Hohe Ex-Militärs für Friedensverhandlungen
26. Februar 2024Ranghohe deutsche Ex-Militärs haben öffentlich eine diplomatische Lösung des Russland-Ukraine-Krieges gefordert. Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, wies in einem Interview mit dem Schweizer Magazin „Die Weltwoche“ (17. Februar) auf die Bereitschaft des russischen Präsidenten Wladimir Putin hin, weiterhin für eine Verhandlungslösung bereitzustehen. In einem Vortrag auf einer Veranstaltung der Eurasien Gesellschaft in Berlin (13. Februar) kritisierte der General a.D. der Luftwaffe den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij dafür, den Tod hunderttausender ukrainischer Soldaten in Kauf zu nehmen.
Bereits Ende März 2022 lag eine sowohl von russischer als auch ukrainischer Seite vorläufig unterzeichnete Friedensvereinbarung vor, erläuterte Kujat. Präsident Selenskij sei jedoch nicht bereit gewesen, den Tod vieler Soldaten zu vermeiden und sein Land vor der Zerstörung zu bewahren. Stattdessen habe er eine Sommeroffensive angeordnet, die unter hohen Verlusten gescheitert sei. Kujat, der bis 2005 Vorsitzender des NATO-Militärausschusses war, warf den USA und deren Verbündeten vor, eine gewaltsame Lösung des Konflikts zugunsten der Ukraine voranzutreiben. Putin hatte seine Verhandlungsbereitschaft in einem Interview mit dem US-Journalisten Tucker Carlson Anfang Februar 2024 geäußert.
Die Behauptung, dass Russland nach einem Sieg gegen die Ukraine europäische NATO-Länder angreifen wolle, hält Kujat für einen Vorwand, um die Erhöhung der westlichen Verteidigungsausgaben vor der eigenen Bevölkerung zu rechtfertigen. Russland gehe es im Krieg in der Ukraine um den Erhalt einer Pufferzone zur NATO. Gleichwohl befürchtet er, dass die NATO-Länder aktiv in den Krieg in der Ukraine eingreifen könnten, um eine endgültige Niederlage Kiews zu verhindern. Dann bestünde die reale Gefahr eines begrenzten Nuklearkrieges auf europäischem Boden, warnte Kujat.
Kujat wirbt für eine eigenständige europäische Sicherheits- und Friedensordnung, die Russland und die Ukraine einbezieht. Eine entsprechende Annäherung zwischen der NATO und Russland habe es bereits 1997 mit der Unterzeichnung des NATO-Russland-Grundlagenvertrags gegeben. Die Forderung nach der Lieferung von Fernwaffen an die Ukraine, mit der sich strategische Ziele in Russland erreichen lassen, hält er hingegen für eine Eskalation, die sich gegen die europäischen Interessen richtet.
Mit dem ehemaligen Inspekteur der deutschen Marine Kay-Achim Schönbach argumentiert ein weiterer ranghoher Soldat im Ruhestand für eine für beide Seiten „gesichtswahrende“ Verhandlungslösung. „Ich denke, dass ein großer Fehler gemacht wird, wenn wir nicht mehr auf Diplomatie setzen“, sagte Schönbach im Interview mit dem Online-Magazin „Nachdenkseiten“. Politiker beider Seiten müssten sich ehrlich hinterfragen. „Was ist jetzt das Ziel? Ein unendlicher Krieg mit unglaublichem Blutzoll?“ Mann müsse sich die russischen Forderungen nicht zu eigen machen, betonte der Vizeadmiral a.D., aber man müsse der russischen Seite zuhören.
Schönbach war im Januar 2022 von der damaligen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) zum Rücktritt aufgefordert und in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Grund dafür waren seine Äußerungen auf einer Veranstaltung eines Think Tanks in Indien, dass Russland die Krim nicht aus freien Stücken zurückgeben werde und er der Meinung sei, es ginge Präsident Putin in der Ukraine nicht um Gebietsgewinne, sondern hauptsächlich um Respekt für eine gegenteilige russische Auffassung. Diesen hätte man ihm leicht erweisen können.
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