichkeiten wie der Schmuck und die Farbe der Kleidung der Notenbankchefin werden beachtet. Nach der vorangegangenen, planmäßigen Sitzung im Juni hatte Nabiullina öffentlich schrumpfende Exporte, wachsenden Import und eine steigende Binnennachfrage als Hauptursachen für den niedrigen Rubelkurs benannt. Sie hob hervor, dass in der ′Wachstumserholungsphase‵ vor allem der Staat die Nachfrage stütze. Nach unterschiedlichen Prognosen verzeichnet die russische Wirtschaft in diesem Jahr einen leichten Rückgang oder dagegen Wachstum. Die Zentralbank geht von Letzterem aus, beschrieb aber im Juli Anzeichen für eine Überhitzung der Wirtschaft wegen der Staatsausgaben. Nicht nur die Ausgaben für Rüstungsgüter, Sold und Unterstützungsleistungen für Militärfamilien treiben die Preise, sondern auch Arbeitskräftemangel und vermutlich auch beschränkte Produktionsmöglichkeiten. Denn unabhängige Ökonomen zweifeln an Erfolgsverlautbarungen zu Auftragserledigungen, auch aufgrund von Intransparenz und Korruption im Rüstungssektor.“

15. August 2023

Responsible Statecraft: Can Washington pivot from its maximalist aims in Ukraine? (Kann Washington von seinen maximalistischen Zielen in der Ukraine abrücken?) – Auszug (übersetzt): „Vor dem Sommer hatten wir eine grobe Vorstellung davon, wie das Endspiel des Krieges in der Ukraine aussehen würde: Kiew würde seine Streitkräfte ausbilden und aufrüsten, eine Sommeroffensive starten, so viel Territorium wie möglich zurückerobern und schließlich mit möglichst starker Verhandlungsposition in Friedensgespräche eintreten, um den Krieg zu beenden. Jetzt, zwei Monate nach Beginn der Offensive und mit dem nahenden Ende des Sommers, erscheint dieses Szenario immer unwahrscheinlicher. Die ukrainische Offensive ist allem Anschein nach ins Stocken geraten, da die oft erschöpften, unerfahrenen und überhastet ausgebildeten Truppen kopfüber in die eingegrabenen und stark verminten russischen Verteidigungsanlagen eindringen – und das unter entsetzlichen menschlichen Opfern. (…) Gleichzeitig beharrt das Weiße Haus jedoch weiterhin darauf, die ukrainischen Kriegsanstrengungen ‚so lange wie nötig‘ zu unterstützen. (…) Zum Teil aufgrund der übertriebenen Rhetorik, mit der die Regierung und die NATO-Verbündeten die Dringlichkeit weiterer militärischer Hilfe verkaufen wollen, wurde der Öffentlichkeit vorgegaukelt, dass der Ausgang des Krieges nicht nur für Kiew und die Rückeroberung verlorener Gebiete von Bedeutung ist, sondern dass für die Sicherheit der USA, die gesamte Weltordnung und sogar für die Demokratie selbst existenzielle Bedeutung hat. (…) Um die Vereinigten Staaten aus dem Krieg herauszuholen, muss die Regierung abrupt von der Behauptung abrücken, dass die Zukunft des Weltfriedens und der Demokratie von der russischen Niederlage abhängt – oder, wie Präsident Biden bei seinem Besuch in Polen im Februar dieses Jahres sagte, dass ‚buchstäblich nicht nur die Ukraine auf dem Spiel steht, sondern die Freiheit‘. (…) Jeder russische Erfolg – ob tatsächlich oder vermeintlich – könnte als politisch inakzeptabel oder sogar als Demütigung für die NATO-Führung angesehen werden und Spaltungen aufdecken, die bisher weitgehend unterdrückt wurden.“

Sonar21: How Will the War in Ukraine End? (Wie wird der Krieg in der Ukraine enden?) – Auszug (übersetzt): „Aus der Sicht Russlands ist die Militäroperation in der Ukraine kein Krieg. Krieg bedeutet, den Feind zu vernichten – physisch, materiell und politisch. Entgegen den Behauptungen der westlichen Propaganda hat sich Russland davor gescheut, der Zivilbevölkerung massenhaft Opfer zuzufügen. Russland hat nicht versucht, westliche Nachrichten-, Überwachungs- und Aufklärungsplattformen, die Infrastruktur der ukrainischen Regierung oder ukrainische politische Amtsträger zu zerstören. Kurz gesagt, Russland hat nur einige der militärischen Karten ausgespielt, die es besitzt. Wenn man in den Krieg zieht, geht man aufs Ganze. Die Ukraine und ihre NATO-Verbündeten vertreten eine diametral entgegengesetzte Auffassung: Dies ist ein russischer Angriffskrieg. Im Gegensatz zu Russland hat die Ukraine nicht nur ihre Bevölkerung im militärischen Alter mobilisiert, sondern auch Jugendliche unter 18 Jahren und Männer zwischen 45 und 65 Jahren eingezogen und das Kanonenfutter nach vorne geschickt. Die Fähigkeit der Ukraine, einen Krieg aufrechtzuerhalten, hängt vollständig von den Geld- und Waffenlieferungen der Vereinigten Staaten und anderer NATO-Mitgliedstaaten ab. Ohne ausländische Unterstützung kann die Ukraine keinen modernen industriellen Krieg mehr führen. (…) Das wahrscheinlichste Szenario ist ein tiefer Riss zwischen Selenskyj und seinen militärischen Befehlshabern über die Frage, ob der Krieg fortgesetzt werden soll. Der Wunsch der Ukrainer, zu kämpfen, ist kein Ersatz für den notwendigen Nachschub an Waffen und, was noch wichtiger ist, für ausgebildete Truppen, die diese Waffen einsetzen können. Derzeit gibt es für die Ukraine keinen gangbaren Weg zur Aufrechterhaltung militärischer Operationen ohne garantierte Unterstützung durch die NATO. Der Joker in diesen Berechnungen ist die NATO. Im schlimmsten Fall beschließen die Vereinigten Staaten oder andere NATO-Mitglieder, einzugreifen und ihre eigenen Truppen in die Ukraine zu entsenden. Dies würde das Ende der ‚militärischen Sonderoperation‘ und den Beginn eines vollwertigen Krieges zwischen der NATO und Russland bedeuten.“

BR: Gerät die ukrainische Gegenoffensive zum Abnutzungskrieg? Auszug: „‵Unsere Briefings sind ernüchternd‵ – das hat der US-Kongressabgeordnete Mike Quigley nach seiner Rückkehr von Gesprächen mit amerikanischen Kommandeuren in Europa vor wenigen Tagen gegenüber CNN zu Protokoll gegeben. Ob die ukrainischen Streitkräfte in den kommenden Wochen in der Lage sein werden, nennenswerte Geländegewinne zu erzielen, stößt in Kreisen westlicher Militärexperten und Politiker zunehmend auf Skepsis. ′Dass sie wirklich Fortschritte machen, die das Gleichgewicht dieses Konflikts verändern würden, halte ich für sehr, sehr unwahrscheinlich‵, zitiert der US-Nachrichtensender CNN einen hochrangigen westlichen Diplomaten ohne Namensnennung. Lang ist die Liste der militärischen Herausforderungen, denen sich die ukrainischen Streitkräfte zwei Monate nach Beginn ihrer Offensive zur Rückeroberung ihrer von Russland besetzten Landesteile gegenübersehen. (...) Die stark ausgebauten russischen Verteidigungsstellungen und unzähligen Minenfelder machten einen schnellen Vorstoß unrealistisch, gibt die Schweizer Neue Zürcher Zeitung (NZZ) die Einschätzung des ukrainischen Heeres-Kommandeurs Olexander Sirski wieder. Bereits wenige Wochen nach Beginn der Gegenoffensive mussten die ukrainischen Streitkräfte ihre Vorgehensweise deutlich verändern. Zu verlustreich waren die Einsätze größerer Kampfverbände. Nach Schätzungen westlicher Militärexperten hat die Ukraine in diesen ersten Wochen zwischen 20 und 30 Prozent des aus dem Westen stammenden Militärgeräts eingebüßt. (...) Immer deutlicher spüren die ukrainischen Einheiten die spärliche Luftunterstützung durch eigene Kampfflugzeuge. Die Ankündigung von US-Präsident Joe Biden vom Mai, wonach die USA die Ausbildung von ukrainischen Piloten für den Einsatz von F-16 Kampfflugzeugen durch europäische NATO-Staaten unterstützen würden, erweist sich bislang als Hinhaltetaktik. Nach Informationen der Washington Post würden die ersten sechs ukrainischen Piloten erst im Sommer 2024 mit ihrer Ausbildung fertig sein. (...) Ohne eine moderne Luftwaffe, so stellt der ukrainische Oberbefehlshaber, General Walerij Saluschnyj, klar, könnten die westlichen Verbündeten von der Ukraine nicht erwarten, großangelegte Gegenoffensiven durchzuführen. Nüchtern heißt es dazu aus dem amerikanischen Verteidigungsministerium: ′Bei den F-16 handelt es sich um unsere langfristige Verpflichtung gegenüber der Ukraine.‵ Die F-16 Kampfflugzeuge stellten eine ′Fähigkeit dar, die für die aktuelle Gegenoffensive nicht relevant sein wird‵, so Pentagon-Sprecher Patrick Ryder. (...) Mit wesentlichen Durchbrüchen der ukrainischen Streitkräfte durch die vielfach befestigten russischen Verteidigungslinien im Süden und Südosten des Landes kann angesichts der großen Herausforderungen der Truppen derzeit nicht gerechnet werden. Es dürfte sich vielmehr ein langwieriger Abnutzungskrieg abzeichnen, dessen Ausgang unter anderem von der Bereitschaft der westlichen Verbündeten abhängen wird, der Ukraine dauerhaft zur Seite zu stehen.“

junge Welt: Jenseits der Propaganda – Waffenstillstand mit Gebietsverlusten steht zur Debatte: In der ukrainischen Öffentlichkeit werden Zweifel am Verlauf des Krieges laut – Auszug: „Und dann sitzt in einem Fernsehstudio ein Mann in Uniform, vermutlich um die 40, Kampfname ′Ded‵ (Opa), das Gesicht vermummt, man sieht nur die Augen. Nach Angaben des Moderators ist er der Führer einer vor Bachmut kämpfenden ukrainischen Scharfschützenkompanie. Er spricht russisch, nicht ukrainisch, und schildert die Situation an der Front aus seinem Blickwinkel und Erfahrungshorizont. Es gebe enorme Probleme mit den Rekruten, die aus dem Hinterland geschickt würden: Sie seien kaum ausgebildet, zum Teil chronisch krank, bis hin zur Tuberkulose, aus der letzten Zuteilung an seine Einheit sei von zehn Mann der jüngste 52 gewesen. Das größte Problem seien die höheren Offiziere – sie wollten mit aller Gewalt ′kleine Stalingrads‵ veranstalten, das führe zu den enormen Verlusten der ukrainischen Truppen. Weil die Führung die schweren Waffen schonen wolle und deshalb die Soldaten verheize, selbst Munition für Handfeuerwaffen sei knapp, so ′Ded‵, von Granaten ganz zu schweigen. Und dann äußert er sich zu einem Thema, das eigentlich außerhalb seines Handlungsspielraums liegt: der Perspektive des Krieges. Er und die Männer seiner Einheit, mit denen er gesprochen habe, hätten kein Problem damit, den Krieg entlang der jetzigen Frontlinie einzustellen. Und nach seiner Einschätzung würde die Armee ′nicht auf Kiew marschieren‵, wenn es zu einem solchen ′Einfrieren‵ des Konflikts kommen sollte. Der ukrainische Offizier mit dem Pseudonym Ded ist nicht der einzige, der an scheinbaren Gewissheiten der ukrainischen Kriegsöffentlichkeit rüttelt. An diesem Wochenende kam ein einstündiges Interview des ehemaligen Selenskij-Beraters Oleksij Arestowitsch mit der Starreporterin liberaler russischer Medien, Julija Latynina, ins Netz, in dem Arestowitsch Dinge sagte, die im starkem Widerspruch zu seinen früheren Äußerungen im Dienste des Staatschefs stehen. Der politische Hauptfehler der Ukraine sei gewesen, sich auf den von Stepan Bandera geprägten ukrainischen Nationalismus einzulassen und ihn zur politischen Leitideologie des Landes zu machen. Wenn man alle Russen entmenschliche und sie öffentlich als Tiere disqualifiziere, dann müsse man sich nicht wundern, wenn sie mit entsprechender Wut im Bauch kämpften. Der ukrainische Nationalismus sei ein siamesischer Zwilling des großrussischen Chauvinismus. Es sei kein Wunder, dass es NATO und EU mit der Aufnahme eines ′ultrachauvinistischen und mit amerikanischen Waffen vollgestopften Landes‵ nicht eilig hätten. Und schließlich zu den ukrainischen Kriegszielen: Die Ukraine sei ′in ihrem jetzigen wirtschaftlichen und politischen Zustand nicht in der Lage, die Grenzen des Jahres 1991 zurückzugewinnen‵.“

Welt: Plötzlich steht China vor dem Absturz – Chinas Statistikbehörden sind angehalten, positive Wirtschaftsdaten zu liefern. Doch das wird immer schwieriger. Eine Analyse zeigt zehn Gründe, die dafür sprechen, dass Pekings Blütezeit bereits vorbei ist. Zwei Auswege bleiben – doch diese sind für Xi Jinping schmerzhaft (Anmerkung Ulrich Teusch: Der Artikel steht hinter einer Bezahlschranke. Der Autor schreibt, die chinesische Wirtschaft habe „mit zehn großen Problemen, mit zehn Plagen“ zu kämpfen: einer Immobilienblase, einem enormen Schuldenberg, einer Deflation, einer schrumpfenden Bevölkerungszahl, den US-Sanktionen, einer Investorenflucht, einer mangelnden Unabhängigkeit der Notenbank, unkalkulierbaren Regierungsentscheidungen, einem Vertrauensschwund bei Unternehmen, Investoren und Konsumenten sowie einer hohen Jugendarbeitslosigkeit. Als Ausweg empfiehlt der Autor „grundlegende Strukturreformen, von der Einführung rechtsstaatlicher Prinzipien im Justizwesen, um Eigentumsrechte zu sichern, über eine Beschneidung der Macht der Planbehörden, um freien Marktkräften mehr Macht zu geben, bis hin zur Deregulierung im Finanzwesen, um das knapper werdende Kapital dorthin zu bringen, wo es am effektivsten eingesetzt werden kann. All das könnte zu einer Entfesselung der Wirtschaft und von Wachstumskräften führen. Doch das würde auch die Kommunistische Partei in ihrem Allmachtsanspruch in Frage stellen und Xi Jinping in seiner gottgleichen Stellung gefährden. Daher scheint das ausgeschlossen, und viel wahrscheinlicher ist eine jahrelange wirtschaftliche Malaise im Reich der Mitte.“)

NZZ: Erst veröffentlicht die linksextreme Antifa Privatadressen von AfD-Politikern, dann verbreitet sie das Landeskriminalamt fahrlässig weiter. – Auszug: „Die hessische Antifa-Gruppe hatte (…) die Privatadressen von AfD-Kandidaten im Internet veröffentlicht. Mithilfe einer interaktiven Karte konnten die Listenkandidaten im Raum Hessen verortet werden, auch Kennzeichen privater Fahrzeuge wurden genannt. In zwei Monaten finden die hessischen Landtagswahlen statt. Die Adressen waren mit einem impliziten Aufruf zur Gewalt versehen: ′Es ist längst überfällig, die Partei und ihre handelnden Individuen entschlossen zu bekämpfen‵, heisst es in dem entsprechenden Statement der linksextremen Gruppierung. Das LKA Hessen sagte der NZZ am Freitagvormittag auf Anfrage: ′Bei der Einstellung in das Presseportal der in Rede stehenden Pressemitteilung waren die Links versehentlich noch aktiv. Als dieser Fehler erkannt worden ist, wurde er schnellstmöglich korrigiert und die Links aus der Mitteilung entfernt. Unabhängig jeglicher juristischer Einschätzung bedauern wir den uns unterlaufenen Fehler und haben dessen Entstehung bereits intern nachbereitet.‵ Nicht nur das LKA hatte fahrlässig den Link weiterverbreitet. Auch beim Hessischen Rundfunk (HR) ist die Webseite mehrfach ausgewiesen worden. Das fiel einigen Twitter-Nutzern am Donnerstag auf. Noch am Freitagvormittag waren Videos abrufbar, in denen ′im Rahmen eines Zitats‵ die Webseite verbreitet wurde, wie der HR bestätigt.“

Geopolitical Economy Report: Burkina Faso’s new president condemns imperialism, quotes Che Guevara, allies with Nicaragua, Venezuela, Cuba (Burkina Fasos neuer Präsident verurteilt den Imperialismus, zitiert Che Guevara, verbündet sich mit Nicaragua, Venezuela und Kuba) – Auszug (übersetzt): „Im September 2022 führte die Unzufriedenheit zu einem anschließenden Putsch in Burkina Faso, der einen weiteren nationalistischen Militärführer namens Ibrahim Traoré (34) an die Macht brachte. (…) Traoré greift stark auf das Erbe Sankaras zurück. Er hat deutlich gemacht, dass er möchte, dass Westafrika und der gesamte Kontinent frei vom westlichen Neokolonialismus sind. (…) Traoré überraschte viele Beobachter, indem er einen langjährigen Anhänger von Thomas Sankara, Apollinaire Joachim Kyélem de Tambèla, zu seinem Premierminister wählte. Tambèla war ein Verbündeter Sankaras während der Revolution. Als Sankara in den 1980er Jahren an die Macht kam, organisierte Tambèla eine Solidaritätsbewegung und suchte internationale Unterstützung für die neue linke Regierung. Tambèla ist Panafrikanist und hat Verbindungen zu kommunistischen und linken Organisationen. (…) Im Juli dieses Jahres veranstaltete die russische Regierung in Sankt Petersburg ein Russland-Afrika-Gipfeltreffen. Traoré war der erste afrikanische Führer, der zur Konferenz kam. Dort hielt er eine feurige antiimperialistische Rede: ‚Wir sind die vergessenen Völker der Welt. Und wir sind jetzt hier, um über die Zukunft unserer Länder zu sprechen, darüber, wie die Dinge morgen in der Welt aussehen werden, die wir aufbauen wollen und in der es keine Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten geben wird’. (…) Am 29. Juli hatte Traoré in Sankt Petersburg ein privates Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. In ihren Gesprächen lobte er die Sowjetunion für ihren Sieg über den Nationalsozialismus im Zweiten Weltkrieg.“

Cicero: Was die CDU (noch) nicht verstanden hat (Bernd Stegemann) – Auszug: „Gäbe es eine Oppositionspartei, die auf der Höhe dieses aktuellen Diskurses Politik machen würde, so müsste sie als Erstes diese grüne Hegemonie brechen. Die Hegemonie besteht darin, dass die Grünen die Definitionsmacht haben, was Gut und was Böse ist. (…) Eine solche Politik wird Kulturkampf genannt, und dieser hat in den USA alle Themenfelder besetzt. Nicht mehr die sachlichen Fragen stehen dort zur Debatte, sondern aus jedem Widerspruch wird ein Kampf von Gut gegen Böse gemacht. Der Unterschied zu den USA ist, dass dort sowohl Demokraten wie Republikaner für sich in Anspruch nehmen, die Guten zu sein. Die Hegemonie der Grünen in Deutschland ist dagegen äußerst komfortabel. Sie (und nur sie) stehen im Kulturkampf immer auf der Seite des Guten. (…) Bisher sind nur zwei Strategien erfolgreich gewesen. Entweder verliert die herrschende Position ihre Diskursmacht, da ihre Anhänger sich von ihr abwenden. Davon ist bei den Grünen nicht auszugehen. Oder die andere Seite schafft es, eigene politische Überzeugungen zu vertreten, die sich nicht von den grünen Urteilen beirren lassen. (…) In diesen beiden Strategien finden sich die beiden Lager der CDU wieder. Die Merkelianer wollen den Kulturkampf vermeiden, weil sie weitestgehend mit dem grünen Milieu übereinstimmen. Und die Merz-Anhänger suchen bisher erfolglos nach einem Weg, eine eigene konservative Position zu behaupten. Doch hier stehen sie vor dem Problem, dass ihre konservativen Versuchsballons von den grünen Empörungsprofis schnell zum Platzen gebracht werden. Erhöhen sie aber die Frequenz und Intensität ihrer kulturkämpferischen Interventionen, so lassen sie sich auf das gefährliche Spiel der grünen Empörungspolitik ein.“ (Bezahlschranke)

Unherd: Niger and the collapse of France’s empire (Niger und der Zusammenbruch des französischen Imperiums) – Auszug (übersetzt): „Während die meisten afrikanischen Kolonien nach ihrer Unabhängigkeit nationale Währungen einführten, gelang es Frankreich, die meisten seiner ehemaligen Außenposten in Zentral- und Westafrika zur Beibehaltung der Kolonialwährung zu überreden: dem CFA-Franc. (…) Wie der senegalesische Wirtschaftswissenschaftler Ndongo Samba Sylla und die französische Journalistin Fanny Pigeaud in ihrem Buch Afrikas letzte Kolonialwährung schreiben, tat Frankreich alles, um die Länder davon abzuhalten, aus dem CFA auszutreten: ‚Einschüchterungen, Destabilisierungskampagnen und sogar Attentate und Staatsstreiche kennzeichneten diese Zeit und zeugten von den permanenten und ungleichen Machtverhältnissen, auf denen die Beziehung zwischen Frankreich und seinen 'Partnern' in Afrika beruhte – und bis heute beruht.‘ (…) Das CFA-System und die damit verbundene fehlende währungspolitische und wirtschaftliche Souveränität sind der Schlüssel zu dieser systematischen Ausplünderung der Ressourcen – in Niger und anderswo in der Sahelzone. Von den zehn Ländern mit dem weltweit niedrigsten Index für menschliche Entwicklung gehören fünf zur Franc-Zone, darunter auch die drei Länder, in denen kürzlich ein Putsch stattgefunden hat. [Burkina Faso, Mali, Niger] (…) In vielen dieser Länder werden die Militärs als Führer gesehen, die die Souveränität und Unabhängigkeit ihrer Nationen aufrechterhalten, im Gegensatz zu den gewählten Regierungen, die in der Regel Marionetten des Westens sind und im Laufe der Jahre nichts getan haben, um die neokoloniale Ordnung in Frage zu stellen.“

Hintergrund: Der Sport als Politikum: Cui bono? – Auszug: „Der Ausschluss Russlands vom internationalen Sport dürfte vor allem den USA in die Karten spielen, schließlich ist dies eine der Methoden, mit denen die Vereinigten Staaten Russland in die Knie zwingen wollen. Wer jetzt ‚Verschwörungstheorie‘ ruft, sollte Strategiepapiere führender amerikanischer Think Tanks lesen. Beispielsweise steht im Papier der RAND Corporation mit dem vielsagenden Titel ‚Overextending and Unbalancing Russia‘ aus dem Jahr 2019: ‚Russlands Image im Ausland zu schädigen, heißt, seine Position und seinen Einfluss zu schwächen und damit die Bestrebungen des Regimes zu sabotieren, Russland zu seinem einstigen Glanz zurückzuführen. Weitere Sanktionen, die Entfernung Russlands aus Nicht-UN-Foren und der Boykott von solchen Veranstaltungen wie Weltmeisterschaften wären Maßnahmen, die von westlichen Staaten implementiert werden und Russlands Image schädigen könnten.‘ (…) Was hat ein Olympia-Boykott jemals gebracht? Dem Aufruf der USA folgend, hatten 42 weitere Nationale Olympische Kommitees (NOK), darunter auch das NOK der BRD, auf die Entsendung ihrer Athleten zu den Olympischen Sommerspielen von Moskau 1980 verzichtet. Offizielle Begründung war damals der Protest gegen den Einmarsch der sowjetischen Truppen in Afghanistan 1979. Daneben kalkulierten die US-Strategen einen großen Image-Schaden und große finanzielle Verluste durch das Fernbleiben so vieler Olympia-Mannschaften für die UdSSR ein. Was war das Ergebnis? Die Sowjetunion setzte ihre militärische Offensive in Afghanistan ungerührt fort und finanzielle Verluste hatte nicht nur der Gastgeber, sondern auch die boykottierenden Staaten wie die USA.“

Peds Ansichten: Drogenwächter in Nöten – Auszug: „'Während ihrer ersten Herrschaft (1996–2001) hatten die Taliban schon einmal den Opiumanbau untersagt und die Jahresproduktion mit drakonischen Methoden unter 100 Tonnen gedrückt.‘ Wie war es dazu gekommen? Die Taliban hatten den internen afghanischen Machtkampf gegen ihre Konkurrenten von Warlords und Stammesfürsten gewonnen und umgehend ihre rigide Durchsetzung der Sharia durchgesetzt, nach welcher der Gebrauch von Drogen verboten ist. Im Konzept des Teile und Herrsche, das Washington in Afghanistan praktizierte, spielte es mit den Stammesfürsten. Und es war Washington, das durch vielfältige, illegale Aktivitäten dafür sorgte, dass ab dem Jahre 1979 die Mudschaheddin eine Einnahmequelle durch den Drogenanbau erhielten. Zuvor spielte Schlafmohn aus Afghanistan eine eher nebensächliche Rolle im weltweiten Drogenhandel. Mit der Machtübernahme durch die Taliban wurde dieses Geschäft seit 1996 systematisch zurückgefahren. Doch kaum war Afghanistan durch die ‚weißen Ritter‘ aus dem Westen ‚befreit‘ worden, geschah Erstaunliches. Der Anbau von Schlafmohn und dessen Verarbeitung zu Heroin schoss unter den Augen der Besatzungsmächte explosionsartig in die Höhe. Die Anbaufläche für Mohn war unter der Herrschaft der Taliban auf 8.000 Hektar geschrumpft, um danach unter der NATO-Besatzung auf bis zu 328.000 Hektar, also das 40-fache, anzuwachsen. (…) Bevor die USA den 'afghanischen' Aufstand [1979] initiierten, gab es in Afghanistan kein Drogenproblem! Und immer, wenn die USA gingen, verschwand auch wieder eben dieses Drogenproblem. Das ist faszinierend. Das ist eine Kausalität. Diese Kausalität gilt solange, bis das Gegenteil bewiesen ist. Nun haben die USA und ihre Vasallen im Sommer 2021 Afghanistan verlassen. So unsere Kausalität ihre Gültigkeit behalten will, muss mit dem Abzug der westlichen Militärs und der Machtübernahme durch die Taliban auch die Drogenwirtschaft erneut zusammenbrechen. Und genau das ist geschehen! (…) Die Taliban-Regierung hat dafür gesorgt, dass der Anbau von Schlafmohn, dem Grundstoff für die Opium- und letztlich Heroinherstellung, innerhalb eines Jahres um 90 Prozent zurückging. Im gleichen Zeitraum vergrößerte sich die Anbaufläche für Weizen um fast 60 Prozent. (...) 95 Prozent des in Europa auf den Schwarzen Markt gebrachten Heroins war in den vergangenen Jahrzehnten aus afghanischem Schlafmohn hergestellt worden. (…) 'Im Drogenschmuggel kommt dem gesamten Balkan, insbesondere dem Kosovo, eine Schlüsselrolle als Transitregion und Drehscheibe zu. Ein großer Teil der Opiumernte in Afghanistan gelangt in Form von Heroin über den Balkan auf den europäischen Markt.' (...) Was machen Tausende KFOR-Soldaten sowie ein Heer von der EU gestellter Verwaltungs- und Polizeibeamter in einem Land, das noch deutlich kleiner als das deutsche Bundesland Thüringen ist und von gerade einmal 1,9 Millionen Menschen bewohnt wird? Die Antwort ist so unbequem, wie sie der Wahrheit entspricht: Dieser Militär- und Verwaltungsapparat betreut die im Kosovo etablierten Strukturen. (…) Der Drogenanbau in Afghanistan und seine Verteilung über das Drehkreuz Kosovo stellen zwei Seiten ein und derselben Medaille dar. (…) Während in Afghanistan Tausende von US-Soldaten den Drogenanbau und dessen Abtransport überwach(t)en, wurden unter den wachen Augen tausender Soldaten und Polizisten ein schwunghafter Vertrieb der zu Heroin ‚veredelten‘ Drogen über den Kosovo geduldet. (...) Sowohl der Anbau als auch der Vertrieb erfolg(t)en demnach unter Kontrolle der USA und derer Proxies. Der Kampf von US-Behörden gegen den internationalen Drogenhandel ist ein Schattenfechten, hinter dem Geldströme und gesteuerte Logistik verborgen werden. Das Schattenfechten als A-Geschichte für das manipulierte Publikum. Der gezielt in Gang gebrachte Drogenhandel die B-Geschichte, hinter der sich die Realität verbirgt.“

The Grayzone: From Chi-Town bagman to ECOWAS chairman: meet the former money launderer leading the push to invade Niger (Vom Obdachlosen in Chicago zum ECOWAS-Vorsitzenden: Das ist der ehemalige Geldwäscher, der den Vorstoß zur Invasion des Niger anführt) – Auszug (übersetzt): „Von The Grayzone eingesehenen Dokumente enthüllen [den Vorsitzenden von ECOWAS] Tinubu als langjährigen US-Aktivisten, der als Komplize in einem massiven Drogengeschäft genannt wurde, bei dem er im Auftrag eines Verwandten, der mit Heroin handelt, Millionen wusch. (…) Im Jahr 2009 ermittelte die Londoner Metropolitan Police gegen Tinubu wegen des Vorwurfs, der Politiker habe gemeinsam mit zwei anderen nigerianischen Gouverneuren Geld für die Gründung einer Scheinfirma namens ‚African Development Fund Incorporation‘ bereitgestellt. (…) Im Jahr 2011 wurde Tinubu vor dem Code of Conduct Tribunal in Nigeria angeklagt, weil er illegal 16 ausländische Bankkonten unterhielt. (…) Seit 1990 hat die ECOWAS sieben verschiedene Konflikte in Westafrika ausgetragen, um die vom Westen bevorzugten Despoten in der Region zu schützen. Zwischen 1960 und 2020 hat Paris 50 verschiedene offene Interventionen in Afrika durchgeführt. Zahlen über geheime Aktivitäten in diesem Zeitraum sind nicht verfügbar, aber die Fingerabdrücke des Landes sind überall auf zahlreichen manipulierten Wahlen, Putschen und Ermordungen zu sehen, die willfährige, korrupte Regierungen auf dem gesamten Kontinent an der Macht gehalten haben.“

FAZ: Die Reaktionen sind verhalten positiv – Beim Friedensgipfel in Saudi-Arabien war China diesmal aktiv dabei. Brasilien fordert, dass beim nächsten Mal auch Russland einbezogen werden müsste – Auszug: „Mehr als 40 Staaten haben sich am Wochenende im saudischen Dschidda zu Gesprächen über ein Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine getroffen. Ziel der Zusammenkunft war es, den Friedensplan des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit den Positionen der Staaten abzustimmen, die bisher eine neutrale Position zu dem Krieg einnehmen. Neben den USA und EU-Staaten waren wichtige Länder des ′globalen Südens‵ vertreten, etwa Indien, Brasilien, Südafrika oder Saudi-Arabien, die sich an Sanktionen gegen Moskau nicht beteiligen. Besondere Aufmerksamkeit fand die Konferenz dadurch, dass diesmal, anders als bei einem ersten Treffen im Juni in Kopenhagen, ein Vertreter Chinas angereist war. China gilt als Land, das den größten Einfluss auf Russland hat. Die Konferenz endete am Samstag nach mehreren Stunden ohne eine gemeinsame Abschlusserklärung. Sie war allerdings auch nicht geplant. Von westlicher Seite wurde das Treffen verhalten positiv bewertet. Es habe Einigkeit bei zentralen Punkten für eine Friedenslösung gegeben, etwa die ′territoriale Integrität und Souveränität‵ der Ukraine, wurden europäische Diplomaten zitiert. Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen äußerte sich ebenfalls vorsichtig optimistisch. ′Jeder Millimeter Fortschritt in Richtung eines gerechten und fairen Friedens bringt ein Stück Hoffnung für die Menschen in der Ukraine‵, sagte sie. Das Signal von Dschidda sei, dass der russische Angriffskrieg ′auch die Menschen in Afrika, Asien und Südamerika‵ betreffe, etwa was die Energiesicherheit und die Versorgung mit Nahrungsmitteln angehe. Für eine Ende des Krieges habe der ukrainische Präsident Selenskyj ′mit seiner Friedensformel dafür einen ganz entscheidenden Pfad aufgezeigt‵, sagte Baerbock der Zeitung ′Bild am Sonntag‵. Selenskyjs Friedensplan sieht den Rückzug der russischen Truppen vom gesamten Gebiet der Ukraine vor. Der ukrainische Präsident lobte das Treffen in einer Ansprache am Samstagabend. Die Ukraine treibe ihren Zehn-Punkte-Friedensplan voran. Das Format gilt in der Ukraine als Etappe auf dem Weg zu einem globalen Friedensgipfel, den Selenskyj kürzlich ins Gespräch brachte und der möglicherweise noch in diesem Jahr stattfinden soll. Russland war zu dem Treffen nicht eingeladen worden. Brasilien forderte in einer Stellungnahme, dass ′echte Verhandlungen alle Parteien einschließen‵ müssten. ′Auch wenn die Ukraine das größte Opfer ist, müssen wir, wenn wir wirklich Frieden wollen, Moskau auf irgendeine Weise in diesen Prozess einbeziehen‵, hieß es in einem Redetext des brasilianischen Delegationsleiters Celso Amorim, den die Agentur AFP zitiert. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Marija Sacharowa, sagte, die Konferenz sei ein ′Betrug‵ und Selenskyjs Friedensformel für Russland ′inakzeptabel‵.“

FAZ: Linken-Politiker: Rückzug Mohamed Alis ist Sargnagel für Linke – Auszug: „Der Bundestagsabgeordnete Alexander Ulrich hat den Rückzug der Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali als weiteren Sargnagel für die Partei bezeichnet. ′Ich kann die Gründe völlig nachvollziehen. Die Parteiführung schafft es nicht nur, die Partei zu zerlegen, sondern nun auch die Bundestagsfraktion‵, teilte er am Sonntag mit. Die Linke habe mit dieser Parteiführung keinerlei Chancen mehr, nochmals in den Bundestag zu kommen. ′Die Linke verkommt leider zu einer Sekte‵, sagte er. ′Wir hoffen auf Sahra Wagenknecht.‵ Der frühere Linken-Vorsitzende Klaus Ernst schrieb bei Twitter, er habe für die Entscheidung größtes Verständnis. ′Trotzdem bedauere ich ihren Schritt, weil damit erneut eine profilierte Linke wegen der Politik des Parteivorstands und der Haltung der Partei nicht mehr für ein Spitzenamt kandidiert.‵ Der Kurs der Partei entferne sich immer mehr von ihrem Gründungskonsens, die Wahlniederlagen der letzten Zeit seien ein Zeichen dafür, dass die Menschen diesen Weg nicht mitgingen. Darauf antwortete der Parteivize Lorenz Gösta Beutin auf Twitter: ′Das, was wir 2007 gemeinsam beschlossen haben, war die Formulierung einer klaren, emanzipatorischen Linken, die Freiheit und Gleichheit miteinander verbindet, für alle.‵ Ähnlich äußerte sich die Abgeordnete Jessica Tatti. ′Wer den eigenen Genossen permanent die Tür zeigt, braucht sich nicht wundern, wenn sie irgendwann durchgehen. Amira Mohamed Ali wollte Vorsitzende der ganzen Fraktion sein, doch die Parteiführung war der Ansicht, sie habe sich dem Anti-Wagenknecht-Kurs zu beugen.‵“

Empfehlungen von Juli 2023

13. Juli 2023

Overton Magazin: Nato-Gipfel hat der Ukraine die Grenzen aufgezeigt – Auszug: „Jetzt preist Selenskij die Sicherheitsgarantien, die der Ukraine anstatt der Nato-Mitgliedschaft gewährt werden. Was bleibt ihm auch anderes übrig. Ohne die Nato wäre die Ukraine längst besiegt. Aber jetzt geht der Nato auch bereits die Munition aus, weswegen aus der Not bereits geächtete Streumunition geschickt werden muss, die die USA noch auf Halde liegen hat. Klar ist nach Vilnius nicht nur, dass die Nato Risse hat, sondern auch, dass angesichts der nicht wirklich erfolgreichen Großoffensive auch Selenskij als Propagandastar zur Beeinflussung der Politiker und der Öffentlichkeit an seine Grenzen kommt. (...) Offenbar kommt nun die Angst in Kiew auf, dass die ukrainische Führung auf die Rückeroberung aller Gebiete verzichten soll, um den Krieg zu beenden. Vor allem steht der amerikanische Wahlkampf an. Wenn die Ukraine nicht schnell überzeugend militärische Erfolge liefert, wird es in Washington darum gehen, irgendwie den Krieg zu beenden, der selbst den amerikanischen Militärisch-industriellen Komplex zu erschöpfen beginnt. (...) Selenskij würde wahrscheinlich von den nationalistischen Kräften und Milizen schnell abgesägt werden, wenn er auch nur die Krim den Russen überlassen würde. Gleichwohl wird ein Ende des Kriegs darauf hinauslaufen. Und Selenskij weiß vermutlich auch, dass er die Maximalforderungen gegenüber dem Westen nicht durchsetzen kann, wenn dort nicht mehr davon ausgegangen wird, dass die Ukraine militärisch Russland zurückdrängen kann. Für Selenskij ist es eine unlösbare Situation. Er war angetreten, um den Konflikt mit Russland friedlich zu beenden und hat auch zu Beginn des Kriegs versucht, eine Vereinbarung zu schließen, was vermutlich die USA und Großbritannien durchkreuzt haben. Er ist auf die Nato-Position eingeschwenkt und hat den militärischen Sieg propagiert. Davon kann er nicht mehr zurück, ohne innenpolitisch und von Seiten des Militärs die Unterstützung zu verlieren.“

RND: Keine Nato-Einladung für die Ukraine: „Mehr als ein Schönheitsfleck“ – Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, bedauert, dass die Nato der Ukraine in Vilnius keine Einladung zum Beitritt ausgesprochen hat. Er könne die Enttäuschung von Präsident Selenskyj nachvollziehen. Die Sorge vor einem neuen Weltkrieg habe bei der Entscheidung eine Rolle gespielt (Interview). – Auszug: „[Frage:] Können Sie erklären, warum sich die Nato scheut, eine Einladung für den Zeitpunkt nach dem Krieg auszusprechen? [Heusgen:] Die Nato ist nicht geschlossen, es gab viele Länder, die bereit gewesen wären, genau diesen Schritt zu gehen. Es waren die USA, es war aber auch Deutschland, die diesen vorsichtigen Weg wählten. Sie sagen, dass die Ukraine noch einige Hausaufgaben erledigen und dass dann noch mal eine gesonderte Entscheidung getroffen werden muss, eine Einladung auszusprechen. [Frage:] Zu diesen Hausaufgaben gehört die Aufforderung zu Reformen im Demokratie- und Sicherheitsbereich. Das kann ein Land im Krieg schwer erfüllen. Ist es eher die Sorge davor, dass die Nato in den Krieg hineingezogen wird und es im schlimmsten Fall zu einem dritten Weltkrieg käme? [Heusgen:] Es gibt die Angst, dass es durch eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine in Richtung eines neuen Weltkriegs gehen könnte. Nur ist es ja so, dass diejenigen, die für eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine sind, sagen, diese Einladung dürfte sowieso erst für eine Zeit nach dem Krieg gelten. Ich glaube, da spielen Vorsicht und Zurückhaltung eine Rolle aus der Sorge heraus, dass schon eine Einladung für eine spätere Mitgliedschaft als Eskalation des Konflikts von Nato-Seite gesehen wird. Die Realität ist aber eine andere: Es ist Wladimir Putin, der immer wieder eskaliert. [Frage:] Der russische Präsident sagt aber doch jetzt schon, die Nato sei der Aggressor. Wieso befürchtet man eine Eskalation bei einem formalen Akt der Einladung? [Heusgen:] Es stimmt, dass Putin die ganze Zeit dieses Narrativ verbreitet, dass die Nato aggressiv ist. In Wahrheit ist es umgekehrt. Die Nato hat seit 2004 keine Osterweiterung vorgenommen. Und wenn sie jetzt in diese Richtung geht, ist das wiederum nur die Reaktion auf die Eskalation von russischer Seite.“

junge Welt: Kurs auf Weltkrieg – Auszug: „Die NATO-Staaten haben auf ihrem Gipfel in der litauischen Hauptstadt Vilnius drei neue regionale Verteidigungspläne verabschiedet. Der Beschluss führt zurück in den Kalten Krieg gegen die Sowjetunion. (...) Von diesem wesentlichen Ergebnis, das die gesamte Sicherheitslage auf dem europäischen Kontinent verändert, lenkte das Tamtam der in Vilnius angereisten Politiker und ihrer Medien um Wolodimir Selenskij ab. (…) Exakt dem Prinzip, Russlands Sicherheitsinteressen zu ignorieren, folgt der NATO-Beschluss über die neuen ′Verteidigungs‵pläne. Kriegsminister Boris Pistorius (SPD) erklärte dazu in Vilnius, die Maßnahmen für mehr Abschreckung – also mehr Angriffsbereitschaft – seien einzigartig ′seit Beginn des Kalten Krieges in jeder Beziehung‵. Neben Land-, Luft- und Seestreitkräften sind nun auch Cyber- und Weltraumfähigkeiten eingeschlossen. Auf die BRD kommt laut Pistorius eine ′Schlüsselrolle‵ zu, denn sie sei auf Grund ihrer Lage die logistische Drehscheibe in Europa. Künftig sollen statt wie bisher 40.000 NATO-Soldaten 300.000 in hoher Bereitschaft gehalten werden, die Bundesrepublik stellt rund 15.000. Das NATO-Gebiet wird geographisch in drei Regionen eingeteilt: Von den USA über den Atlantik bis nach Island, Großbritannien und Norwegen; Europa nördlich der Alpen mit Bundesrepublik, Polen, Mittelosteuropa und baltischen Staaten; Mittelmeerraum, Balkan und Schwarzmeer-Region. Die NATO versteht sich zugleich als Instrument für die Neuaufteilung der Erde über Atlantik und Europa hinaus. Stoltenberg griff am Mittwoch in Vilnius China scharf an und behauptete, das zunehmend forsche Auftreten Beijings beeinträchtige auch die Sicherheit des Paktes. Chinas nukleare Aufrüstung sei in Tempo und Ausmaß ′beispiellos‵. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums warf der NATO daraufhin vor, ′wie zu Zeiten des Kalten Krieges‵ zu denken. Sie behaupte, ein Verteidigungsbündnis zu sein, während sie ihre Mitgliedstaaten dazu ermutige, ihre Militärausgaben ständig zu erhöhen, ihre Macht über Grenzen hinweg auszudehnen und auch im asiatisch-pazifischen Raum Konfrontationen zu provozieren.“ (Anmerkung Ulrich Teusch: In diesem Artikel erscheint die NATO hyperaktiv, stark, bedrohlich. Es ist noch gar nicht so lange her, da bescheinigte der französische Präsident Macron dem Bündnis, es sei „hirntot“. Auch für diese Sichtweise finden sich weiterhin gute Argumente. Siehe die folgende Empfehlung!)

WSWS: Wenige Tage nach dem Aufstand: Putin trifft Prigoschin und Wagner-Kommandanten – Auszug: „Kremlsprecher Dmitri Peskow hat erklärt, dass Putin nur fünf Tage nach dem Scheitern des Aufstands 35 Personen zu einem Treffen eingeladen habe, an dem alle führenden Befehlshaber der Wagner-Gruppe teilnahmen. Weitere Teilnehmer waren Sergei Naryschkin, der Leiter des russischen Auslandsgeheimdienstes, und Wiktor Solotow, Befehlshaber der russischen Nationalgarde, die gegen die Aufständischen eingesetzt worden war. Peskow gab nur wenig Details über das Treffen preis, deutete jedoch an, dass eine Einigung zwischen Putin und den Kommandeuren von Wagner erzielt worden sei: ′Wir können nur sagen, dass der Präsident eine Einschätzung der Aktivitäten der [Wagner]-Gruppe während der Militärischen Spezialoperation und der Ereignisse vom 24. Juni abgegeben hat. Die Kommandeure selbst haben ihre Interpretation der Ereignisse dargelegt. Sie betonten, sie seien weiterhin überzeugte Anhänger und Soldaten des Staatsoberhaupts und Oberbefehlshabers [Putin]. Sie erklärten auch, sie seien weiterhin bereit, für das Vaterland zu kämpfen.‵ Nur zwei Tage vor dem Treffen hatte Putin die Aufständischen im öffentlichen Fernsehen als Verräter gebrandmarkt und ihnen vorgeworfen, einen Bürgerkrieg anzuzetteln und damit der Nato in die Hände zu spielen. In den zwei Wochen seit dem Putschversuch zeichnete sich die offizielle Linie des Kremls trotz mehrerer Wendungen durch außergewöhnliche Nachsicht gegenüber der Gruppe Wagner aus.“ (Anmerkung Ulrich Teusch: Dieses erstaunliche Treffen zwischen Putin und den „Wagnerianern“ ist zwar in den Medien breit vermeldet worden – aber dabei blieb es dann auch. Man ging schnell zur Tragesordnung über, präsentierte kaum vertiefende Analysen, verzichtete auf die sonst übliche „Kreml-Astrologie“. Der hier verlinkte Artikel der „World Socialist Web Site“ verfährt anders und ist vergleichsweise informativ – wobei die trotzkistischen Einschätzungen und Bekenntnisse nicht weiter stören sollten.)

MDR: Mehrheit gegen stärkere Nato-Unterstützung der Ukraine – Auszug: „Für die Mehrheit der MDRfragt-Mitglieder, die sich an der aktuellen Befragung beteiligt haben, sollte diese Hilfe nicht weiter ausgebaut werden: Knapp zwei Drittel von ihnen sprachen sich dagegen aus, dass die Verteidigungs-Allianz die Ukraine in der aktuellen Situation stärker als bisher unterstützt. (…) ‚Aus meiner Sicht hat sich die Nato schon allein deshalb aus dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine herauszuhalten, weil die Ukraine kein Mitgliedstaat ist‘, formuliert es Iris (27) aus dem thüringischen Ilm-Kreis. ‚Die Nato hat sich bereits in den Konflikt eingemischt, was bisher nicht zu Frieden geführt hat und das wird auch so bleiben‘, formuliert es etwa Steffen (58) aus Mittelsachsen. ‚Dieser Krieg geht uns nicht an‘, findet Monika (53) aus dem sachsen-anhaltischen Landkreis Börde. Und ergänzt: ‚Und einen Krieg kann man nicht mit noch mehr Einmischung und Waffenlieferung und so weiter beenden.‘ (...) So meint etwa Sören (57) aus Ostsachsen: ‚Die Zusage seitens der USA, Streumunition an die Ukraine zu liefern, heizt die Spannung weiter an.‘ Für Fabian (46) aus dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld lösen die aktuellen Entwicklungen überwunden geglaubte Verunsicherungen in ihm aus. ‚Vieles, was vor dem 24. Februar 2022 undenkbar war, ist es heute nicht mehr. Inzwischen reden Nato-Staaten über den Einsatz von Streumunition. Die Unsicherheit früherer Jahrzehnte ist wieder in mir.‘ Und Sylvia (58) aus dem thüringischen Landkreis Gotha äußert ihr Gefühl mit deutlichen Worten: ‚Ich befürchte, dass der Krieg durch immer mehr Waffenlieferungen eskaliert. Selbst die Lieferung von Streumunition ist nun kein Tabu mehr. Ich bin entsetzt, wie unsere 'westlichen Werte' ad absurdum geführt werden.‘ (...) Zudem weisen MDRfragt-Mitglieder immer wieder darauf hin, dass die Nato auch andere Unterstützungs-Möglichkeiten hat als Waffen zu liefern. ‚Die Nato sollte alle auch ihr zur Verfügung stehenden Mittel für eine baldige Beendigung des Konflikts auf friedlichem Weg einsetzen beziehungsweise diese Kräfte unterstützen’, findet Ramona (59) aus Dresden. Und Rüdiger (57) aus dem Altmarkkreis Salzwedel meint: ‚Humanitäre Hilfe ist angebracht und notwendig. Diplomatische Gespräche zur Beendigung des Krieges sollten gefunden werden.‘“

Junge Welt: Und morgen China. Bündnispolitik der NATO (Jörg Kronauer) – Auszug: „Der NATO-Gipfel in Vilnius wird wohl für die Ukraine vor allem eines: eine schwere Schlappe. Seit 2014 hat sich das Land ganz offen gegen Russland positioniert, hat dabei immer intensiver mit der NATO paktiert, dies im gemeinsamen Wissen, dabei Moskaus rote Linien zu überschreiten – und was geschieht? Die NATO rüstet Kiew auf, damit es Leute und Land im Krieg gegen den gemeinsamen Feind verheizt. Ein Beitritt zum Bündnis als Belohnung aber kommt, da hat US-Präsident Joseph Biden jetzt ein Machtwort gesprochen, zumindest auf absehbare Zeit nicht in Frage. (…) Taiwan ist nicht die Ukraine. Der Westen bemüht sich aber nach Kräften, auf der Insel ein ähnliches Szenario zu schaffen. Die USA rüsten Taiwan mit den gleichen Waffen auf, trainieren dessen Soldaten für die gleichen Szenarien wie die Ukraine vor dem 24. Februar 2022 – und der Westen provoziert China genauso, wie er Russland stets provoziert hat. (…) Als sich zu Beginn des Ukraine-Kriegs herausstellte, dass die USA keine Truppen zur Unterstützung nach Kiew schickten, da schwand auf der Insel die zuvor recht starke Zuversicht, die Vereinigten Staaten würden Taipeh im Ernstfall militärischen Beistand leisten. Dass die Ukraine massiv aufgerüstet wurde und die Perspektive auf einen NATO-Beitritt zu bekommen schien, ließ auf Taiwan die Zuversicht wieder steigen. Was aber, wenn sich nun herausstellt, dass Kiew sich für den Westen ausnutzen lassen darf, die ersehnte Sicherheit jedoch nicht erhält? Wenn die Ukraine nach einem Waffenstillstand zerschossen, zerschlagen und eines Teils ihrer Bevölkerung beraubt am Boden liegt und vom Westen nicht einmal der Bündnismitgliedschaft für würdig befunden wird? Wer wird sich dann noch auf die NATO verlassen?“

Nachdenkseiten: Denkfabrik SWP präsentiert drei Optionen für „dauerhafte Sicherheit der Ukraine“: Demilitarisierung Russlands, Aufbau eines Atomwaffenarsenals oder NATO-Beitritt – Auszug: „Die aufgeführten Optionen sind ein Offenbarungseid für den Geisteszustand des wichtigsten regierungsnahen Thinktanks der Bundesrepublik. (…) Die Denkfabrik, welche als zentrale Aufgabe hat, die Bundesregierung zu beraten und von sich selbst behauptet, sie unterscheide sich von anderen Thinktanks durch ihre ‚Wissenschaftlichkeit, die wir konsequent multiperspektivisch betreiben‘, behauptet allen Ernstes, es gäbe lediglich diese drei genannten Optionen, die die Sicherheit der Ukraine sicherstellen würden. Dabei werden alle drei Optionen ausschließlich ‚Aus Sicht der Ukraine…‘ formuliert und ignorieren nicht nur komplett die artikulierten Sicherheitsinteressen der zweiten Partei in diesem Konflikt, sondern sind auch noch so formuliert, dass scheinbar das höchstmögliche Provokationspotenzial gegenüber Russland ausgespielt werden soll (…). Die SWP bedient sich hier eines alten rhetorischen Taschenspielertricks: Man bringt drei Vorschläge ein, von denen zwei so absurd anmuten, dass dann der Dritte als das einzig ‚vernünftige‘ und ‚alternativlose‘ Vorgehen erscheint. (…) Acht Seiten Spekulation und Meinungsmache kulminieren in der Aufforderung, gegen zivilgesellschaftliche Gruppierungen vorzugehen, wenn diese nicht dem von der SWP propagierten Meinungsbild entsprechen.“

Norbert Häring: Europäische Zentralbank gibt Ihre Daten US-Anbietern, von denen sie sich angeblich mit dem digitalen Euro unabhängig machen will – Auszug: „Wie das Handelsblatt am 6. Juni berichtete, gab es auf der Handelsblatt-Tagung ‚Zukunft IT‘ deutliche Kritik an der Absicht der EZB einen Teil ihrer IT-Anwendungen in die Cloud zu verlagern und dabei auch auf Dienste großer amerikanischer Dienstleister wie Amazon Web Services (AWS), Microsoft und Google zu setzen. (…) Cloud-Dienste ist eine schönfärberische Umschreibung für ein Geschäftsmodell, bei dem Daten und Programme nicht auf eigenen Servern liegen, sondern auf den Servern fremder Firmen. (…) Es liegt kein kleiner Widerspruch in den Plänen der EZB: Einerseits will sie den digitalen Euro erklärtermaßen auch mit dem Ziel einführen, den europäischen Zahlungsverkehr unabhängiger von US-Firmen wie Mastercard und Visa zu machen, die Daten absaugen können und bei Ausfall oder Boykott große Teile des europäischen Zahlungsverkehrs lahmlegen können. Andererseits will sie sich gleichzeitig massiv abhängig von noch mächtigeren Firmen wie Amazon und Microsoft machen, die die Daten der EZB bekommen und bei Ausfall oder Boykott die EZB und damit die Schaltzentrale des europäischen Zahlungsverkehrs lahmlegen können. (…) Ich sehe in diesem Widerspruch eine weitere Bestätigung meiner These, dass es beim digitalen Euro in Wahrheit vor allem um Vorbereitung und Beschleunigung der Bargeldbeseitigung geht und um Intensivierung der Kontrolle über die Bürger.“

Prof. Hans-Benjamin Braun: Nordstream – Anatomy of Dante’s Explosion (Nord Stream – Anatomie einer dantischen Explosion) – Auszug (übersetzt): „Auch Monate nach der Sprengung der Nordstream-Pipelines ist es eine weit verbreitete Meinung, dass die Pipelines mit einer moderaten Sprengladung von einigen hundert Kilogramm TNT zerstört wurden, was einem seismischen Ereignis der (Richter-)Magnitude 2,3 entspricht, und dass die Zerstörung der Pipeline das einzige Ziel dieser Tat war. Ein Überblick über öffentlich zugängliche seismische Daten aus ganz Nordeuropa zeigt, dass dies nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein könnte: Seismische Spuren wurden bis zum Nordkap (1800 km) und Grönland entdeckt, was die Nordstream-Explosion als ein teleseismisches Ereignis charakterisiert. Eine Analyse der Wellenformen, die an seismischen Stationen rund um die Ostsee und den Bottnischen Meerbusen festgestellt wurden, charakterisiert dieses Ereignis mit einer Magnitude mb = 3,9 ± 0,15 (‚body-wave‘), was einer Detonationsenergie von 200 Tonnen TNT-Äquivalent oder mehr entspricht und nicht den in der Presse behaupteten 500 kg. Die tatsächliche Sprengkraft der Detonation ist also mindestens um den Faktor 400 größer als in der Presse behauptet. Die daraus resultierenden Wellenformen haben wenig Ähnlichkeit mit konventionellen Unterwasserexplosionen, weisen aber Merkmale bekannter unterirdischer Kernexplosionen auf. (…) Infrarot-Satellitenbilder von Aerosolen, die einige Stunden nach der Explosion aufgenommen wurden, zeigen eine Wolke, die sich in Windrichtung über mehr als hundert Kilometer auf das schwedische Festland ausdehnt, während in der benachbarten Küstenstadt Karlskrona in den folgenden Stunden kurzzeitig leichte Regenfälle auftraten. Hydrodynamische Satellitendaten zeigen das Entstehen einer starken Unterwasserströmung in der Nähe des Meeresbodens (in 60 m Tiefe), die sich vom Explosionsort entfernt und in den darauffolgenden Stunden zu einer erheblichen Rückströmung führt. Die Topografie des Meeresbodens weist eine natürliche, elliptisch geformte Vertiefung von etwa 50 km Größe auf, und der Sprengstoff wurde in der Nähe des Brennpunkts platziert. Es ist bekannt, dass eine solche Anordnung für eine starke Fokussierung der Schockwellen auf den Unterwasserkanal in Richtung Kaliningrad verantwortlich ist. Dies erklärt die außergewöhnlichen seismischen Amplituden in dieser Richtung, die in Suwałki registriert wurden. Diese Fakten deuten auf einen kontrollierten und sorgfältig vorbereiteten Angriff nicht nur auf Nordstream, sondern auch auf die russische Exklave Kaliningrad hin.“

Moon of Alabama: Ukraine SitRep: ‚Mosquito‘ Tactics - S-200 Land Attacks (Lagebericht Ukraine: ‚Moskito‘-Taktik – S-200-Landangriffe) – Auszug (übersetzt): „Klassische Angriffe nach unseren Kampfregeln beinhalten die Unterdrückung und Zerstörung der gegnerischen Verteidigungsstellungen durch Artillerie und Flugzeuge im Vorfeld sowie die gleichzeitige Zerstörung seiner Kampfkontrollen in der Tiefe der Verteidigungszone und die Verhinderung der Versorgung mit Nachschub. Da die Ukrainer fast keine Kampfflugzeuge besitzen und den Russen in Bezug auf die Artillerie deutlich unterlegen sind, führen klassische Angriffe nur zu einem massiven Verlust teurer militärischer Ausrüstung auf dem Weg zu den russischen Stellungen, zur Desorganisation und Demoralisierung der Angreifer mit anschließendem Rückzug. (…) Unter diesen Bedingungen haben unsere Leute zusammen mit ukrainischen Kommandeuren die Taktik der ‚Moskito‘-Aktionen entwickelt: kontinuierliche Angriffe auf russische Stellungen durch kleine taktische Gruppen der ukrainischen Infanterie. Die Russen, die viel empfindlicher auf Verluste an Soldaten reagieren, versuchen, Nahkämpfe (‚Kontakt‘) zu verhindern und ziehen sich zurück, wenn die Ukrainer ihre Gräben erreichen, damit die Artillerie den Feind vernichten kann. Dies ist in der Regel erfolgreich: Die Ukrainer sterben oder ziehen sich zurück. Aber diese Taktik hat eine positive Wirkung. Mehrere solcher Angriffe zerstören die russische Stellung fast vollständig, meist mit eigenem Feuer, woraufhin die Russen gezwungen sind, sich auf eine neue Linie zurückzuziehen, wo diese Taktik wiederholt wird. Auf diese Weise wurden die Russen innerhalb von zwei Wochen drei Meilen von der strategisch wichtigen Stellung von Makarov zurückgedrängt. (…) Das führt natürlich zu großen Verlusten bei den Ukrainern (…).“

ÄFI: Die RSV-Meldepflicht hilft niemandem – Auszug: „Am 15. Juni 2023 hat der Bundestag eine Änderung des Katalogs der meldepflichtigen Krankheiten im Infektionsschutzgesetz (IfSG) beschlossen. Eingerahmt in ein Gesetzespaket (‚Gesetz zur Änderung des Bevölkerungsstatistikgesetzes, des Infektionsschutzgesetzes, personenstands- und dienstrechtlicher Regelungen sowie der Medizinprodukte-Abgabeverordnung‘), wurde dank des Omnibusverfahrens beinahe klammheimlich die Meldepflicht für das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) verankert. Da es sich um ein Einspruchsgesetz handelt und der Vermittlungsausschuss nicht angerufen wurde, passierte es nun den Bundesrat ohne weitere Debatte. (…) Tatsächlich traten jeweils im Herbst 2021 und 2022 RSV-Erkrankungen früher als üblich und deutlich mehr als üblich auf. Auch ältere Kinder waren stärker als sonst betroffen. ‚Die Maßnahmen während der Corona-Infektzeit wie Maskenpflicht, soziale Isolationspflicht für Kinder durch KiTa- und Schulschließungen haben die RSV-Erkrankung künstlich in die Zeit der jeweiligen Lockerung bzw. der Beendigung dieser Maßnahmen verlegt‘, erklärt Dr. med. Alexander Konietzky, ärztlicher Geschäftsführer und Sprecher des ÄFI-Vorstandes. ‚Deshalb mussten ungewöhnlich viele Klein-, aber auch Schulkinder mit klinisch relevanten RSV-Infektionen stationär behandelt werden. In den Jahren bis 2020 waren dies eher Ausnahmefälle.‘ (…) Eine Meldepflicht wird in erster Linie den bürokratischen Aufwand für jeden daran Beteiligten ohne einen größeren, nachvollziehbaren Nutzen erhöhen. Außerdem steht zu befürchten, dass auf die Meldepflicht in nicht allzu ferner Zukunft eine RSV-Impfpflicht folgen könnte. Schließlich befinden sich unterschiedliche Impfstoffe, auch mit unterschiedlichen Technologien, in Entwicklung und Zulassung. (…) Nach den Erfahrungen der letzten Jahre scheint es ohne Weiteres möglich, dass die STIKO die von der EMA zugelassenen Impfstoffe oder modRNA-Präparate in den Impfplan einpflegen würde. Im nächsten Schritt wäre auch eine Impfpflicht durch die Hintertür nicht mehr abwegig.“

10. Juli 2023

Telepolis: Wird der Ukraine-Krieg der EU zum Verhängnis? (Michael von der Schulenburg) – Auszug: „Der nächste Präsident der USA muss nicht unbedingt Trump heißen, aber wir können davon ausgehen, dass die USA, wie bei so vielen anderen Kriegen, in die sie mutwillig verwickelt waren, sich spätestens nach der Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr vom teuren Ukraine-Abenteuer verabschieden werden. Dann wird die Europäische Union die ganze Wucht ihrer fehlgeleiteten Außenpolitik treffen. Die EU wird dann Teil eines Europas sein, das erneut durch einen Eisernen Vorhang geteilt ist, der von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer reicht und durch Sanktionen undurchlässiger sein könnte als alles, was wir noch aus den Zeiten des Kalten Krieges kennen. Die EU wird auf diesen Kontinent mit einer zerstörten Ukraine, die ein enormes langfristiges Finanzloch darstellt, und vielleicht auch mit einem destabilisierten Russland, das durch seine 6.000 Nuklearsprengköpfe eine permanente Gefahr bedeutet, zusammenleben müssen. Während die Wirtschaft der EU-Staaten von diesen Veränderungen schwer angeschlagen sein könnte, wird es die EU sein, die für die enormen Folgekosten dieses Krieges aufkommen muss. Das wird zu sozialen Problemen innerhalb von EU-Mitgliedsstaaten führen, die sich erhöht in politische und soziale Gewalt entladen können. Und das alles nur, weil wir unbedingt die Nato ausweiten und eine neutrale Ukraine nicht akzeptieren wollten? Ist das nicht ein zu hoher Preis – und dazu ein Preis für einen Konflikt, der auch friedlich hätte gelöst werden können?“

Welt: Das neue Worst-Case-Szenario für die Nato – Derzeit sind Russlands militärische Ressourcen noch in der Ukraine gebunden. Doch was, wenn das Land sich erholt und tatsächlich Nato-Territorium angreift? Die Verteidigungsallianz gibt sich nun eine neue Strategie, um ihre Ostflanke zu verteidigen. Deutschland spielt dabei eine zentrale Rolle. (Bezahlschranke) – Auszug: „(...) die Absichten des Kreml sind klar: Moskau erkennt weder die ehemaligen Sowjet-Republiken Ukraine und Georgien noch die baltischen Staaten als souverän an. Aufgabe der Nato ist nun, durch Entschlossenheit und Milliardeninvestitionen Russland davon zu überzeugen, dass sich keine Gelegenheit zu einem erfolgreichen Angriff bieten wird und die Allianz das eigene Territorium erfolgreich verteidigen kann. (…) Die Nato ist in diesen Tagen dabei, ihre sogenannte schnelle Eingreiftruppe für Krisenfälle von ehemals 40.000 Soldatinnen und Soldaten auf rund 300.000 auszubauen. (…) Dabei erwartet die Allianz, dass die russischen Truppen nicht in der Ostseeregion – die nach dem Beitritt von Finnland und dem geplanten Beitritt Schwedens fast vollständig vom Westen kontrolliert wird – angreifen wird, sondern dort, wo es Landgrenzen mit Russland und Belarus gibt: im Raum Finnland/Norwegen, im Baltikum oder Polen. Ein denkbarer Schauplatz für einen russischen Angriff wäre aber auch die Schwarzmeer-Region mit den Allianzmitgliedern Rumänien und Bulgarien. (…) Das erfordert wiederum mobile und voll ausgestattete Verbände mit kurzen Reaktionszeiten, die regelmäßig mit den Gastgebernationen im Osten wie Polen, Litauen oder Estland an den Nato-Außengrenzen üben – und wissen, was sie an jedem Hügel dieser Gebiete im Ernstfall zu tun haben. Momentan sind die Regionalpläne noch nicht so detailliert, aber in den kommenden ein bis zwei Jahren dürfte alles bis hin zur letzten Brücke taktisch ausgearbeitet sein.“

Welt: Die Sehnsucht des Westens nach einem rationalen Feind (Anmerkung: Die Autorin des Artikels, Stefanie Babst, wird als „Ex-Nato-Chefstrategin“ vorgestellt; Bezahlschranke) – Auszug: „Für Moskau wäre die Entscheidung der Nato, mit der Ukraine auch schon vor Beendigung des Krieges konkrete Beitrittsverhandlungen zu führen und eine Mitgliedschaft an einen konkreten Zeitplan zu koppeln, eine strategische Niederlage erster Güte. (…) Durch eine Nato-Mitgliedschaft könnte das Land endlich die sicherheitspolitische Grauzone verlassen, die für seine Sicherheit existenziell bedrohlich ist. (…) Die Ukraine würde nicht nur wie alle anderen Mitglieder von der kollektiven Beistandspflicht nach Artikel 5 profitieren, sondern ganz allgemein von den konventionellen und nuklearen Abschreckungsfähigkeiten des Bündnisses. (…) Das oftmals angeführte Argument, die Nato könne und dürfe kein beitrittswilliges Land aufnehmen, dass sich im Kriegszustand befindet, lässt sich bei näherer Betrachtung nicht halten. (…) So wie es aussieht, ist die Nato aber genau dazu nicht bereit. Ihre Entscheidung, die Ukraine erst nach Kriegsende aufzunehmen, wird Moskau selbstverständlich nicht davon abhalten, seinen mörderischen Angriffskrieg gegen die Ukraine weiter fortzusetzen. Den horrenden Preis dafür werden die Ukrainerinnen und Ukrainer bezahlen müssen. (…) Ein kleiner Hoffnungsschimmer täte sich vielleicht für die Ukraine auf. Dass sich die Regierung in Warschau seit geraumer Zeit um Aufnahme in das nuklearen Teilhabe-Arrangement der Nato bemüht, ist kein Geheimnis. Polen könnte seine vorhandenen F-16 und in den USA bestellten F-35 Kampfflugzeuge mit nuklearfähigen Trägersystemen ausstatten, vorausgesetzt, die Regierung in Washington stimmte der Stationierung von B 61 Atombomben in Polen zu. Mit der Stationierung russischer taktischer Atomwaffen in Weißrussland haben die Polen ein starkes Argument, um ihre nukleare Abschreckung nachhaltig zu verstärken. Sollte sich Polen bereitfinden, die Ukraine im Rahmen eines bilateralen Sicherheitsabkommens unter seinen dann vorhandenen nuklearen Schutzschirm nehmen, wäre der Kreml gezwungen, über diese neue strategische Dynamik verstärkt nachzudenken.“

The National Interest: The Wagner Group‵s African Empire – Auszug (übersetzt): „Die Realität der russischen Kriegsanstrengungen besteht darin, dass sie von den Gewinnen aus Wagners afrikanischen Unternehmungen abhängen. Mit nahezu vollständiger staatlicher Kontrolle in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR), einer starken Präsenz in Mali, Libyen und dem Sudan und Gerüchten über militärische Einsätze in Ländern der Sahelzone, einschließlich Burkina Faso und Tschad, ist Wagners Netzwerk in Afrika stark, vielfältig und effektiv. Noch wichtiger ist jedoch, dass es sich um ein Netzwerk handelt, das zum Teil aufgebaut wurde, um die finanziellen Folgen des Ukraine-Kriegs abzumildern – Moskaus Notfallplanung. Wagner sichert sich die Bezahlung für Sicherheitsdienste in instabilen afrikanischen Staaten durch Rohstoffverträge, einschließlich Gold und Holz in der Zentralafrikanischen Republik und Öl in Libyen, die dann nach Russland geleitet werden, um den Krieg in der Ukraine zu unterstützen. In der Zentralafrikanischen Republik zeigen Berichte, dass Wagners Kontrolle sich auf jeden Wirtschaftssektor erstreckt (...), was Moskau enorme finanzielle Vorteile verschafft. Experten schätzen, dass allein Wagners Kontrolle über die Forstwirtschaft und die Ndassima-Goldmine in der ZAR Einnahmen in Milliardenhöhe einbringen könnte. Angesichts dieser und weiterer Gelder aus Wagners gesamtem afrikanischen Netzwerk ist es weniger rätselhaft, dass die westlichen Sanktionen den russischen Kriegsanstrengungen in der Ukraine nicht den Todesstoß versetzen konnten. Unterm Strich braucht Putin Wagner – die Unternehmungen der Gruppe sind eine wichtige Lebensader für den Krieg. Und zum Pech für Putin ist Prigoschin der Mann, der Wagners Erfolg sichergestellt hat.“

Responsible Statecraft: Washington may deny it, but looks like someone wants to talk to Russia – Experts have made the case in recent months that such openings are crucial to avoiding a vicious circle of mistrust and protracted war (Washington mag es leugnen, aber es sieht so aus, als wolle man mit Russland reden – Experten haben in den letzten Monaten darauf hingewiesen, dass eine solche Öffnung entscheidend ist, um einen Teufelskreis aus Misstrauen und langwierigem Krieg zu vermeiden) – Auszug (übersetzt): „Laut dem Bericht von NBC News, der sich auf ′mit den Gesprächen vertraute Personen‵ beruft, konzentrierten sich die Gespräche auf einige der drängendsten Fragen im Zusammenhang mit dem Konflikt, darunter ′das Schicksal der von Russland gehaltenen Gebiete, die die Ukraine möglicherweise nie befreien kann, und die Suche nach einer schwer fassbaren diplomatischen Lösung, die für beide Seiten erträglich sein könnte‵. Dem Bericht zufolge nahm der russische Außenminister Sergej Lawrow bei einem seiner seltenen Besuch in New York City, wo er im April den Vorsitz des UNO-Sicherheitsrats innehatte, an mindestens einem der Treffen teil. Bei den in dem Artikel genannten ehemaligen US-Beamten handelt es sich um Richard Haass, den scheidenden Präsidenten des Council on Foreign Relations, Charles Kupchan und Thomas Graham – die alle zuvor in leitenden Positionen im Außenministerium und in anderen nationalen Sicherheitsbehörden tätig waren – sowie die ehemalige Pentagon-Beamtin Mary Beth Long.“

NZZ: Die deutsche „Ampel“ in der Dauerkrise: Arroganz löst keine Probleme – Schon vor dem Beschluss des Verfassungsgerichts war die Bundesregierung stark nur im Eigenlob. Besonders der Kanzler sieht im Parlament einen Bittsteller und in jeder Kritik eine Majestätsbeleidigung. So wird der Vertrauensverlust weiter zunehmen. – Auszug: „Nach einem solchen Debakel wären Töne der Bescheidenheit angebracht, ein Gran Zerknirschung, eine Prise Selbstkritik. Die ′Ampel‵ hat sich mehrheitlich dagegen entschieden und einmal mehr Festspiele der Arroganz ausgerufen. Mit Eigenlob aber löst man keine Probleme. Schon vor seiner Zeit als Kanzler war Olaf Scholz für ein schneidendes Besserwissertum bekannt. Ob als Hamburgs Erster Bürgermeister oder als Bundesfinanzminister: Scholz sieht sich als einzigen Teilnehmer an der politischen Champions League, weil er Probleme löse, bevor andere sie erkennten. Tief ergriffen ist er von der eigenen Konkurrenzlosigkeit. Mag ihm auch das in Krawallen endende G-20-Treffen entglitten, mag er bei Fragen zur Cum-Ex-Affäre von einer Gedächtnisschwäche befallen sein: Olaf Scholz bleibt fest überzeugt, ihm könne niemand das Wasser reichen. Insofern ist das vorläufige Scheitern des Heizungsgesetzes nicht nur Folge eines handwerklichen Pfusches, der Habecks Klimaschutzministerium anzulasten wäre. Nein, das Stoppschild aus Karlsruhe gilt auch einer Regierung und einem Kanzler, die Kritik schon lange als Majestätsbeleidigung missverstehen. (…) Die Regierung ist der Kellner, nicht der Koch. Sie muss sich rechtfertigen. Dafür hat Olaf Scholz kein Verständnis. Er lässt sich nicht befragen, er hält Hof. In dieser Woche war das bizarre Schauspiel in Reinkultur zu besichtigen. Der SPD-Politiker meint mit dem Titel des Kanzlers die Lizenz zum Abkanzeln erworben zu haben.“

Manova: Journalismus besser machen (Michael Meyen) – Auszug: „Der erste Geburtstag: Die Freie Akademie für Medien und Journalismus lernt langsam laufen. Es gibt ein Schaufenster, in dem die besten Stücke aus Studiengang und Kompaktkurs ausgestellt sind. Es gibt neue Angebote. Und es gibt Erfahrungen, die nicht nur den Nachwuchs besser machen werden, sondern auch die Ausbildung. (…) Meine Frau und ich haben die Freie Akademie für Medien und Journalismus gegründet und junge Leute gesucht, die an sich selbst arbeiten wollen und vor allem an den Kanälen der Gegenöffentlichkeit, in denen es viele gute Ideen gibt und noch mehr guten Willen. Was hin und wieder fehlt, ist Handwerk. Recherchieren und so schreiben, dass es jeder versteht und vor allem auch bereit ist, sich darauf einzulassen. Die Resonanz war großartig. 35 Bewerbungen, die Hälfte von Leuten unter 30. Wir haben das Feld geteilt: ein ganzes Jahr für die Jungen und ein Kompaktkurs für die etwas Älteren. Die Ergebnisse kann man sich in unserem Schaufenster anschauen. (…) Auf der Seite findet man auch das, was wir ab Oktober anbieten: wieder einen Kompaktkurs, dazu Trainings zu Bericht und Interview, zwei Textformen, die für das Publikum wichtig sind, weil es hier all das finden kann, was man braucht, um sich selbst eine Meinung zu bilden ― wenn die Sachen denn gut gemacht sind. Was dort nicht steht: Mit einem Jahr Erfahrung denken wir, dass sich auch Einzelcoaching lohnt, vor allem für die, die sich ein Leben in der Öffentlichkeit vorstellen können, aber nie auf einer Journalistenschule waren.“

6. Juli 2023

tagesschau: Verfassungsrichter stoppen vorerst Heizungsgesetz – Auszug: „Die für Freitagmorgen geplante zweite und dritte Lesung im Bundestag dürfe nicht in der laufenden Sitzungswoche stattfinden, teilte das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe mit. Es machte Zweifel geltend, dass die Rechte der Abgeordneten ausreichend gewahrt wurden in den Beratungen. (...) Für das weitere Verfahren gibt es nun zwei Möglichkeiten: Entweder trifft sich der Bundestag zu einer Sondersitzung in der Sommerpause, die eigentlich nach diesem Freitag beginnt – oder der Beschluss wird auf die Zeit ab September vertagt, wenn der Bundestag regulär wieder zusammenkäme. (...) Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann hatte eine einstweilige Anordnung beantragt, um dem Bundestag die abschließende Beratung und Abstimmung über das Gesetz zu untersagen, wenn der Gesetzentwurf den Abgeordneten nicht mindestens 14 Tage vorher schriftlich vorliegt – was nicht der Fall war. Heilmann hatte argumentiert, seine Rechte als Abgeordneter seien durch das Gesetzgebungsverfahren erheblich verletzt worden. ′Die Ampel ruiniert die Wärmewende mit einem Last-minute-Gesetzespaket und einem verfassungswidrigen Verfahren‵, warf er der Koalition vor. Wegen der maximal verkürzten Beratungen zur Novelle des GEG im Parlament könne man keine konzeptionelle Schwächen des Gesetzespakets aufzeigen und ändern. Dazu erklärte das Gericht nun, Heilmanns Hauptsacheantrag im Organstreitverfahren erscheine mit Blick auf sein Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung aus Artikel 38 des Grundgesetzes weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. ′Den Abgeordneten steht nicht nur das Recht zu, im Deutschen Bundestag abzustimmen, sondern auch das Recht zu beraten.‵“

FAZ: Selenskyj wollte Gegenoffensive schon früher beginnen – Auszug: „Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hätte sich einen ′sehr viel früheren‵ Beginn der Gegenoffensive zur Befreiung der russisch besetzten Gebiete in seinem Land gewünscht. Er habe den USA und den europäischen Partnern gesagt, ′dass wir unsere Gegenoffensive gerne früher starten wollen und dass wir all die Waffen und das Material dafür brauchen. Warum? Ganz einfach, weil es langsamer gehen wird, wenn wir später beginnen‵, sagte Selenskyj dem US-Sender CNN in einem Interview, das am Mittwoch (Ortszeit) in voller Länge veröffentlicht wurde. (...) Selenskyj betonte die Bedeutung von Raketen größerer Reichweite vom Typ ATACMS, um die die Ukraine die USA bittet und mit denen sie russische Ziele weit hinter der Frontlinie angreifen könnte. Die Raketen würden der Ukraine helfen, schneller voranzukommen, sagte Selenskyj. Er wies auch auf Engpässe bei der Ausrüstung seiner Truppen mit Artillerie hin. ′In einigen Richtungen können wir nicht einmal daran denken, damit (mit der Gegenoffensive) zu beginnen, weil wir nicht über die entsprechenden Waffen verfügen‵, sagte Selenskyj. Der Präsident des angegriffenen Landes verdeutlichte einmal mehr, was eine Rückeroberung der 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim für die Ukraine bedeuten würde. ′Wir können uns die Ukraine nicht ohne die Krim vorstellen‵, sagte Selenskyj. ′Und solange die Krim unter russischer Besatzung ist, bedeutet es nur eins: Der Krieg ist noch nicht vorbei.‵“

German Foreign Policy: Einflusskampf im Baltikum – Die Bundesrepublik intensiviert ihren Einfluss im Baltikum und plant einen Militärstützpunkt in Brigadestärke in Litauen – aufbauend auf der bereits 2014 eingeleiteten Militarisierung der Region. – Auszug: „Unter deutschen Politikern und Militärs herrscht die Hoffnung, das FCE [Forward Command Element, Red.] in Litauen könne ′beispielgebend für die neue Verteidigungsstruktur der NATO‵ werden. Hintergrund ist das Vorhaben des Militärbündnisses, in seinem Machtkampf mit Russland regionale Verantwortlichkeiten unter seinen Mitgliedstaaten festzulegen. ′Mit seinem Forward Command Element in Litauen‵ sei Deutschland dabei ′führend‵, lautet die Einschätzung des deutschen Verteidigungsministers Boris Pistorius. (...) Bei der jüngsten Kriegsübung im Juni (′Griffin Storm‵) waren NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und andere NATO-Funktionäre zeitweise als Beobachter präsent. Während des von der Bundeswehr organisierten Manövers trainierten rund 1.000 deutsche und litauische Soldaten mit mehr als 300 Fahrzeugen gemeinsame Operationen an der ′NATO-Ostflanke gegen gegnerische Kräfte‵. ′Deutsche und Litauer feuern aus allen Rohren‵, schilderte die Bundeswehr das Manöver: ′Während die litauische Armee … den Feind in die Deckung zwingt, vernichten die deutschen Kampfpanzer den Feind‵. Faktisch sind damit russische Truppen gemeint. Die Bedrohung durch Russland sei ′nicht abstrakt, sondern real‵, lautet die Einschätzung der Bundeswehr.“

Overton Magazin: Jacques Baud: „Unsere Politiker und Medien machen sich keine Sorgen über die Ukrainer“ – Auszug: „Die Hoffnung eines Erfolgs seitens Ukrainer ist meines Erachtens extrem dünn. Ich sage das seit Monaten. Ich denke, man sollte jetzt zu Vernunft kommen, denn die Menschen, die jetzt sterben, sterben für nichts, weil es keinen operativen Erfolg geben wird. Die westlichen Länder setzen daher auf einen politischen Erfolg, nicht auf einen operativen, weil der Prigoschin/Wagner-Vorfall die Idee zu bestätigen scheint, dass die Gegenoffensive Russland politisch destabilisieren kann. Da sind wir, glaube ich, auf dem falschen Weg. Man muss sehen, dass im Moment vor allem Ukrainer sterben. Es sterben auch ein paar Russen, aber im Grunde bewirkt die von den Russen eingeschlagene Taktik, dass der größte Teil der Verluste im Moment auf Seite der Ukrainer geschieht. (...) Ich habe mehrmals gesagt, man könne einen Krieg nicht richtig beurteilen, wenn man den Feind nicht richtig versteht. Unsere Medien haben immer die Russen klein geredet und gesagt, sie seien schlecht geführt, schlecht bewaffnet, schlechte Soldaten mit einer sehr schlechten Moral usw. Vor kurzem sagte ein ukrainischer Kriegsgefangener, sie seien mit der Vorstellung in den Kampf gegangen, dass die Russen schwach sind und keine Munition, keine Minen und keine Panzer mehr haben. Und dann hätten sie auf dem Schlachtfeld das Gegenteil erlebt. (...) Wissen Sie, der schlimmste Fehler, den man im Krieg machen kann, ist den Feind zu unterschätzen. Und dank unserer Medien, machen wir genau das. (…) Ich habe das Gefühl, dass sich niemand über die Ukrainer Sorgen macht. Unsere Politiker und unsere Medien jedenfalls nicht.“

Junge Welt: Allianz wächst. Äthiopien will BRICS-Bündnis beitreten. Interesse im globalen Süden stark gewachsen – Auszug: „Immer mehr Schwellen- und Entwicklungsländer wollen sich etwa dem von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika gebildeten BRICS-Bündnis aufstrebender Volkswirtschaften anschließen. Ende vergangener Woche beantragte nun Äthiopien die Aufnahme in den Wirtschaftsblock. Auch Nicaraguas Außenminister Denis Moncada bekundete kürzlich das Interesse seines Landes an einem Beitritt. Zuvor hatten bereits Algerien, Argentinien, Ägypten, Bangladesch, Indonesien, Iran, die Türkei, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate den Wunsch geäußert, dem Bündnis beizutreten. (…) Der äthiopische Botschafter in Moskau, Cham Ugala, wies gegenüber dem russischen Nachrichtenportal Sputnik darauf hin, dass die Beitrittswünsche afrikanischer Länder nicht nur wirtschaftliche Gründe hätten. ‚Ich denke, es gibt auch einen politischen Aspekt, denn wenn wir uns die heutige Welt ansehen, können wir feststellen, dass der Multilateralismus ignoriert wird und dass es einige wenige mächtige Nationen gibt, die die Welt militärisch oder wirtschaftlich dominieren und anderen ihre Interessen aufzwingen‘. (...) Äthiopien hat mit rund 123,4 Millionen Einwohnern nach Nigeria die zweitgrößte Bevölkerung des afrikanischen Kontinents. (…) Über eine mögliche Erweiterung der Allianz wollen deren Mitgliedsländer auf einem Gipfel vom 22. bis 24. August in Johannesburg beraten.“

The Cradle: From Washington to Beijing and Moscow: Netanyahu’s quest for global relevance (Von Washington nach Peking und Moskau: Netanjahus Suche nach globaler Relevanz) – Auszug (übersetzt): „Als atlantisches Kolonialprojekt ringt der Staat Israel nun damit, wie er sich mit dem multipolaren Osten auseinandersetzen kann, ohne seine bedingungslose westliche Unterstützung zu verlieren. (…) Schlussendlich erhält Israel jährlich milliardenschwere Militärhilfe aus den USA, ist in hohem Maße auf das Veto der USA im UN-Sicherheitsrat angewiesen, benötigt finanzielle Garantien aus den USA und erhält die modernsten Waffensysteme der USA zu Vorzugskonditionen. Trotz alledem haben sich die Beziehungen zwischen Israel und China verbessert und das Interesse an israelischen Innovationen, insbesondere in den Bereichen Medizintechnik, Robotik, Lebensmitteltechnologie und künstliche Intelligenz, hat zugenommen. Washingtons Hauptsorge gilt jenen Technologien, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden könnten und die man China unbedingt vorenthalten will. Netanjahu sollte jedoch das diplomatische Geschick besitzen, sich nicht zum Spielball im kalten Krieg zwischen den USA und China zu machen. (…) Israel verurteilt zwar Russlands Militäroperation in der Ukraine, hat sich aber auch von den westlichen Sanktionen gegen Moskau distanziert – und entscheidet sich nun für eine wirklich neutrale Haltung, indem es sich weigert, die Ukraine gegen Russland aufzurüsten. Das dürfte den Kreml sehr freuen. Denkbar ist, dass Netanjahu nun auch einen Besuch in Moskau plant, um sein persönliches Verhältnis zu Wladimir Putin wieder aufleben zu lassen. (…) Zweifellos beobachtet Moskau die stetige Verschlechterung der amerikanisch-israelischen Beziehungen unter der Regierung Biden sehr genau. Moskau hat die chinesische Initiative zur Vermittlung eines Friedens zwischen Israel und den Palästinensern positiv aufgenommen. Es ist denkbar, dass die Russen die chinesische Initiative unterstützen werden, da sie mit den Ideen übereinstimmt, die sie seit langem in Bezug auf die kollektive Sicherheit in der westasiatischen Region vertreten haben. (…) Netanjahu kann sehr wohl erkennen, dass die Regierung Biden nicht mehr den Einfluss hat, um die Integration Israels in seine arabische Nachbarschaft zu gewährleisten.“

CBS: Key takeaways as China urges solidarity with Russia, India and other Shanghai Cooperation allies (China drängt auf Solidarität mit Russland, Indien und anderen Verbündeten der Shanghai Kooperation) – Auszug (übersetzt): „Chinas Präsident Xi Jinping forderte die Staats- und Regierungschefs Russlands, des Irans und anderer Verbündeter am Dienstag auf, die Beziehungen zu stärken und sich gegen westliche Sanktionen zu wehren, während die Staats- und Regierungschefs der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) virtuell zu einem von Indien ausgerichteten Gipfel zusammenkamen. (…) Dem russischen Verbündeten Weißrussland, das einen Beobachterstatus hat, wurde mitgeteilt, dass es auf dem nächsten SCO-Gipfel Mitglied werden soll. (…) Der russische Präsident Wladimir Putin dankte den Partnern der SCO für ihre Unterstützung während einer kurzen, gescheiterten Meuterei des Chefs der Wagner-Söldnergruppe. (…) Xi ‚rief zu Anstrengungen auf, den regionalen Frieden zu wahren und die gemeinsame Sicherheit zu gewährleisten‘. (…) ‚Wir müssen sehr wachsam sein gegenüber externen Kräften, die einen 'neuen Kalten Krieg' schüren und eine Konfrontation in der Region heraufbeschwören, und wir müssen uns entschieden dagegen wehren, dass sich ein Land in innere Angelegenheiten einmischt und aus irgendeinem Grund eine 'Farbenrevolution' inszeniert‘, sagte Xi. (…) Iran ist am Dienstag als Vollmitglied der SCO beigetreten. (…) Die Mitgliedschaft des Irans wird die Bedenken einiger westlicher Kritiker nähren, die befürchten, dass ‚Russland, China, Pakistan und der Iran zusammenkommen, so dass es eine Ansammlung von Ländern gibt, die von Natur aus antiwestlich ausgerichtet sind‘, sagte Harsh V. Pant, Professor am King's College London.“

Nachdenkseiten: Der AfD-Höhenflug ist eine logische Folge einer immer tiefer gespaltenen Gesellschaft – Auszug: „Auch wenn niemand aus meinem Umfeld die AfD und ihr Programm gut findet, so begegne ich immer häufiger klammheimlicher Freude über deren Umfragen-Höhenflug. Die AfD ist sicher keine Alternative, aber sie wird mittlerweile von vielen als einzige Opposition wahrgenommen. (…) Die größte Zustimmung erhält die Partei laut Forsa mittlerweile von der klassischen Mittelschicht – Arbeitern und Angestellten mittleren Alters, mit leicht überdurchschnittlichem Einkommen, die vor allem auf dem Land leben; in den Großstädten schneidet die AfD bei Umfragen am schlechtesten ab. (…) Ich lebe ja selbst auf dem Land. (…) Die im Raum stehenden Mehrkosten für Energie und die bald anfallende Wärmepumpe sind in der Tat eine existenzielle Frage. Hier geht es um Lebensentwürfe und für einen Normalverdiener bringen monatliche Zusatzkosten im vierstelligen Bereich den derzeitigen Lebensentwurf gehörig durcheinander. Das ist, liebe Berliner, Münchner und Hamburger, so, als würde Eure Kaltmiete von einem Jahr aufs nächste im vierstelligen Bereich steigen. (…) Da wundert es nicht, dass mittlerweile 79 Prozent der Befragten mit der Bundesregierung nicht zufrieden sind. Das ist übrigens ein historischer Wert. Noch nie war die Unzufriedenheit mit der amtierenden Bundesregierung so groß. (…). Zwei Drittel der ‚AfD-Umfragewähler‘ sind demnach klassische Protestwähler; also Menschen, die mit den anderen Parteien unzufrieden sind und ihnen oft auch einen Denkzettel verpassen wollen, der AfD selbst aber ebenfalls kritisch gegenüberstehen. (…) Die Parteien haben also die freie Wahl. Entweder sie bleiben bei ihrem Kurs, kriegen von den Medien Beifall, aber vertiefen den Riss, der durch die Gesellschaft geht. In diesem Fall stehen der AfD gute Zeiten bevor. Oder aber sie hinterfragen ihren Kurs und verfolgen endlich einmal eine vereinende Politik. Dann kriegen sie zwar schlechte Presse, aber sie kitten den Riss und entziehen der AfD damit ihr Protestwählerpotential.“

4. Juli 2023

Tichys Einblick: Wenn Protokolle weinen könnten – diese hier hätten allen Grund – Auszug: „16 Monate tagte das Gremium um Christian Drosten, Hendrik Streeck, dem Chef der Ständigen Impfkommission (STIKO) Thomas Mertens, dem RKI-Präsidenten Lothar Wieler und anderen Protagonisten. Diese berieten über die schlimmsten grundrechtseinschränkenden Maßnahmen aller Zeiten. Die Zusammensetzung mutet fragwürdig an. Kein Verfassungsrechtler und auch kein Epidemiologe gehörten diesem Gremium an. (…) Gleich in der 4. Sitzung am 28.12.2021 ist im Protokoll völlig unscheinbar, aber dennoch nicht weniger explosiv Folgendes zu lesen: ‚Im Ergebnis bislang keine Erkenntnisse für besondere Schwere der Erkrankung bei Kindern.‘ Vorausgegangen war ein Bericht eines Mitglieds, dessen Name geschwärzt wurde. Diese unbekannte Person berichtete zu aktuellen Daten aus Südafrika in Bezug auf Kinder und Jugendliche. Wenn man nun weiß, dass Omikron etwa ab der zweiten Kalenderwoche des Jahres 2022 in Deutschland die vorherrschende Variante war und dass die Kinderimpfung für fünf- bis elfjährige Kinder erst später, nämlich ab Ende Mai 2022 von der STIKO empfohlen wurde und bereits vorher durch Lauterbach, Politiker und Medien inbrünstig nahegelegt und beworben wurde, dann ist dies allein ein Grund, dass Lauterbach und alle Teilnehmer dieses Expertenrates in ihren derzeitigen Ämtern und Funktionen zurücktreten und die Bevölkerung – besonders aber die Kinder – um Verzeihung bitten müssen. (…) Wenn dies nun der Expertenrat bereits Ende 2021 sah – dennoch aber zusieht, wie die Maschinerie des Grauens in Bezug auf die Kinderimpfungen angeworfen und vorangetrieben wird, dann ist das eine menschliche Katastrophe. Auch deshalb, weil der Chef der STIKO dem Gremium angehörte und trotz dieses Wissens die STIKO Ende Mai diese Impfempfehlung aussprach. (…) Der Expertenrat war eine Show. Nun ist die Maskerade zu Ende und die ungeschminkte Wahrheit tritt zu Tage. Wenn so die Arbeit von Experten aussehen darf, hätte Olaf Scholz dieses Gremium tatsächlich nicht berufen brauchen. Eine Aufarbeitung ist unabdingbar.“ (Friedrich Pürner)

Infosperber: Wichtige Studie zur Covid-Sterblichkeit war „unplausibel“ (Teil 1) – Auszug: „Die Studie der ‚Covid-19 Excess Mortality Collaborators‘ ist eine der am häufigsten zitierten Studien zur weltweiten Übersterblichkeit durch Covid. Am 10. März 2022 veröffentlichte ‚The Lancet‘ diese Schätzung von Wissenschaftlern. Die ‚Covid-19 Excess Mortality Collaborators‘ kamen zum Ergebnis, dass bis Ende 2021 dreimal mehr Menschen weltweit an Covid-19 starben als offiziell ausgewiesen. 18,2 Millionen Menschen kamen demzufolge in den ersten beiden Pandemiejahren an oder mit Covid zu Tode. (…) Diese zuvor von Gutachtern geprüfte Studie fand weite Verbreitung: Mehr als 400-mal wurde sie in der wissenschaftlichen Fachliteratur zitiert, über 23’000-mal in den Social Media und fast 300-mal in Medien – zum Beispiel von der Wissenschaftsabteilung des ORF und von ‚Spektrum der Wissenschaft‘. (…) Ein wesentlicher Teil der ‚Covid-19 Excess Mortality Collaborators‘ arbeitet am ‚Institute for Health Metrics and Evaluation‘ (IHME) der Universität Washington. Dieses weltweit bekannte Institut rühmt sich auf seiner Website, dass es politische Entscheidungsträger informiere und unter anderem mit dem Weissen Haus zusammenarbeite. Es wurde 2007 von der Bill & Melinda Gates Stiftung gegründet und wird massgeblich durch sie gefördert. ‚Führende Persönlichkeiten auf der ganzen Welt haben unsere Ergebnisse während der Pandemie genutzt‘, schreibt das IHME auf seiner Website. Nun stellt sich heraus: Das hätten diese wohl besser nicht tun sollen. Denn fast ein Jahr nach der Publikation der Studie veröffentlichte ‚The Lancet‘ am 11. Februar 2023 fünf Leserbriefe dazu. Der Tenor in vier von fünf Briefen: Die Ergebnisse der ‚Covid-19 Excess Mortality Collaborators‘ sind unplausibel und zu hoch gegriffen. (…) Wissenschaftler des deutschen Max-Planck-Instituts für Demografische Forschung greifen in ihrem Leserbrief das Beispiel Japan heraus: Die ‚Covid-19 Excess Mortality Collaborators‘ nahmen an, dass die Todeszahlen in Japan in den Jahren 2020 und 2021 ohne Pandemie um 0,9 Prozent tiefer ausgefallen wären als in den Jahren 2018 und 2019 – eine völlig unrealistische Annahme. Denn aufgrund der Überalterung steigen die Todeszahlen in Japan seit 20 Jahren um 1,5 bis 7,3 Prozent jährlich, wie die Kritiker ausführen. (…) ‚Wir haben [in der Studie – Anm. d. Red.] ähnlich unplausible Übersterblichkeitsschätzungen für viele andere Länder gefunden, inklusive Dänemark, Deutschland, Belgien, Spanien, Portugal und Kasachstan‘, schreiben die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts. Die Schätzungen der ‚Covid-19 Excess Mortality Collaborators‘ seien nicht verlässlich und sollten nicht herangezogen werden, um politische Massnahmen zu evaluieren, raten sie.“

Welt: Schadenersatz von Biontech? Jetzt zeigt sich die heikle Doppelrolle des Staates (Bezahlschranke) – Auszug: „Der erste Schadenersatzprozess gegen den Impfstoffhersteller Biontech startet. Fragen verursacht dabei die Rolle der Bundesregierung, die Anwaltskosten und mögliche Schadenersatzforderungen für die Impfstoffhersteller weitgehend trägt. (…) Klägeranwälte fürchten deshalb ein Ungleichgewicht in den anlaufenden Schadenersatzprozessen. Doch die Verträge bergen noch weitere Klauseln, die sich im Rahmen der Prozesse als vorteilhaft für die Konzerne erweisen könnten. So hat sich die Bundesrepublik verpflichtet, Informationen zu den Klagen mit den Herstellern zu teilen, um die Ansprüche von Geschädigten abzuwehren. Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) versprochene Hilfe für Impfgeschädigte scheint hingegen nur mühsam anzulaufen. Damit stellt sich die Frage, ob der Staat durch seine vertraglichen Zwangsverpflichtungen womöglich einen Interessenkonflikt hat. (…) Zur Höhe der Anwaltskosten für die Hersteller wollte das BMG keine Angaben machen. Ob die Kosten für die Anwälte der Konzerne gedeckelt sind, könne das Ministerium wegen ‚vertraglicher Vertraulichkeit‘ nicht mitteilen. Einen Interessenkonflikt will das BMG in seiner Doppelrolle als Scheckbuch der Impfstoffhersteller und Unterstützer von Impfgeschädigten nicht sehen. (…) Auch [Klägeranwalt] Ulbrich kritisiert, dass mutmaßlich Geschädigte für die Prozesskosten selbst aufkommen müssten, während der Staat für die Hersteller ‚mit die teuersten Großkanzleien der Republik‘ zahlen würde. Das habe auch Auswirkungen auf die Prozesse. ‚Die Hersteller haben aufgrund der staatlichen Bezahlung ihrer Anwälte nicht das geringste Interesse, einen Vergleich zu schließen.‘ (…) Die Rolle des BMG in den Prozessen dürfte für Geschädigte der Covid-Impfung eine Blackbox bleiben.“

Berliner Zeitung: Oberster US-General: Gegenoffensive der Ukraine wird "lange dauern und sehr, sehr blutig“ – Auszug: "Der ranghöchste Offizier der US-amerikanischen Armee hat einige Details über die ukrainische Gegenoffensive verraten. Die Angriffswelle gegen Russland wird schwierig und ′sehr blutig‵, sagte General Mark Milley. Er sei nicht überrascht, dass die Ukraine langsamer vorankomme als vorhergesagt, fügte aber hinzu, dass sie ′stetig vorankomme‵. Die BBC zitiert Milley mit den Worten: ′Es geht ein bisschen langsam, aber das ist Teil der Natur des Krieges.‵ Nach Angaben von Milley schreitet die Gegenoffensive ′stetig voran und arbeite sich bewusst durch sehr schwierige Minenfelder vor. 500 Meter pro Tag, 1.000 Meter pro Tag, 2.000 Meter pro Tag, so etwas in der Art‵. Der Krieg ist echt und findet nicht nur auf dem Papier statt, so der General weiter. Mann müsse jetzt auch Geduld haben. ′Ich hatte gesagt, dass dies sechs, acht, zehn Wochen dauern wird, es wird sehr schwierig sein. Es wird lange dauern, und es wird sehr, sehr blutig werden.‵ (...) Zugleich bekräftigte Selenskyj, erst mit Russland über einen Frieden verhandeln zu wollen, wenn die Ukraine all ihre Gebiete – einschließlich der Krim und der Separatistengebiete im Donbass – zurückerobert habe. Eine Rückkehr zur Demarkationslinie vom Februar 2022, als Russland offiziell seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine begann, sei keine Option. Auch der von Kiew angestrebte Nato-Beitritt des Landes werde für einen Kompromiss nicht geopfert, weil dieser wichtig für die künftige Sicherheit des Landes sei.“

FAZ: USA prüfen Lieferung von Streumunition an Kiew – Auszug: "Laut amerikanischen Medienberichten erwägt die Biden-Regierung die Lieferung umstrittener Streumunition in die Ukraine. Sollte die Zusage bald erteilt werden, könnte die Munition schon im nächsten Monat in ein neues Hilfspaket für Kiew aufgenommen werden. Grund für die Überlegungen sind laut mit dem Vorgang vertrauten Beamten die veränderten Bedingungen auf dem Schlachtfeld in den vergangenen Wochen. Die ukrainische Gegenoffensive erziele bislang nicht so große Fortschritte wie von Washington erhofft. Die Lieferung von Streumunition hätte laut der Quelle bei CNN ′zweifellos erhebliche Auswirkungen‵. Der Einsatz sei jedoch keine Neuerung; sowohl die Ukraine als auch Russland hätten seit Beginn des russischen Einmarsches Streubomben eingesetzt. Die Ukraine hat die Vereinigten Staaten seit dem vergangenen Sommer wiederholt um Streumunition gebeten. Washington war wegen des Risikos für die Zivilbevölkerung bislang jedoch zurückhaltend. Noch im Dezember hatte man ′Bedenken‵ bezüglich einer möglichen Lieferung geäußert. Wichtige Verbündete Amerikas, darunter Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich, haben das sogenannte Oslo-Abkommen unterzeichnet, das den Einsatz, die Entwicklung, Herstellung und Weitergabe von Streumunition seit 2010 verbietet. (...) Die Nachrichtenagentur Reuters hatte jüngst unter Berufung auf Pentagon-Beamte berichtet, das amerikanische Militär halte Streumunition für die Ukraine besonders gegen eingegrabene russische Stellungen für nützlich. In einem Brief an Präsident Biden äußerte eine parteiübergreifende Gruppe Kongressabgeordnete vergangene Woche ihre Unterstützung für Streumunition an die Ukraine. Das ′ungenutzte, riesige‵ Arsenal solle freigegeben werden. Die Sprengköpfe der sogenannten DPICM-Munition sind sowohl mit den HIMARS-Raketenwerfern als auch mit den Haubitzen kompatibel, die die Vereinigten Staaten bereits an Kiew geliefert haben. Streumunition ist besonders gefährlich, weil die bei der Explosion freigesetzte Submunition sich weit verbreiten kann. Außerdem detoniert nicht jedes dieser Teilchen, sondern viele bleiben als Blindgänger liegen und sind wegen ihrer Größe schwer aufzufinden. Beim Auswärtigen Amt heißt es, dadurch bringe Streumunition die Zivilbevölkerung besonders in Gefahr, ′nicht nur während des Einsatzes, sondern noch lange nach Beendigung eines militärischen Konfliktes‵.“

FAZ: Warschau will US-Atomwaffen in Polen – Auszug: "Die polnische Regierung hat deutlicher als bisher ihren Wunsch nach Beteiligung an der ′nuklearen Teilhabe‵ in der NATO bekräftigt. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki äußerte sich öffentlich zunächst am Freitagabend nach dem EU-Gipfel in Brüssel und am Samstag noch einmal bei einem Auftritt in Polen: ′Wir legen die Hände nicht in den Schoß, wenn Putin alle möglichen Bedrohungen eskaliert.‵ In Brüssel appellierte Morawiecki an die Verbündeten, das Teilhabeprogramm zu erweitern. Im Rahmen der Teilhabe sind seit Jahrzehnten amerikanische Atomwaffen bei mindestens vier Bündnispartnern stationiert, darunter in Deutschland und in den Niederlanden. Die Entscheidung über ihren Einsatz treffen jedoch die Amerikaner. Morawiecki sagte, wenn Putin ′den Westen zu erpressen versucht und die Verlegung taktischer Atomwaffen nach Belarus verkündet, wollen auch wir das höchste Niveau an Sicherheit haben‵. Die Einbeziehung Polens in die Teilhabe ′würde unsere Sicherheit sehr festigen‵. Das letzte Wort hätten die Amerikaner. ′Wir erklären unseren Willen, schnell zu handeln.‵ Washington reagierte allerdings reserviert. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats sagte am Wochenende, er habe zu diesem Thema ′nichts zu sagen‵, außerdem ′informieren wir nicht über die Stationierung von nuklearen Waffensystemen‵. Man sehe ′keine Anzeichen‵ für einen geplanten Atomwaffeneinsatz Russlands in der Ukraine oder Europa. Daher habe sich die Linie der amerikanischen Abschreckung auch nicht geändert.“

Merkur: Kein "Modell John Wayne“: Scholz verteidigt seinen Stil – Kanzler äußert sich zu Sesselmann-Prüfung – Auszug: "Zum jüngsten Umfrage-Höhenflug der AfD sagte Scholz, es sei nötig, den Menschen eine positive Zukunftsperspektive zu geben und ihnen Respekt zu zeigen. Es gebe das Phänomen rechtspopulistischer Parteien in vielen europäischen Ländern, deshalb müsse man Kurs halten. ′Die AfD ist eine Partei, in der sehr viele rechtsextremistische Positionen vertreten werden‵, fügte Scholz hinzu. ′Mit der kann es und darf es keine Zusammenarbeit geben von den demokratischen Parteien, die im Bundestag vertreten sind.‵ Die These, der Heizungsstreit sei Grund für die AfD-Erfolge, wies Scholz zurück: Man dürfte es sich ′nicht zu leicht‵ machen. Gute Umfragewerte für rechtspopulistische ′Schlechte-Laune-Parteien‵ [gebe] es auch in anderen europäischen Ländern. Hassel konterte mit der These von einem ′Schlechte-Laune-Land‵ – 79 Prozent der Deutschen seien unzufrieden mit der Ampel-Regierung. In einer ARD-Fragestunde kurz zuvor hatte der Kanzler prophezeit, die AfD werde kein besseres Wahlergebnis erzielen, als 2021 – damals war die Partei auf 10,3 Prozent der Zweitstimmen gekommen. In Thüringen wird derzeit geprüft, ob der erste AfD-Landrat Robert Sesselmann überhaupt Beamter werden darf. Scholz betonte dazu, dass er die genauen Landesregeln in Thüringen nicht kenne. Natürlich könne aber niemand Beamter werden, wenn er rechtsextreme Ansichten habe. Nur sei dies nicht automatisch mit der Zugehörigkeit zu einer Partei verbunden, sondern müsse immer im Einzelfall überprüft werden. Zu einer möglichen Parteigründung der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht sagte Scholz, dass deren politische Positionen ′nicht besonders attraktiv sind‵. Er hoffe, dass nicht viele Wähler Wagenknecht ′auf den Leim gehen‵.“

Empfehlungen von Juni 2023

30. Juni 2023

Frankfurter Allgemeine: Macron beruft wegen Krawallen Krisensitzung ein – Auszug: „Molotow-Cocktails, Hubschraubereinsätze, Verletzte: Frankreich erlebt nach dem Tod eines Jugendlichen die dritte Krawallnacht in Folge. Die Polizei nimmt 667 Menschen fest. (…) Landesweit sind 40.000 Polizisten im Einsatz, rund viermal so viele wie noch am Mittwochabend. In der Region Paris fahren seit Donnerstagabend keine Busse und Straßenbahnen mehr, im acht Kilometer vom Pariser Stadtzentrum entfernten Clamart gilt eine nächtliche Ausgangssperre bis Montag. Auslöser der Ausschreitungen sind tödliche Schüsse eines Polizisten auf einen Jugendlichen nordafrikanischer Abstammung bei einer Verkehrskontrolle in dem Pariser Arbeitervorort Nanterre. Eine Motorradstreife hatte den 17-Jährigen am Dienstagmorgen am Steuer eines Autos gestoppt. Als der junge Mann plötzlich anfuhr, fiel der tödliche Schuss aus der Dienstwaffe des Polizisten. Am Donnerstagabend wurde in Nanterre eine Bankfiliale in Brand gesetzt, wobei die Flammen auf ein darübergelegenes Wohngebäude übergriffen. (…) In Lille, Lyon und in Bordeaux kamen Spezialeinheiten der Polizei zum Einsatz. In Grenoble wurde ein Bus mit Feuerwerkskörpern beschossen und die Beschäftigten der Verkehrsbetriebe legten daraufhin die Arbeit nieder. (…) Auch in der belgischen Hauptstadt Brüssel ist es am Donnerstag zu Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und Ordnungskräften gekommen. (…) In Nanterre fand am Donnerstag ein Trauermarsch zu Ehren des getöteten 17-Jährigen statt. Dessen Mutter, die zu dem Marsch aufgerufen hatte, saß auf einem Lieferwagen, der den Protest begleitete, und trug ein T-Shirt mit der Aufschrift „Gerechtigkeit für Nahel“. Nach Angaben der Polizei nahmen rund 6200 Menschen teil.“

29. Juni 2023

Frankfurter Rundschau: Prigoschins Deal mit Lukaschenko: Details aus dem Telefonat enthüllt – Auszug: "Kremlchef Putin soll nach Darstellung des belarussischen Machthabers während des Aufstandes der Wagner-Söldner zunächst auf eine gewaltsame Lösung gesetzt haben. Laut Lukaschenko habe Putin ihn am Samstagvormittag angerufen und ihm die Lage geschildert. Er habe verstanden, dass im Kreml bereits die harte Entscheidung getroffen worden sei, die Wagner-Leute ′kaltzumachen‵, berichtete Lukaschenko der belarussischen Nachrichtenagentur Belta. Daraufhin habe er sich sofort mit Prigoschin telefonisch verbinden lassen. ′Die erste Runde haben wir 30 Minuten lang nur mit Schimpfwörtern aufeinander eingeredet‵, so Lukaschenko weiter. Insgesamt sei die Konversation zwischen Prigoschin und Lukaschenko ′sehr schwierig‵ verlaufen, berichtete der belarussische Propagandist und Lukaschenko-Freund Wadim Gigin gegenüber Belta. ′Die beiden warfen sich ohne viel Aufhebens derart vulgäre Dinge an den Kopf, dass es jede Mutter zum Weinen gebracht hätte.‵ Prigoschin sei ′euphorisch‵ gewesen. Er habe ein Gespräch mit Putin sowie die Herausgabe von Verteidigungsminister Sergei Schoigu und Oberbefehlshaber Waleri Gerassimow verlangt und mit dem Marsch auf Moskau gedroht. Lukaschenkos Antwort: ′Auf halbem Weg dorthin werden sie dich zerquetschen wie eine Wanze.‵ Ob das Gespräch mit Lukaschenko der ausschlaggebende Faktor für den Rückzug [von Prigoschins Einheiten] war, bleibt offen. In einer Pressemeldung der russischen Nachrichtenagentur Tass betonte der Kreml, dass man Lukaschenkos Vermittlungen sehr zu schätzen wisse.“

Compact: Beware a Weakened Putin (George Beebe) – Auszug (übersetzt): "Den Schlagzeilen nach zu urteilen, scheinen die Amerikaner diese Verwundung als ein ungetrübtes Glück zu betrachten. Aber ein verwundeter Putin ist sehr wahrscheinlich ein gefährlicherer Putin. Er hat die Vereinigten Staaten bereits beschuldigt, Prigoschin zu unterstützen, und dabei die Sympathie der Medien für die Rebellion mit der operativen Unterstützung der Regierung verwechselt. Es ist nicht nur wahrscheinlicher, dass er zu Hause gegen Andersdenkende vorgeht, sondern auch, dass er im Krieg in der Ukraine weniger Geduld zeigt. Russische Nationalisten haben sich darüber beschwert, dass Putin die Lieferung von immer bedrohlicheren Waffensystemen durch die USA und die NATO an die Ukraine toleriert hat, z. B. Leopard- und Abrams-Panzer, Artillerie- und Raketensysteme mit größerer Reichweite und F-16-Kampfflugzeuge, und argumentiert, dass seine Zurückhaltung die Amerikaner nur zu noch mehr Unterstützung ermutigt und das russische Heimatland gefährdet hat. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass er jetzt eine solche Zurückhaltung an den Tag legen wird. All dies deutet auf eine zunehmende Krise zwischen den Vereinigten Staaten und Russland hin. Amerika ist zuversichtlicher geworden, dass es Russlands rote Linien gefahrlos in Frage stellen kann, während Putin unter enormem Druck steht, zu zeigen, dass er bereit und in der Lage ist, sie zu verteidigen. Und das Ausmaß der Feindseligkeit und des Misstrauens zwischen den beiden Regierungen bedeutet, dass es enorm schwierig sein wird, die Folgen eines direkten Zusammenstoßes zwischen unseren jeweiligen Streitkräften einzudämmen.“

NZZ: Doch kein AfD-Wahlsieg? Thüringens Verwaltung spielt ein gefährliches Spiel – Eine Behörde in dem ostdeutschen Bundesland will die persönliche Eignung und Verfassungstreue des frisch gekürten Sonneberger Landrats Robert Sesselmann überprüfen – und dessen Wahlsieg eventuell für ungültig erklären. Schon der Versuch ist ein Affront. – Auszug: "Als nützliche Idioten bezeichnet man Menschen, die einer Person oder Sache dienen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Die AfD kann sich seit ihrem ersten kommunalpolitischen Wahlsieg am vergangenen Sonntag über eine Rekordzahl solcher Leute freuen. (...) Der Wahlakt ist das Herzstück der Demokratie. In ihm drückt der Souverän seinen Willen aus. Mit ihm beginnt die Legitimität aller Staatsgewalt. Schon der Versuch, den Willen des Souveräns durch einen Verwaltungsakt infrage zu stellen, ist ein Affront. Der erfolgreiche Versuch wäre ein Desaster. (...) Solange die AfD nicht verboten ist, bleibt den etablierten politischen Kräften nur die inhaltliche Auseinandersetzung. Versuche, ihre Rechte durch Obstruktion zu beschneiden oder gar auf die Annullierung des Wählerwillens zu setzen, werden nach hinten losgehen. 2024 sollen in mehreren ostdeutschen Bundesländern neue Landtage gewählt werden, auch in Thüringen. Das dortige Landesverwaltungsamt hat den völkischen Rechten nun ein erstes riesengrosses Geschenk gemacht. (…) Schaut man sich den Stand der öffentlichen Auseinandersetzung in Deutschland an – von wüsten Beschimpfungen bis hin zu Boykottaufrufen gegen den Kreis Sonneberg –, dann wird sich die AfD noch über weitere Geschenke vieler nützlicher Idioten freuen können.“

Welt: Dann wollte Lauterbach erklären, was ein CT-Wert von 30 ist – Protokolle aus dem Bundeskanzleramt belegen, wie es hinter verschlossenen Türen so zuging, im Corona-Expertenrat. Das Gremium war bekannt dafür, immer härtere Maßnahmen zu empfehlen (Bezahlschranke) – Auszug: "Bemerkenswert sind auch die Auftritte Lauterbachs im Expertenrat. Zitat aus dem Protokoll: ′BM Lauterbach berichtet über die Schwierigkeiten bei der politischen Debatte zur allgemeinen Impfpflicht.‵ Auch formal nutzt der Minister den Expertenrat als politische Bühne. Während einer Sitzung ist dem Minister sogar ein eigener Tagesordungspunkt gewidmet. Was dort zur Sprache kommen sollte, bleibt unklar – denn der Minister erscheint an dem Tag nicht. Seinen Auftritt bekommt er dafür am 12. Januar 2022, im Protokoll vermerkt mit dem Hinweis: ′BM Lauterbach erklärt die Bedeutung des CT-Wert von 30.‵ Mit anderen Worten: Im dritten Jahr der Pandemie hält der Gesundheitsminister es für geboten, seinen Experten einen Vortrag über die Grundlagen des PCR-Tests zu halten. Über die Reaktionen in der Runde findet sich im Protokoll kein Vermerk. Große Teile der Protokolle sind geschwärzt, im Bundeskanzleramt begründet man das mit der emotional wie auch politisch stark aufgeladenen Debatte und verweist auf die Reichsbürger- und Querdenkerszene. Mitglieder, die für besonders einschneidende Maßnahmen plädiert hätten, könnten zur Zielscheibe werden. ′Eine Gewährung des Informationszugangs ohne Schwärzung des Urhebers von Sitzungsbeiträgen würde die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit und das Leben der Mitglieder und Gäste des Corona-Expertenrats derart konkret gefährden, dass die Informationsbelange des Klägers dahinter zurückstehen müssen‵, heißt es in dem Begleitschreiben des Kanzleramts. Allerdings ist auch die Diskussion über die Wirksamkeit der Impfstoffe geschwärzt. Ein wunder Punkt im Gesundheitsministerium, das enorme Überbestände an Impfdosen angehäuft hatte? Die Begründung des Kanzleramts hierzu: ′Um die wirtschaftlichen Interessen des Bundes nicht zu gefährden.‵ Auch der Schutz der diplomatischen Beziehungen zu China und der Ukraine habe bei manchen Schwärzungen eine Rolle gespielt.“

BR: Kabarettistin Christine Prayon wirft TV-Satire "Spaltung" vor – Auszug: "‵Ich habe mit der Art, wie die großen gesellschaftlich prägenden Themen seit Corona behandelt werden, zunehmend Bauchschmerzen bekommen. Ich habe auch mit den Verantwortlichen dort geredet und betont, dass ich mich nicht daran beteiligen will, Andersdenkende der Lächerlichkeit preiszugeben.‵ Satire dürfe sich ihrer Meinung nach nicht daran beteiligen, den ′Diskurs zu verengen‵. Das sei jedoch beim Umgang mit dem Krieg in der Ukraine der Fall: ′Da werden Narrative und Positionen von Gruppen, die gesellschaftlich in der Hierarchie weit oben stehen, unablässig wiederholt und gleichzeitig wird Stimmung gegen Andersdenkende gemacht. Das hat nach meinem Dafürhalten nichts mehr mit Satire zu tun.‵ (...) Zwar habe man ihr signalisiert, die Tür bleibe offen für eine Rückkehr ins Programm, doch Prayon bezeichnete ihre Entscheidung als ′Schlussstrich‵: ′Ich habe mich wohl erfolgreich mit meinem Programm und meinen Ansichten aus vielen Sachen rauskatapultiert. Ich glaube zum Beispiel auch, wenn man das große Fass Kapitalismuskritik aufmacht und das wirklich ernst meint, ist man draußen. Nein, ich bin überhaupt keine Freundin mehr von Satiresendungen, egal ob Böhmermann, 'Anstalt' oder andere.‵ Jan Böhmermann warf Prayon ebenfalls ein herablassendes Verhalten vor: ′Da ging es um Nichtgeimpfte, und dann lehnte er sich zurück und zeigte zwei Stinkefinger. Ich dachte, wie kann man das machen?‵ Das sei ′Spaltung‵, und die TV-Satire habe dabei eine ′unrühmliche Rolle‵ gespielt: ′Da finde ich mich nirgendwo mehr wieder.‵ Es sei inzwischen so einfach, als ′rechts‵ gebrandmarkt zu werden, behauptete die Künstlerin: ′Ich habe Fragen, ich habe Kritik, ich möchte mich äußern dürfen, ich möchte auch zuhören dürfen, ich möchte auch den hören, der für das Letzte gehalten wird. Ich kann mit Satire, die das verunmöglicht, nichts mehr anfangen. Das ist ein Simulieren von Freiheit. Und seit Stuttgart 21, seit dem Demokratietheater, das ich dort miterlebt habe, sehe ich, dass vieles ausgehöhlt ist. Mir fällt es seitdem schwer, auf das Grundgesetz zu pochen oder den Rechtsstaat.‵“

28. Juni 2023

Hintergrund: Verheugen: „Wir müssen uns von den USA emanzipieren“ – Auszug: „Wir brauchen die EU als einen eigenständigen globalen Akteur. Das heißt, wir müssen uns von den US-Amerikanern emanzipieren. Das heißt aber auch, dass wir bereit sein müssen, die Verantwortung für unseren Heimatkontinent in die eigenen Hände zu nehmen. Wir waren gedanklich zumindest da schon einmal weiter als im Augenblick. Es besteht wenig Hoffnung, dass wir auf diesem Weg vorankommen. Ich bin zutiefst pessimistisch, was die Zukunft Europas angeht. Ich glaube, wir sind im Augenblick Zeuge der Beerdigung einer jahrhundertealten großen Idee, dass es möglich ist, Europa zu einer politischen Einheit zu machen. Das stirbt gerade. (…) Die Staatenlenker in Europa und des Westens zeigen kein erkennbares Interesse mehr an der Idee, dass es gesamteuropäische Strukturen geben muss. Ich spreche nicht davon, dass wir die Europäische Union von Lissabon bis Wladiwostok ausweiten müssen. Aber gesamteuropäische, kooperative Strukturen auf den wichtigen Feldern wie Sicherheit, Wirtschaft, Umwelt, Klima, Energie, Technologie waren möglich. (…) Diejenigen, die Russland keinen Platz in Europa mehr einräumen wollen, beherrschen die praktische Politik. (…) Eine politisch handlungsfähige EU wäre aus Sicht der USA ein Rivale, den es nicht geben soll. Was sie unter allen Umständen zu verhindern suchen, wäre die Verwirklichung des gesamteuropäischen Gedankens unter Einbeziehung Russlands, denn dann wäre der europäische Kontinent ein Schwergewicht, das keines Hegemonen bedarf. (…) Aber die Tragik will es, dass die aktuelle EU sich gegen den Fluss der Zeit nunmehr fest an das permanente Streben der USA nach globaler Dominanz gebunden hat. Das schwächt die EU auch in ihren Beziehungen mit China und anderen wichtigen Partnern des globalen Südens. Es schwächt sie wirtschaftlich und unterhöhlt auch unsere Vorstellungen von einem European way of life. Das sollte jeder klar sehen. Deshalb habe ich die Hoffnung, dass sich die EU irgendwann wieder auf das besinnt, was sie am besten kann: auf die Einigung der europäischen Völker, nicht ihre Spaltung. Aktuell sind wir allerdings davon sehr weit entfernt und ein sichtbarer Ausdruck dessen ist, dass es kein eigenes Nachdenken in der EU gibt, wie wir zu einem tragfähigen Friedensschluss in der Ukraine kommen.“

Overton Magazin: Jacques Baud: „Das war sicher kein Putschversuch, wie unsere Medien die Sache aufgeblasen haben“ (Interview mit dem Schweizer Ex-Militär und Ex-Geheimdienstler Jaques Baud) – Auszug: „[Frage:] Es heißt ja jetzt im Westen, aber natürlich auch in der Ukraine, dass Putin durch den Vorfall geschwächt sei. Sehen Sie das auch so? Jacques Baud: Das ist vielleicht ein Problem wie bei einem Glas, das man als halb voll oder als halb leer betrachten kann. Der Vorfall hat im Westen und in der Ukraine ein falsches Signal gesendet. Man nahm an, dass wegen der Gegenoffensive Unruhen in Russland entstehen können. Das ist meines Erachtens eine völlig falsche Annahme, die aber im Westen vertreten wird. Das sieht man auch in den Medien, die den Vorfall als Schwäche von Russland oder Putin interpretieren. Wenn man die Sache sauber analysiert, würde ich sagen, ist es fast das Gegenteil, weil diese Krise innerhalb von 24 Stunden ohne Blutbad, ohne große politische Auseinandersetzung in Russland gelöst wurde. Sehr viele Russen haben die Geschehnisse in den Medien verfolgt, wo das sehr breit gezeigt wurde. Als zum Beispiel die Wagner-Truppen in Rostow angekommen sind, hat Putin den russischen Streitkräfte befohlen, nicht zu schießen. Das heißt, die russische Regierung hat eine Strategie der gewaltlosen Lösung gewählt, wie sie auch geschah. (…) Wir haben, und das werfe ich unseren Medien vor, eine falsche Vorstellung der Realität, und basierend auf den falschen Vorstellungen treffen wir falsche Entscheidungen. Ich glaube, das ist das Hauptproblem in einer solchen Situation. Aber im Grunde glaube ich, wird Putin gestärkt aus dieser Angelegenheit kommen.“

Frankfurter Allgemeine: Das Welken der Grünen. Die Partei sah sich lange als Avantgarde. Doch bei Klimaschutz und Migration folgen ihr viele Bürger nicht mehr. Das grüne Projekt ist an eine Grenze gestoßen – Auszug: „Die Umfragen zeigen es schon seit Wochen: Habeck und seine Partei haben ‚Peak Green‘ hinter sich gelassen. Die Parteiführung musste einsehen, dass ihre Klimapolitik nicht schon deswegen mit Akzeptanz, geschweige denn Mehrheiten rechnen kann, weil sie von Wissenschaftlern oder Aktivisten für richtig gehalten, weil sie in guter Absicht exekutiert oder von Kommentatoren gelobt wird. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit muss die Partei daran zweifeln, ob sie noch den Zeitgeist verkörpert. Die frühere Vizepräsidentin der Bremer Bürgerschaft Sülmez Colak brachte das auf die schlichte Formel, dass die Grünen ‚den Bezug zu den Menschen verloren‘ hätten. Zuvor hatte Colak, nach zwanzig Jahren Mitgliedschaft, ihr Parteibuch zurückgegeben. (…) Jetzt, wo die Kosten und Widersprüche dieser Politik offensichtlicher werden, wird die grüne Attitüde in anderem Licht wahrgenommen: als eine Art Anmaßung, die sogar in Verachtung für den Pluralismus umschlagen kann. Oft vermittelten Grüne Kritikern ihrer Klima- oder Migrationspolitik den Eindruck, nicht einfach eine andere Auffassung zu vertreten, sondern eine ethisch verachtenswerte Haltung einzunehmen. Die einst ‚antiautoritäre‘ Partei entwickelte selbst autoritäre, jedenfalls antiliberale Züge. (…) Das gescheiterte Vorpreschen Habecks konnten die Bürger aber nicht nur als Abgehobenheit verstehen, es fand sich darin auch eine Spur von Übergriffigkeit, was keine fünf Monate nach Aufhebung der letzten Corona-Maßnahmen auf einen gereizten Nerv traf. Viele Bürger ringen noch mit der Rückschau auf die harten Beschränkungen während der Pandemie und fragen sich mit Blick auf die Erfahrungen anderer Länder, aber auch auf deutsche Gerichtsurteile zur Verhältnismäßigkeit, ob sie in dieser Form und Dauer nötig gewesen sind. Unbestritten ist, dass das Vertrauen in den Staat insgesamt gelitten hat.“

N-TV: Ex-General nennt Fehler von Putin: Kujat: Wagner-Aufstand „war kein Putschversuch“ – Auszug: „Ich bezeichne das nicht als einen Putschversuch. Es handelt sich aus meiner Sicht um eine Meuterei (…), die auch nicht gegen Putin gerichtet war, sondern gegen den Verteidigungsminister [Schoigu] und gegen den Generalstabschef [Gerassimow]. (…) Unmittelbare Auswirkungen auf die Kampfhandlungen an der Front hat das nach meiner Auffassung nicht. (…) Ich denke, dass Putin zwei Fehler gemacht hat. Der erste Fehler, den er gemacht hat, ist der, dass er nicht frühzeitig eingegriffen hat in die offen geführte Auseinandersetzung zwischen Prigoschin und Schoigu. Aber er hat das möglicherweise auch deshalb nicht getan, weil er selbst nicht sehr zufrieden war mit dem, was Schoigu geleistet hat, wie er geführt hat und welche Maßnahme er ergriffen hat. Er hat es einfach köcheln lassen, bis es zu spät war. Der zweite Fehler, den er gemacht hat, ist der, dass er in seiner Ansprache einen direkten Bezug zur Revolution von 1917 genommen hat. Damit hat er der ganzen Angelegenheit eine Bedeutung beigemessen, die ihr nicht zukam. Es ist eben kein Bürgerkrieg entstanden (…). Es war auch offensichtlich nicht die Absicht von Prigoschin, gegen Putin vorzugehen, sondern seine Angriffsziele waren Schoigu und Gerassimow. (…) Da hat Putin gravierende Fehler gemacht, und es ist zweifellos so, das seine Autorität wahrscheinlich nicht so sehr in der Bevölkerung, aber doch in den Streitkräften darunter gelitten hat. Die weitergehenden Spekulationen, dass demnächst der nächste Aufstand kommen könnte und dass Putin gefährdet ist und dass es der Anfang vom Ende ist – das sehe ich nicht.“ (Video, circa 15 Minuten)

Norbert Häring: Geopolitik der Digitalisierung: Wie der Abwehrkampf der USA gegen China eine toll gewordene Welt erklärt – Auszug: „Wer verstehen will, was derzeit auf der großen Weltbühne, in Europa und in Deutschland vorgeht, sollte die Berichte der National Security Commission on Artificial Intelligence (NSCAI) und des Special Competitive Studies Project (SCSP) der USA kennen. Jeweils unter der Leitung des ehemaligen Google-Chefs Eric Schmidt haben diese Kommissionen im Auftrag von US-Regierung und Parlament aufgeschrieben, was nötig ist, um die globale Vorherrschaft der USA gegen China zu verteidigen. Die Umsetzung erleben wir gerade. (…) Es wird in der Präsentation zwar nicht ausdrücklich gesagt, aber doch im Kontext sehr deutlich erkennbar, dass man die strukturellen Hindernisse der US-Wirtschaft in Form von Datenschutz und althergebrachten, funktionierenden (analogen) Einrichtungen beseitigen möchte, weil man dies als einzigen Weg sieht, China am Überholen und Davonziehen zu hindern. Wer unter diesem Blickwinkel die Entwicklungen und Bestrebungen der letzten Jahre seit 2019 Revue passieren lässt, von Lockdowns, Heimarbeit und Fernunterricht über digitale Konferenzen, autonomes Fahren und sogenannte Smart Cities, rapide Qualitätsverschlechterung des öffentlichen Nah und Fernverkehrs, sowie vor allem in Großbritannien überwachungsintensive Mobilitätsbeschränkungen via 15-Minute-Cities und Umweltzonen, kommt kaum umhin, dem Joint Artificial Intelligence Center von Militär und Geheimdiensten zu großem Glück oder einer ausgesprochen effektiven Arbeit zu gratulieren.“

26. Juni 2023

krone.tv NEWS: Russland-Experte: "Prigoschin wird weitermachen!“ Interview mit Prof. Gerhard Mangott; Video, ca. 16 Min. (Anmerkung Ulrich Teusch: Wer am vergangenen Wochenende die deutsche und internationale Berichterstattung zu den Ereignissen in Russland verfolgte, war nicht zu beneiden. Ein "Experten“-Interview jagte das nächste, steile Thesen wurden auf der Baisis von Halb- oder Nichtwissen verbreitet, Spekulationen schossen ins Kraut. Zentrale Begriffe – wie Putsch, Staatsstreich, Meuterei, Aufstand etc. – wurden verwendet, als handele es sich um Synonyme. Das Spektrum der "Diskussionsbeiträge“ reichte von hohlem Geschwätz bin hin zu handfesten Verschwörungstheorien: Eine lautete, Putin und Prigoschin seien nach wie vor Verbündete und hätten das Ganze lediglich inszeniert. Eine andere wurde von keinem Geringeren als Scott Ritter in die Welt gesetzt: Prigoschin, so behauptete er allen Ernstes, sei ein Überläufer, der mit dem ukrainischen Geheimdienst paktiere; im Verbund habe man in Moskau eine Maidan-Situation heraufbeschwören wollen, um damit die Kriegschancen der Ukraine zu verbessern. – Das hier verlinkte Interview mit dem österreichischen Politikwissenschaftler Gerhard Mangott fällt vor diesem trostlosen Hintergrund überaus positiv aus dem Rahmen: Mangott bietet eine durchdachte, nüchterne, kompetente, jederzeit nachvollziebare Analyse – samt einer bedenkenswerten Prognose. Er hatte übrigens auch "Welt-Netzreporter“ ein Interview gegeben, das allerdings weniger ergiebig ausfiel, weil die Fragen der Interviewerin zu sehr an der Oberfläche blieben.)

Tagesspiegel: Wagner-Chef Prigoschin: Ukraine-Konflikt begann wegen "Selbstdarstellung“ von "Bastarden“ – Auszug: "Entgegen der russischen Propaganda-Behauptung sagte Prigoschin (...), Russland sei vor Kriegsbeginn im Februar 2022 überhaupt nicht durch die Ukraine gefährdet gewesen. Die angeblich ′wahnsinnige Aggression‵ vonseiten Kyjiws und der Nato habe es (...) nie gegeben. Hingegen behauptet Prigoschin, dass Selenskyj, als er Präsident wurde, zu Verhandlungen mit Russland bereit gewesen sein soll. ′Alles, was hätte getan werden müssen, war, vom Olymp abzusteigen und mit ihm zu verhandeln‵, sagte Prigoschin. (…) ′Die militärische Spezial-Operation wurde aus ganz anderen Gründen begonnen‵, sagte Prigoschin. Der Krieg sei aus seiner Sicht gestartet worden, ′damit Schoigu den Titel eines Marschalls erhält. (...) Und nicht, um die Ukraine zu demilitarisieren und zu denazifizieren.‵ (...) Er bezeichnete die russischen Eliten als gierig und nur an ihrem eigenen Wohlergehen interessiert. ′Der Krieg wurde für die Selbstdarstellung eines Haufen Bastarde gebraucht‵, formulierte Prigoschin drastisch. Russische Oligarchen hätten zudem Interesse an dem Krieg gehabt, da es ihnen nicht gereicht habe, ′nur den Donbass zu plündern‵, sondern sie hätten die gesamte Ukraine plündern wollen. (…) Er beschuldigte das Verteidigungsministerium, dem Präsidenten Wladimir Putin nicht realitätsgetreue Berichte von der Front zu liefern. (…) Der Söldnerchef appellierte an das russische Untersuchungskomitee, gegen Schoigu und Gerassimow zu ermitteln, die laut Prigoschin ′für den Völkermord und die Ermordung Zehntausender russischer Bürger und die Übergabe des Territoriums an den Feind verantwortlich sind‵. (...) Die täglichen Erfolgsmeldungen über angeblich abgewehrte ukrainische Offensiven seien ′kompletter, totaler Unsinn‵. (…) ′Wir waschen uns in Blut. Niemand bringt Verstärkung. Was sie uns erzählen, ist eine bittere Täuschung‵, sagte Prigoschin (...).“ (Anmerkung Ulrich Teusch: Diese Äußerungen Prigoschins sind durch den "Marsch auf Moskau“ in den Hintergrund gedrängt worden. Man sollte sie zumindest zur Kenntnis nehmen.)

Responsible Statecraft: Putin: Disastrous but indispensable for the system he created? The Wagner insurrection has raised serious questions about not only the durability of Putin’s role, but also that of the regime that he has built (Putin: Verheerend, aber unverzichtbar für das von ihm geschaffene System? Der Wagner-Aufstand hat ernste Fragen aufgeworfen, nicht nur zur Dauerhaftigkeit von Putins Rolle, sondern auch zu der des Regimes, das er aufgebaut hat) – Auszug (übersetzt): "Da Wagner zahlenmäßig und waffentechnisch dem russischen Militär unterlegen ist, hatte Prigoschin nur zwei (sich überschneidende) Erfolgsaussichten: dass genügend Mitglieder der russischen regulären Armee meutern und sich Wagner anschließen würden, und dass Putin selbst die Nerven verliert und sich Prigoschins Forderungen beugt oder sogar zurücktritt. Beides ist nicht eingetreten. Für die Loyalität des russischen Militärs war der Samstag ein Schlüsselmoment, als General Sergej Surowikin die Rebellion verurteilte und die russischen Soldaten aufforderte, sich ihr zu widersetzen, und die Wagner-Kämpfer aufforderte, zu ihrem Dienst zurückzukehren: ′Der Feind wartet sehnsüchtig auf eine Verschärfung unserer internen Streitigkeiten. In diesen für unser Land schwierigen Zeiten dürfen Sie unseren Feinden nicht in die Hände spielen. Bevor es zu spät ist, ist es dringend notwendig, den Befehlen des gewählten Präsidenten der Russischen Föderation Folge zu leisten.‵ Dies war sowohl wegen Surowikins persönlichem Ansehen als ehemaliger Befehlshaber in Syrien und einziger wirklich erfolgreicher russischer General in der Ukraine wichtig, als auch, weil Prigoschin vor drei Wochen in Äußerungen gefordert hatte, ihn als Nachfolger von Gerassimow zu ernennen. Prigoschin muss davon ausgegangen sein, dass die Absetzung Surowikins als Oberbefehlshaber in der Ukraine durch Schoigu und Gerassimow im Januar ihn dazu veranlasst hätte, Wagner zu unterstützen (dem er seit seiner Zeit als Befehlshaber in Syrien nahe gestanden haben soll). Sobald er sich weigerte, war es sehr unwahrscheinlich, dass andere russische Generäle dies tun würden.“

German Foreign Policy: Putschversuch in Russland – Auszug: "Putins Sturz ist im Westen immer wieder befürwortet worden, am prominentesten von US-Präsident Joe Biden, der Ende März 2022 in einer Rede in Warschau forderte: ′Dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben.‵ In den Planspielen, wer ihn stürzen könne, ist immer wieder auch Prigoschin genannt worden. Ein Beispiel bietet das Springer-Onlineportal Politico, das Ende September 2022 über mögliche Putin-Nachfolger spekulierte und dabei unter anderem Prigoschin anführte. Das Portal räumte dem Milizionär damals noch keine besonderen Chancen ein, wenngleich es einen Journalisten von der Website Bellingcat mit der Einschätzung zitierte: ′Mir scheint, er hat Blut gerochen.‵ Gleichzeitig gab sich Politico keinen Illusionen darüber hin, was Prigoschins etwaige Machtübernahme für Russland und die Welt bedeuten würde: Es stufte den Mann, den es klar als ′Warlord‵ klassifizierte, auf einer eigens kreierten Skala des ′Schreckens‵ – gemeint waren negative Folgen, die seine Präsidentschaft dem Westen einbringen könnte – mit der höchsten Punktzahl sämtlicher nur vorstellbaren Kandidaten für Putins Nachfolge ein, dies sogar noch vor dem Präsidenten Tschetscheniens und Kommandeur tschetschenischer Milizen, Ramsan Kadyrow. (...) Nicht nur in mehreren westlichen Staaten, darunter Polen, sondern sogar in der Ukraine hat der Putschversuch Sorgen hervorgerufen. ′Ein instabiles Russland ist ebenso gefährlich wie ein aggressives Russland‵, warnte am Samstag der frühere polnische Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak und verwies dabei insbesondere auf die russischen Atomwaffen. (...) Bemerkenswert ist, dass genau die gleichen Sorgen auch die US-Regierung umtrieben – und zwar nicht erst seit dem Beginn des Putschversuchs am Freitag. Erste Berichte von US-Geheimdiensten, die klare Hinweise enthielten, Prigoschin wolle mit Waffengewalt gegen die russische Militärführung vorgehen, gab es in Washington angeblich schon Mitte Juni. Ab Mittwoch vergangener Woche wurden der New York Times zufolge hochrangige Regierungsmitarbeiter und Militärs in die gewonnenen Geheimdiensterkenntnisse eingeweiht, ab Donnerstag dann auch führende Kongressabgeordnete. Schon am Freitagabend hielt die Biden-Administration ein erstes Krisentreffen ab. Aus den Berichten geht hervor, dass die Regierung von Anfang an Sorge Bedenken wegen der russischen Atomwaffen hatte. Freilich führte das nicht dazu, dass sie der russischen Regierung Hinweise auf die Putschpläne übermittelte: Die Hoffnung, Moskau schwächen zu können überwog das Bestreben, ein für möglich gehaltenes nukleares Desaster abzuwenden."